Wie unsere Ernährung uns um den Schlaf bringen kann

Vom Schlemmen und Schlafen

Frau vor dem Kühlschrank stehend

Spoiler

  • Unsere Ernährung kann unseren Schlaf stark beeinflussen.
  • Dabei gibt es Lebensmittel, die den Schlaf aktiv fördern und solche, welche ihn stören.
  • Alkohol und schwere oder scharfe Speisen sollten unbedingt vor dem Schlafengehen vermieden werden.
Frau Mikhail, kann unsere Ernährung unseren Schlaf beeinflussen?

Ja! In meinem neuesten Buch, «The Gut Chronicles», auf Deutsch: die Darm-Chroniken, gehe ich der Frage nach, ob das Darmmikrobiom zirkadiane Rhythmen aufweist, die sich nach unserer inneren Uhr richten. Dabei hat sich herauskristallisiert, dass Störungen dieser Rhythmen – sei es durch unregelmässige Schlafgewohnheiten oder Schichtarbeit – die Funktion und Zusammensetzung des Mikrobioms beeinflussen können. Aktuelle Forschungsergebnisse heben ebenfalls die Verbindung zwischen Ernährung und Schlaf hervor: Wer ein vielfältiges Mikrobiom hat, weist auch einen gesünderen Schlaf auf.

Kurz gesagt: Was wir essen, kann sich direkt oder indirekt auf unseren Schlaf-Wach-Rhythmus auswirken.

Absolut. Ich denke hierbei an Lebensmittel, die ich gerne «Schlafstörer» nenne, weil sie eine Vielzahl von Inhaltsstoffen enthalten, welche die Schlafdauer und -qualität beeinträchtigen können. Ein besonders berühmter Übeltäter ist natürlich Koffein, das in Kaffee, Tee, Schokolade und einigen Medikamenten enthalten ist. Mein Rat: Wer weiss, dass er empfindlich auf Koffein reagiert, sollte sicherstellen, dass der letzte Grüntee oder die wohlverdiente schokoladige Belohnung etwa sieben Stunden vor dem Zubettgehen genossen wird. Ein weiterer Schlafräuber ist Tyramin – ein Inhaltsstoff, der vor allem in gereiftem Käse, geräuchertem Fleisch und bestimmten fermentierten Lebensmitteln wie Tofu oder Sauerkraut vorkommt. Tyramin kann die Freisetzung von Noradrenalin anregen, was das Einschlafen erschwert. Ebenso störend sind fettreiche und würzige Speisen. Wer also beispielsweise ein feurig scharfes Thai-Curry vor dem Schlafengehen isst, erhöht sein Risiko für Unwohlsein und Verdauungsstörungen, was die nächtliche Entspannung nicht gerade fördert. Das Gleiche gilt für alle Naschkatzen: Vor dem Schlafengehen zuckerreiche Snacks zu konsumieren, bringt den Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht, was unseren Schlaf negativ beeinflussen kann. Und was viele auch nicht wissen: Wassertrinken ist zwar ein wichtiger Teil unserer Ernährung, aber zu viel, besonders vor dem Schlafengehen, führt zu häufigen Toilettengängen, was uns wertvolle Schlafstunden kostet. 

Wenn wir gerade vom Trinken reden: Wieso ist Alkohol so schlecht für unseren Schlaf?

Obwohl Alkohol schläfrig machen kann, beeinträchtigt er die Schlafqualität erheblich, indem er verschiedene Phasen unseres Schlafzyklus beeinflusst. Beispielsweise hemmt er die Produktion von Melatonin und stört dadurch unseren natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus. Zusätzlich verkürzt er die REM-Schlafphase, die eigentlich entscheidend für die Festigung unseres Gedächtnisses ist. Er verursacht auch mehr Schlafunterbrechungen, wodurch wir uns am nächsten Morgen übermüdet fühlen können. Für diejenigen, die also eine optimale Ernährung und Schlafqualität anstreben, ist es ratsam, den Alkoholkonsum zu moderieren, insbesondere kurz vor dem Zubettgehen.

