Die Leber, das verschwiegene Supertalent

Wenn die Leber erkrankt, treten oft keine Symptome auf

Mann Sonne auf Balken

Spoiler

  • Die Leber filtert das Blut, produziert Hormone und nimmt eine zentrale Rolle im Stoffwechsel ein.
  • Eine akute Erkrankung macht sich durch viele Beschwerden bemerkbar, chronische Krankheiten verlaufen oft unauffällig.
  • Nicht immer ist die Reaktion der Leber auf Medikamente vorhersehbar. Bei Alkohol und Speisen gilt: Weniger ist mehr.

Die Leber nimmt im Stoffwechsel eine zentrale Rolle ein: Hier werden Nährstoffe aus dem Blut gezogen, eingelagert und bei Bedarf in den Körper gegeben. Darüber hinaus produziert die Leber zahlreiche Proteine, Hormone und Wirkstoffe wie etwa Cholesterin. Aus den knapp anderthalb Litern Blut, die pro Minute durch die Leber fliessen, filtert das Organ Stoffwechselrückstände und Gifte und leitet diese über die Gallenflüssigkeit zu den Ausscheidungsorganen weiter.

Erkrankungen bleiben oft unbemerkt

Da die Leber stark eingebunden ist in die körpereigenen Prozesse, wiegt eine Erkrankung dieses zentralen Organs oftmals schwer. Umso problematischer ist es, dass sich viele Beeinträchtigungen der Leber zunächst kaum bemerkbar machen.

«Akute Erkrankungen der Leber wie etwa Gelbsucht zeigen in der Regel schon frühzeitig deutliche Symptome», erklärt Prof. Dr. med. Beat Müllhaupt, stellvertretender Klinikdirektor an der Klinik für Gastroenterologie und Hepatologie des Universitätsspitals Zürich. «Gerade aber die besonders verbreiteten, chronischen Lebererkrankungen verlaufen sehr schleichend. Betroffene bemerken gesundheitliche Veränderungen erst verhältnismässig spät.»

Leber in Gefahr

Zu den am häufigsten auftretenden chronischen Leberkrankheiten gehören die Leberentzündung und die Fettleber, die über Jahrzehnte zur Leberzirrhose führen können. Auch wenn Entzündungen der Leber von Erregern wie den Hepatitis-Viren verursacht werden oder in Kombination mit einer Stoffwechselerkrankung auftreten können, gehört Fettleibigkeit und Alkoholüberkonsum zu den häufigsten Ursachen.

Ähnlich verhält es sich bei der Leberzirrhose und dem Leberkrebs: Unter den vielfältigen Verursachern nimmt eine übermässige Zufuhr von Alkohol oder Nahrungsmitteln eine führende Rolle ein. «Im Grunde ist es für die Gesundheit der Leber nicht ausschlaggebend, was zu sich genommen wird, sondern wie viel», weiss Prof. Müllhaupt. «Die Menge der Kalorien ist entscheidend.»

Medikamente können der Leber schaden

Auch bei der Einnahme von Medikamenten und Alternativpräparaten ist Vorsicht geboten. «Ob diese Produkte verträglich sind, ist meist nicht von der Menge und Dauer der Einnahme abhängig», meint Prof. Müllhaupt. «Insgesamt ist es ziemlich unvorhersehbar, wie die Leber im Einzelfall reagiert. Gelbsucht und Leberversagen können durchaus auch von kleinen Dosen ausgelöst werden.»

Während sich hier wie auch bei anderen akuten Erkrankungen der Leber allerdings sehr bald diverse Symptome wie Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Übelkeit und Blut im Darm bemerkbar machen, lassen sich chronische Krankheiten nur schwer schon in ihrem Frühstadium identifizieren.

Absage an Entgiftungskuren

Aus diesem Grund empfehlen sich regelmässige Vorsorgeuntersuchungen. «Besonders bei Menschen, die Bluttransfusionen vor 1990 erhalten, intravenöse Drogen konsumiert oder eine Hepatitis C durchgemacht haben, sollte eine chronische Virushepatitis ausgeschlossen werden», rät Prof. Müllhaupt. «Gleiches gilt für Menschen, in deren Familie erbliche Leberleiden aufgetreten sind. Diese sind allerdings sehr selten.»

Weitaus wichtiger für die Vermeidung von Lebererkrankungen schätzt der Experte ein bewusstes Essverhalten ein: «Zu viel Nahrung belastet die Leber und schränkt sie in ihrer Funktion ein. Gleiches gilt für Alkohol, der von dem Organ schnell als Fett eingelagert wird.»

Von gelegentlichen Entgiftungskuren, wie sie in Lifestyle-Beratern gern empfohlen werden, ist Prof. Müllhaupt nicht überzeugt. «Es gibt keine wissenschaftliche Studie, die den Erfolg einer solchen Massnahme bestätigen würde.»

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