Nährstoffe und Hormone – Schlüssel, um die Gesundheit zu erhalten

Erkennen was es braucht, damit Krankheiten nicht entstehen

Gesundheit erhalten: Frau steht im winterlichen Wald

Spoiler

  • Viele Jahre bevor wir unter den Folgen von altersbedingten Stoffwechselerkrankungen leiden, finden sich Hinweise auf die Entstehung dieser krankhaften biochemischen Prozesse in Laborwerten.
  • Durch die frühzeitige Therapie mit Nährstoffen und Hormonen wird die Stoffwechselfunktion so unterstützt, dass viel chronisches und altersbedingtes Leid gelindert oder sogar verhindert wird.
  • Hormone wie Östrogen und Progesteron sind von sehr grosser Bedeutung für den Erhalt vor allem auch der internistischen Gesundheit.

«Viele Erkrankungen sind zehn Jahre bevor sie auftreten im Blut sichtbar und könnten verhindert werden.»

Pionierarbeit in Sachen Prävention

«Es ist schade, dass Nährstoffe und Hormone als therapeutische Instrumente keinen festen Platz in der Medizin haben», findet die Nephrologin und Expertin für ganzheitliche Innere Medizin Dr. med. Helena Orfanos-Boeckel. Sie hat es sich zum Ziel gesetzt, Menschen dabei zu unterstützen, gesünder älter zu werden. Über ihr Fachgebiet, die Präventivmedizin mit Nährstoff- und Hormontherapie anhand von Laborwerten, hat sie bereits zwei Bücher verfasst (siehe Buchtipp). «Insbesondere zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr zeigen sich erste Dysbalancen, die durch die Gabe von Nährstoffen und Hormonen wieder ins Gleichgewicht gebracht werden können, um die Gesundheit zu erhalten. In dieser Phase sollten Frauen und Männer wissen, in welchem Körper sie gerade leben und was er im Stillen ausheckt, das später zum Problem werden könnte.»

Noch gesund, aber schon im Ungleichgewicht

Aufmerksam wurde die Internistin auf den Einfluss von Nährstoffen und Hormonen durch ein Phänomen, das sich ihr immer häufiger zeigte: «Es kamen gesunde, gesundheitsbewusste Frauen in meine Praxis, die Sport trieben, auf ihre Ernährung und Entspannung achteten und sich trotzdem ausgelaugt, erschöpft, ständig müde und auch krank fühlten. Nach der Labordiagnostik hat es mich gewundert, dass diese Frauen eigentlich alles richtig machten, innen drin aber trotzdem alles durcheinander war.» 

Dieses Durcheinander zeigt sich in handfesten internistischen Werten: Durch Laboruntersuchungen bestimmt die Ärztin Werte der Leber, der Nieren, das Blutbild, Zuckerwerte, Risikofaktoren, die das Herz-Kreislauf-System betreffen, Cholesterin, Entzündungszeichen und Autoimmun-Werte. Gemeinsam mit der Anamnese – den Beschwerden, Vorerkrankungen und der Lebensweise der Person – ergibt sich ein individuelles Bild. «Je nach Problem und Beschwerden stelle ich dann eine Therapie aus gesundmachenden Nährstoffen und Hormonen zusammen».

«Präventivmedizin ist einfach noch nicht Teil unseres Systems. Unser System setzt an, wenn Krankheiten da sind.»

Gesundheit erhalten durch Nährstoffe und Hormone: ein Beispiel

Betrachten wir das Beispiel einer gesundheitsbewussten, sportlichen Frau Ende 40. Angenommen, sie hatte vor einem Jahr ihre letzte Menstruation und möchte wissen, ob sie Hormone einnehmen soll. «Selbst wenn diese Frau keine Wechseljahresbeschwerden hat, würde ich per Labordiagnostik schauen, ob sie sich den Verlust von Progesteron und Östrogen internistisch an Knochen und Gefäßen leisten kann. Ich beurteile ihr individuelles Risiko für Osteoporose und Arteriosklerose. Auch wenn sie sich gesund verhält, kann es sein, dass sie im Knochen besonders stark entkalkt und in den Gefässen schneller verkalkt.» Dr. Orfanos-Boekel sucht nach Werten, die sich schon heute zeigen und später zum Problem werden könnten: Hat die Patientin genetisch bedingt erhöhtes LDL-Cholesterin? Einen beginnenden Zucker, eine stille Entzündung? Was macht der Knochen, wenn das Östrogen weg ist? Löst er sich sehr schnell auf? Dies kann anhand von erhöhten Knochenabbauparametern im Blut und mit Hilfe einer Knochendichtemessung erkannt werden. «Wenn diese Frau nun beginnt, Östrogen und Progesteron zu substituieren und gleichzeitig Nährstoffe einnimmt, die den Knochen und die Gefäße schützen, kann sie ihr Risiko senken, zehn Jahre später Osteoporose und Arteriosklerose zu haben – und weitere zehn Jahre später vielleicht einen Knochenbruch oder einen Schlaganfall.» 

Die Sache mit den Hormonen

Die Geschlechtshormone Östrogen und Progesteron befinden sich bei Frauen zwischen 40 und 50 Jahren in einer Art Sinkflug. Progesteron sinkt bereits zehn bis 15 Jahre vor der letzten Blutung – was sich häufig in Form von Schlafstörungen zeigt. Bei den Männern gleicht der Testosteronabfall eher der sanften Landung eines Urlaubsfliegers und passiert etwas später.  

