Verfrühte Pubertät – Hormone, die zu früh den Körper verändern

Brustwachstum, Schamhaare und emotionale Schübe bei Kindern

Verfrühte Pubertät: Drei Kinder rennen mit roten Umhängen im Sonnenuntergang über eine Wiese

Spoiler

  • Normalerweise wird die Pubertät durch eine Veränderung und Ausschüttung der Hormone angestossen und findet in einer festen Reihenfolge von Entwicklungsschritten statt, welche frühestens ab dem achten oder neunten Lebensjahr beginnen.
  • Eine verfrühte Pubertät weist körperliche Reifezeichen vor diesem Zeitraum auf, welche nicht zwingend in der normalen Reihenfolge auftreten.
  • Je nach Ursache kann die vorzeitige Reifung entweder unter regelmässiger Beobachtung bleiben oder medikamentös behandelt werden.

Was passiert im Körper, wenn die Pubertät einsetzt?

Der Hypothalamus im Gehirn gibt ein chemisches Signal an die Hirnanhangdrüse, welche daraufhin Hormone namens Gonadotropine freisetzt. Diese Hormone sorgen dafür, dass die Geschlechtsdrüsen, also Eierstöcke und Hoden, wachsen. Von den Geschlechtsdrüsen werden die Sexualhormone Östrogen und Testosteron abgesondert. Als Folge der hormonellen Entwicklung zeigen sich bei Mädchen zunächst wachsende Brüste, später Scham- und Achselbehaarung sowie die Menstruation. Bei Jungen vergrössern sich die Hoden und der Hodensack, der Penis wird länger und es zeigt sich ebenfalls Körperbehaarung. Ausserdem machen Pubertierende einen ordentlichen Wachstumsschub. Normalerweise gibt es feste Meilensteine, welche nacheinander bis zur sexuellen Reife auftreten, dabei variieren nur der Beginn und die Geschwindigkeit bei der Entwicklung von Kind zu Kind.

Verfrühte Pubertät vor dem achten oder neunten Lebensjahr

Man spricht von einer vorzeitigen Pubertät (Pubertas praecox), wenn die Anzeichen der sexuellen Reife bei Mädchen vor dem achten, bei Jungen vor dem neunten Geburtstag einsetzen. Forschende, vor allem in den USA, beobachten schon seit längerem, dass die Pubertät immer früher einsetzt und insbesondere Mädchen immer früher mit der Brustentwicklung beginnen. 

Die häufigste Form ist die zentral ausgelöste Pubertät, deren Ursachen gerade bei Mädchen nicht immer bekannt sind. Bei der peripheren Pubertät kann es zu vereinzelten Veränderungen kommen wie Körperbehaarung, Körpergeruch, Akne oder ein wachsendes Brustgewebe bei Mädchen und Jungen. Auch bei der unvollständigen Pubertät können Anzeichen vereinzelt, also ausserhalb der üblichen Reihenfolge, auftreten. Da die Pubertät wie ein Wachstumsbeschleuniger wirkt, schiessen die Kinder schnell in die Höhe, das stagniert jedoch und kehrt sich um, sodass sie später kleiner sind als andere Erwachsene.

Gründe für die verfrühte Pubertät können

… ein zu hoher Body-Mass-Index,

… Anomalien oder Tumoren im Gehirn an der Hirnanhangdrüse oder dem Hypothalamus oder an den Nieren,

… eine Neurofibromatose (genetische Erkrankung),

… eine schwere Schilddrüsenunterfunktion, die nicht behandelt wird, 

… schwere Erkrankungen, Therapien wie Chemotherapien oder Operationen 

sein.

Diagnostiziert wird die vorzeitige Pubertät zunächst durch ein Röntgenbild der Hände, da sich so das Knochenalter bestimmen lässt. Sind die Knochen für das Kind bereits zu reif, wird der Hormonspiegel im Blut erfasst. Eine Magnetresonanztomografie (MRT) zeigt allfällige Veränderungen im Gehirn. Da es manchmal innerhalb von Familien gehäuft zur verfrühten Pubertät kommt, kann ein Gentest sinnvoll sein. Je nach Ausprägung ist keine Behandlung notwendig: Hat das Kind nur Scham- und Achselhaare, reicht ein regelmässiger Check-up. Liegt der vorzeitigen Entwicklung eine Krankheit zugrunde, muss diese natürlich behandelt werden. Darüber hinaus gibt es bei nicht erkennbaren Auslösern die Möglichkeit, den Verlauf mit Medikamenten zu verlangsamen, damit das Kind seine normale Körpergrösse erreicht und nicht frühzeitig Ängste entwickelt. Schliesslich geht diese körperliche Veränderung auch mit einer Veränderung der Gefühlswelt einher und Kinder sollen sich bei Gleichaltrigen nicht schämen müssen.

Mehr Fälle von verfrühter Pubertät durch die Coronapandemie

Wie das Ärzteblatt berichtet, hat die Coronapandemie zu einem Anstieg der Fälle um 20 bis 30 Prozent geführt. Ähnliche Beobachtungen gibt es auch in anderen Ländern. Experten haben mehrere Theorien, glauben jedoch an einen multifaktoriellen Effekt. Zum einen könnten Eltern die Veränderungen einfach früher aufgefallen sein, weil die Kinder deutlich mehr Zeit zu Hause verbracht haben. Zum anderen weiss man aus Studien, dass eine höhere psychosoziale Belastung – die während der Pandemie definitiv vorlag – zu einer früheren körperlichen Reife führen kann. Ausserdem wurde die Auswirkung von Übergewicht diskutiert, das als einer der Hauptfaktoren gilt, denn die Kinder bewegten sich weniger bei einer erhöhten Nahrungsaufnahme. Da sich das Phänomen jedoch unabhängig vom Faktor Gewicht zeigt, müssen mehrere Ursachen dafür verantwortlich sein.

Facebook
Email
Twitter
LinkedIn