Ein Grossteil der Kranken gab an, sich oft müde und erschöpft zu fühlen. «Es ist dabei nicht ausgeschlossen, dass diese Erschöpfung auf Covid-Erkrankungen zurückgeht», schreiben die Autoren. Häufig nannten die Befragten zudem Infektionskrankheiten, Schmerzen und Stress. Die verminderte Gesundheit führt wiederum zu Schlafproblemen, Bewegungsmangel und sozialem Rückzug. Faktoren, die ihrerseits Krankheiten, körperliche wie psychische, begünstigen können.
Besonders bei den über 65-Jährigen ist die Lage besorgniserregend: Im Vergleich zu den 30 Prozent in der Umfrage von vor drei Jahren ist es nun fast jede zweite Person, die sich gesundheitlich angeschlagen fühlt. Ein möglicher Grund dafür sind Infektionskrankheiten, schreiben die Autoren der Studie. Aber auch die mentale Gesundheit der Schweizer Bevölkerung weckt Bedenken.
Mentale Gesundheit der Schweizerinnen und Schweizer
Die Stimmung der Bevölkerung hat sich im Verlauf der Jahre verschlechtert. 2021 ging es noch knapp drei Vierteln der Bevölkerung immer oder meistens gut, 2023 sind es nur zwei Drittel. Wie bereits bei früheren Befragungen zeigte sich, dass es der jüngeren Bevölkerung unter 36 psychisch schlechter geht als dem Rest der Bevölkerung. (Lies hier unseren Beitrag zu Jugendlichen und Suizid.) Im Vergleich zu den Vorjahren ist in dieser Altersgruppe allerdings eine leichte Verbesserung nachweisbar. Ein auffallender Geschlechterunterschied liegt bei den Befragten im mittleren Alter vor: Bei Frauen zwischen 41 und 50 Jahren ist die mentale Stimmung am prekärsten. Grund dafür ist möglicherweise die Doppelbelastung mit beruflicher Arbeit und unbezahlter Care-Arbeit.
Die psychisch robusteste Gruppe bilden die Seniorinnen und Senioren. Laut dem Bericht ist dies allerdings auch die Altersgruppe, die sich schwertut, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Aus der Untersuchung geht weiter hervor, dass sich knapp 40 Prozent derjenigen Befragten, die angaben, an psychischen Problemen zu leiden, auch professionelle Hilfe holten. Die Altersgruppe war dabei nicht relevant. Dieser Wert wäre laut Verfassern noch höher, wenn es mehr Therapieplätze gäbe. Für knapp die Hälfte der Menschen mit einer psychischen Belastung gestaltete sich die Hilfesuche als eher oder sehr schwierig, heisst es im Bericht. Besonders junge Hilfesuchende seien betroffen.
Bei den Geschlechtern ist ein weiterer Unterschied auffallend: Frauen wenden sich bei psychischen Belastungen deutlich häufiger an ihr Umfeld als Männer. Zudem nehmen Frauen häufiger professionelle Hilfe in Anspruch. Laut Studie ist die Diskrepanz wenigstens zu einem Teil auf unterschiedliche Sozialisierungsmuster zurückzuführen. Frauen werden eher dazu ermutigt, über ihre Gefühle zu sprechen und Hilfe zu suchen.
Homeoffice entlastet, Grübeln belastet
Die Studie kommt ausserdem zum Schluss, dass eine erhöhte Flexibilität am Arbeitsplatz Stress reduziere. «Die Arbeit lässt sich an die eigene Tagesform anpassen und private Angelegenheiten wie Arzttermine oder das Abholen der Kinder aus der Kita führen zu weniger Terminstress», heisst es im Bericht. Das Übergreifen der Arbeit in die Freizeit wird hingegen als psychisch belastend wahrgenommen. Dabei ist interessant zu erwähnen, dass das Nachdenken in der Freizeit über den Job als viel belastender angesehen wird als eigentliches Arbeiten ausserhalb der Arbeitszeiten.
Die Verfasser weisen darauf hin, dass über die Hälfte der Befragten, die aufgrund psychischer Probleme nicht zur Arbeit gegangen sind, dies nicht offen kommuniziert haben. Die Daten zeigen, dass das Thema mentale Gesundheit in der Schweiz vor allem am Arbeitsplatz weiterhin tabubehaftet bleibt.