Bioidentisches (=körpereigenes) Östrogen

Estradiol (auch Östradiol) = E2

Anwendung immer über die Haut, meist in Form eines Gels. Es gibt auch Pflaster, Sprays und Cremes.

Estriol = E3

Anwendung lokal in Form von Vaginalcreme, -zäpfchen oder -tabletten.

Für Frauen ist es wichtig zu wissen, dass Progesteron und vor allem Östradiol (E2) eine Schutzwirkung haben, besonders für die Knochen und die Blutgefässe. Dr. Orfanos-Boeckel betont, dass diese Hormone auch für die innere Medizin von grosser Bedeutung sind: «Durch Knochen- und Gefässschutz über Hormongaben kann man Organe, wie Herz und Nieren, davor bewahren, schwach zu werden. Auch das Immunsystem profitiert von der Therapie, da Arteriosklerose und Osteoporose etwas mit Entzündungen zu tun haben. Hier spielen Hormone und Nährstoffe eine wichtige Rolle», erklärt die Internistin.

Wie ein individuelles Schutzkostüm

Die Biochemie unseres Stoffwechsels verbindet alle Körpervorgänge wie ein Netz miteinander. Sie bildet den Ansatzpunkt eines noch recht jungen Fachgebietes, das Präventivmedizin genannt wird oder auch Nährstoff- und Hormonmedizin. Es geht darum, personalisiert Nährstoffe und Hormone nach Labordiagnostik einzusetzen, um die Gesundheit zu erhalten. Dr. Orfanos-Boeckel beschreibt, wie sie die Kombination aus Beschwerdebild und internistischen Werten nutzt, um eine Art Netz mit Stoffen aufzubauen, die frühzeitig therapeutisch wirken. «Es entsteht ein Plan wie eine individuelle Schutzausrüstung.» Auf diesem persönlichen Plan können neben Medikamenten und pflanzlichen Mitteln, Vitamine stehen, körpereigene Hormone, Mineralien, Spurenelemente, Omega-3-Fette und Aminosäuren. 

Superinformant Blut

Besonders das Blut ist Quelle wertvoller Informationen, die helfen können, unsere Gesundheit zu erhalten. Da es sich in einem geschlossenen System, den Blutgefässen, befindet ist es gut geschützt. Auf seine Aussagekraft ist Verlass. Anders als der Darm, der tagtäglich den Einflüssen dessen, was wir essen und trinken, ausgesetzt ist, zirkuliert das Blut relativ ungestört. «Deswegen sind bestimmte Veränderungen im Blut so interessant. Sie gehen dem Auftreten gewisser Erkrankungen zehn 20 oder sogar 30 Jahre voraus. Sie sind sichtbar, wenn wir nur reinschauen würden», erläutert Dr. Orfanos-Boeckel. 

Die Gesundheit erhalten: Wo findet man differenzierte Nährstoffanalysen?

Der Ansatz, bereits bei Befindlichkeitsstörungen wie Müdigkeit, Infektanfälligkeit, komischen Schmerzen, Verdauungs- Konzentrations- oder Schlafstörungen über eine optimale Nährstoffversorgung einzugreifen, um die Gesundheit zu erhalten, wird immer populärer. Dennoch ist es oft gar nicht einfach, einen Arzt zu finden, der die notwendige Diagnostik durchführt. Es lohnt sich, nach Praxen für Stoffwechsel- oder Präventivmedizin Ausschau zu halten. Auch Begriffe wie Orthomolekulare Medizin, Regulationsmedizin oder Funktionelle und Mitochondriale Medizin weisen in diese Richtung.

Möglichkeiten und Grenzen

Könnten wir dann alle 100 werden? Die Expertin bezweifelt das, und darum geht es ihr auch gar nicht. Sie möchte Menschen davor schützen, mit über 60 unnötig chronisch krank zu werden. «So, wie wir leben, hat der Körper viel zu bewältigen. Er ist Schadstoffen und Umweltbelastungen ausgesetzt. Für viele ist es nicht zu schaffen, all das durch gesundes Verhalten zu kompensieren. Die Entgiftung von Leber und Nieren sind oft überfordert», erklärt Dr. Orfanos-Boeckel. 

Durch bessere Informationen über das, was im Inneren vor sich geht und den gezielten Einsatz von Nährstoffen und Hormonen in jüngeren Jahren, kann eine gesunde Stoffwechselfunktion länger erhalten bleiben. «Der Trick ist, die klassisch-internistische Medizin zu erweitern und nicht nur zu nutzen, wenn wir bereits krank sind. Sondern früher – symptomatischer, funktioneller und individueller. Je nach der persönlichen Situation, der Ausgangslage, der Genetik und Epigenetik. Ja, das kostet Geld, aber es lohnt sich. Es ist möglich, mit der Gestaltung von Gesundheit Geld zu verdienen. Im Moment lebt eine ganze Medizinindustrie davon, die Folgen chronischer, altersbedingter Stoffwechselerkrankungen zu reparieren. Das geht so nicht weiter. Hier muss etwas passieren, sonst kracht uns das Ganze irgendwann um die Ohren.»

Buchtipp

Gesundheit erhalten, Nährstoffe und Hormone – Schlüssel, um die Gesundheit zu erhalten

«Nährstoff-Therapie – Der Praxisleitfaden: Orthomolekulare Medizin richtig dosieren und anwenden» von Dr. med. Helena Orfanos-Boeckel, Trias Verlag

 

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