“Was immer dir guttut, ist genau richtig für dich.”

Dein aktuelles Album heisst «Labyrinth». Was steckt hinter diesem Titel?

Es geht um eine Art Selbstsuche und darum, Verantwortung für das eigene Leben zu übernehmen. Schon vor der Corona-Pandemie war vieles unsicher und passierte anders als geplant. Aber wir haben es in der Hand zu entscheiden, wie wir damit umgehen wollen. Ein Labyrinth ist für mich eine super Metapher: Gehen wir nach links oder rechts? Das liegt ganz bei uns. Und es gibt Umwege und Sackgassen. Dann heisst es: innehalten, umdenken, sich aufrappeln und weitergehen.

Auf dem Cover bist du mit kurzen Haaren zu sehen. Wie kam es dazu?

Ich wollte schon eine Glatze, als ich 17 war. Ich weiss nicht, warum. Damals habe ich mich das nicht getraut, weil ich Angst hatte, meine Weiblichkeit zu verlieren. Als ich von meiner letzten Tour zurückkam, dachte ich dann plötzlich: Du kannst nicht anderen sagen, dass sie sich selbst sein sollen, und selbst nicht zu dir stehen. Da war die Entscheidung gefallen und die Haare kamen ab. Und ich finde es schön.

Möchtest du mit deiner Frisur auch eine feministische Botschaft senden?

Dieser Schritt war in erster Linie eine ganz persönliche Sache. Aber wenn es auch ein Statement sein sollte, dann gern das: Ich möchte in einer Welt leben, in der sich jeder Mensch frei entfalten kann.

Du bist durch eine Casting-Show berühmt geworden. Wie bist du mit dem plötzlichen Erfolg umgegangen?

Es war die Idee meines Bruders, mich bei der Show anzumelden. Er war mir eine grosse Hilfe bei dem, was damit losgetreten wurde. Plötzlich hatte ich eine Band, eine Single, ein Album und die Leute erkannten mich auf der Strasse. Ich fragte mich ständig: Wie ist man denn Sängerin? Wie macht man das? Es war meine coolste Zeit – und die schlimmste, weil alles sehr, sehr überfordernd war.

Hattest du irgendwann auch mal Angst, dass es vorbei sein könnte?

Diese Frage war immer im Hinterkopf, aber nie zu präsent. Die Musiker, die Produzenten – alle hatten Bock, dass es weitergeht. Wir haben einfach immer weitergearbeitet und so gab es kaum Pausen, in denen Selbstzweifel aufkommen konnte.

Du hast in deiner Jugend schwere Zeiten durchgemacht. Wie kam es, dass du dich in die Psychiatrie eingewiesen hast?

Ich hatte eine depressive Phase mit einigen Nervenzusammenbrüchen. Damals war alles zu viel für mich: die Arbeit in meiner ersten Band, dazu ein sehr schmerzhafter Bandscheibenvorfall. Ich habe mir immer wieder gewünscht, einen Unfall zu haben, um endlich mal zur Ruhe kommen zu können. Meine Eltern waren hilflos mit mir als überfordertem Teenager. Deshalb habe ich professionelle Hilfe gesucht.

Welchen Rat kannst du jungen Leuten geben, die mit ähnlichen Problemen zu kämpfen haben wie du?

Wenn ich einen Rat geben kann, dann den, dass es okay ist, wo du gerade bist. Wir vergleichen uns zu sehr mit anderen, das macht krank. Mein Tipp ist, sich Hilfe zu holen, wenn man zweifelt oder nicht weiterweiss. Und dabei ist es egal, ob Akupunktur, Psychotherapie oder Hilfstelefon: Was immer dir guttut, ist genau richtig für dich.

Vielen Dank für das Gespräch.

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