Tai-Chi und Parkinson – wie die Kampfkunst den Verlauf verändert

Tai-Chi Parkinson_ Mann und Frau machen Tai-Chi bei Sonnenuntergang am Meer

In der Ruhe liegt die Kraft: Beim Tai-Chi werden kräftigende und stabilisierende Bewegungsabfolgen in Zeitlupe ausgeführt. Im Gegensatz zu anderen Kampfsportarten tritt man nicht gegen einen echten Gegner an, vielmehr wird die Auseinandersetzung nachgeahmt, weshalb Tai-Chi auch als innere Kampfkunst oder als Schattenboxen bekannt ist.

Die Praktizierenden üben eine vorgegebene Sequenz und konzentrieren sich auf Körperspannung, tiefe Bauchatmung sowie Achtsamkeit und Meditation. Doch die Kampfsportart fördert nicht nur die Entspannung, Tai-Chi soll zudem die Symptome von Parkinson lindern und den Krankheitsverlauf verlangsamen. Dies zeigt eine Beobachtungsstudie einer Arbeitsgruppe aus Shanghai. Die Ergebnisse wurden kürzlich im Journal of Neurology Neurosurgery & Psychiatry veröffentlicht.

Zum Aufbau der Studie

In der Untersuchung beobachteten die Wissenschaftler zwei Gruppen von Parkinson-Betroffenen über einen Zeitraum von mehr als fünf Jahren – von Januar 2016 bis Juni 2021. Während die eine Gruppe mit 147 Teilnehmenden zweimal pro Woche jeweils eine Stunde Tai-Chi praktizierte, erhielt die zweite Gruppe mit 187 Betroffenen lediglich die Standardbehandlung.

Zu Beginn der Studie wurde der Schweregrad der Erkrankung bei allen Teilnehmenden bewertet. Das Fortschreiten sowie die Zunahme des Medikamentenbedarfs wurden im November 2019, im Oktober 2020 und im Juni 2021 durch die Forschenden überprüft.

Zusätzlich untersuchten die Wissenschaftler anhand validierter Skalen Faktoren wie Stimmung, Schlafqualität, kognitive Beeinträchtigungen, Halluzination und Komplikationen, die im Verlauf einer Parkinson-Erkrankung auftreten können.

Was ist Parkinson?

Morbus Parkinson ist eine der häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen. Laut Parkinson Schweiz leben hierzulande zirka 15’000 Personen mit der Krankheit, wobei Männer etwas häufiger betroffen sind als Frauen.

Bei Parkinson sterben Nervenzellen im Gehirn ab. Dies führt zu einem Mangel an Dopamin, einem wichtigen Botenstoff, der dafür sorgt, dass Nervenzellen miteinander kommunizieren können. Durch den Mangel an Dopamin herrscht ein Überangebot anderer Botenstoffe im Gehirn. Als Folge entstehen Störungen der Beweglichkeit, etwa Zittern oder verlangsamte Bewegung.

Da jedoch auch andere Bereiche des Gehirns betroffen sind, leiden Parkinson-Erkrankte nicht nur an motorischen Symptomen, das gesamte Nervensystem kann betroffen sein. Je nach Ausprägung können Gedächtnisprobleme, Stimmungsschwankungen, Halluzinationen, Schmerzen oder Blutdruck-Störungen auftreten.

Parkinson ist nicht heilbar, die Symptome können jedoch mit Medikamenten gelindert werden. Die Wirkungsdauer lässt allerdings bei fortschreitender Erkrankung ab. Mehr zu dieser Erkrankung erfährst du in diesem Beitrag.

So hilft Tai-Chi bei Parkinson

Die Auswertung der Untersuchung zeigte, dass in der Tai-Chi-Gruppe das Fortschreiten der Parkinson-Erkrankung langsamer verlief. Patienten der Vergleichsgruppe mussten ihre Medikation häufiger erhöhen als die Tai-Chi-Gruppe: So passten im Jahr 2019 83,5 Prozent und im Jahr 2020 96 Prozent der Versuchsgruppe ihre Medikamenteneinnahme an. Bei den Tai-Chi-Praktizierenden waren es 71 Prozent beziehungsweise 87,5 Prozent.

Die Forschenden beobachtete ebenso, dass sich die kognitiven Fähigkeiten der Tai-Chi-Gruppe langsamer verschlechterten, sich aber der Schlaf und die Lebensqualität kontinuierlich verbesserten. Auch zeigten die Praktizierenden von Tai-Chi geringer ausgeprägte für Parkinson typische Komplikationen.

Laut Dr. Shengdi Chen, Mitautor der Studie, sollten Ärztinnen und Ärzte Parkinson-Betroffene über die Wichtigkeit von Bewegung aufklären. «Körperliche Aktivität könnte die Notwendigkeit einer fortgeschrittenen Parkinson-Therapie verzögern», so Chen.

Die Studienautoren betonen allerdings, dass es sich bei ihrer Untersuchung lediglich um eine Beobachtungsstudie handelt, die Ursache und Wirkung nicht klärt. Ausserdem berichten sie, dass sie Betroffene in frühen Stadien untersucht haben, das heisst Patienten, bei denen die Bewegungseinschränkungen noch nicht sehr ausgeprägt sind. Hinzu kommt, dass die Anzahl der Studienteilnehmenden relativ gering war.

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