Nun gut, genug über schlechte Ernährung. Welche Lebensmittel fördern den Schlaf?

Da kommen wir zu den «Schlafunterstützern». Magnesium, das in Blattgemüse, Nüssen, Samen und Vollkornprodukten vorkommt, reguliert Neurotransmitter und fördert die Melatoninproduktion. Wer unter einem Magnesiummangel leidet, hat vielleicht mit Muskelkrämpfen und Unruhe zu kämpfen. Diese Imbalance auszugleichen hilft, das Nervensystem zu beruhigen und so zugleich die Schlafbeschwerden zu lindern. Zum Unterstützungsteam gehören auch B-Vitamine (B6, B9, B12), die in Pilzen, Spinat, Sonnenblumenkernen, Lachs und Bohnen vorkommen. Sie sind an der Synthese von Botenstoffen beteiligt, einschliesslich Serotonin und Melatonin, die den Schlaf regulieren. Dazu kommen noch Omega-3-Fettsäuren, insbesondere DHA (Docosahexaensäure), die den Schlaf ebenfalls verbessern. Quellen für gute Omega-3-Fettsäuren sind Lachs, Forelle, Makrele, Sardinen, sowie Walnüsse, Leinsamen und Algen.

Interessant ist, dass Vitamin D ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Schlafregulation und der Produktion von schlaffördernden Hormonen spielen könnte. Der Grund dafür ist, dass ein Mangel an Vitamin D mit Schlafstörungen in Verbindung gebracht wurde. Da unser Essen nicht die Hauptquelle für Vitamin D ist, wird vor allem während der dunkleren Monate ein Ergänzungsmittel empfohlen.

Wirkt sich das Timing unserer Mahlzeiten auch auf unseren Schlaf aus?

Wie sagt man so schön? Timing ist alles. Wenn wir grosse oder schwere Portionen vor dem Schlafengehen zu uns nehmen, kann es zu Unwohlsein und Verdauungsstörungen kommen, was es uns natürlich nicht einfach macht, ein- oder durchzuschlafen. Einerseits riskieren Late-Night-Snacker ihren Blutzuckerspiegel zu erhöhen und ihr Verdauungssystem anzuregen, was den natürlichen Schlaf-Wach-Rhythmus stört. Andererseits sollte man aber auch nicht hungrig ins Bett gehen, weil der Hunger uns wachhält und vom Einschlafen ablenkt. Ideal ist es, mindestens zwei bis drei Stunden vor dem Zubettgehen zu essen, um eine gute Verdauung zu ermöglichen. Ich empfehle ausserdem eine feste Essenszeit zu haben. Das stellt nämlich sicher, dass der Magen dann nicht mit Verdauen beschäftigt ist, wenn es Zeit zum Schlafen ist.

Und zum Schluss. Können Sie uns einen Ernährungstipp geben, welche die Schlafqualität verbessert?

Eine ideale Mahlzeit kann aus komplexen Kohlenhydraten, magerem Eiweiss und zwei bis drei verschiedenen Gemüsesorten gezaubert werden. Auf den Teller würden dann zum Beispiel Süsskartoffeln mit Lachs und Gemüse wie Spinat, Pilzen und Zucchini kommen. Eine andere Ernährungsoption am Tag wäre auch gegrillter Tofu mit Wokgemüse und Vollkornreis. Die Überlegung dabei ist, dass komplexe Kohlenhydrate für eine stetige Energiefreisetzung sorgen, während mageres Eiweiss Aminosäuren wie Tryptophan enthält, welche die Produktion von Serotonin und Melatonin fördern. Die Einbeziehung von zwei bis drei verschiedenen Gemüsesorten stellt sicher, dass der Körper mit einer Vielzahl von B-Vitaminen versorgt wird. Die Portionsgrösse ist ebenfalls sehr wichtig, daher eine grundlegende Richtlinie: Ein bis zwei Handvoll Gemüse, eine grosszügige Handfläche Proteine und eine faustgrosse Kohlenhydrat-Portion sollten uns gut abdecken.

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