Prototyp Mann – Sonderfall Frau?

Enten

Die moderne Medizin ist nach wie vor grösstenteils auf den Mann zugeschnitten: So, wie sich Krankheiten bei ihm äussern, gelten sie als «typisch». In Studien zur Wirkung neuer Medikamente werden meist nur Männer berücksichtigt. Und auch der Umgang mit den Patienten ist häufig an einem sachorientierten – vermeintlich «typisch männlichen» – Ton orientiert.

Frauen sind die Leidtragenden der männerdominierten Medizin, denn ihre Körper funktionieren anders. Weibliche Körper sind kleiner, ihr Fettanteil ist höher, ihr Stoffwechsel und Hormonhaushalt funktionieren anders. Werden diese feinen Unterschiede vernachlässigt, entstehen verhängnisvolle Fehler bei der Diagnose und der Behandlung. Beispiel Herzinfarkt: Einen bei Männern «typischen» Schmerz in der Brust spüren wenige betroffene Frauen. Bei ihnen äussert sich ein Infarkt eher durch Übelkeit und Müdigkeit. In der Praxis wird beides von Laien und Medizinern oft fehlgedeutet. Die Folge: Die betroffene Frau erhält unter Umständen die falsche Erste Hilfe und verspätet die richtige Therapie.

Beispiel Schlaftabletten: Da die meisten Präparate nur an Männern getestet werden – gerade einmal 15 Prozent aller Arzneistudien beziehen Frauen ein – sind die empfohlenen Dosen für Frauen oft zu hoch: Ihr Stoffwechsel baut die Wirkstoffe langsamer ab. Die Folge: Unachtsamkeit und Leistungsminderung am Folgetag – gefährlich, etwa im Strassenverkehr.

Umgekehrt herrscht in Gesellschaft und Medizin ein recht starres Rollenbild vor, das Männern zur Falle wird: Vermeintlich «typische Frauenkrankheiten» wie Depression, Migräne oder Osteoporose gestehen sich immer noch viele Männer nicht ein – und werden bei Männern auch seltener diagnostiziert.

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