Plättchen- und Gerinnungshemmer – was man darüber wissen sollte

Wie funktionieren blutverdünnende Medikamente?

Gerinnungshemmer: schnell fliessender Bach zwischen Steinen

Spoiler

  • Die Gerinnung im Blut hilft dabei, Wunden zu verschliessen. Es können jedoch auch Blutgerinnsel entstehen und Gefässe verstopfen. Das soll durch blutverdünnende Medikamente verhindert werden.
  • Je nach Gefässart und Grunderkrankung kommen Plättchen- oder Gerinnungshemmer zum Einsatz.
  • Im Alltag sollten insbesondere die dadurch erhöhte Blutungsneigung beachtet und Verletzungen vermieden werden. Die regelmässige Einnahme, ein gut eingestellter Bluthochdruck und gesunder Lebensstil sind ebenfalls wichtig.

Warum die Gerinnung so wichtig ist

Das Blut erfüllt zahlreiche, wichtige Aufgaben im Körper. Eine davon ist die Hämostase: Das bedeutet, das Blut ist so flüssig, dass es ununterbrochen durch den Kreislauf fliessen kann, und auf der anderen Seite bei Verletzungen die Blutung stillen kann, indem sich die Blutplättchen miteinander verbinden. Ist das Blut nicht flüssig genug, können sich sogenannte Thromben (Blutgerinnsel) entwickeln, welche Gefässe verstopfen. Gerinnt das Blut nicht ausreichend, geht das mit einer stärkeren Blutungsneigung einher. Denn immer dann, wenn man sich verletzt, beginnt eine komplexe Kettenreaktion im Körper, die diese Öffnung am Gefäss verschliesst und somit den Blutverlust stoppt. Nimmt man Plättchen- oder Gerinnungshemmer ein, zwei verschiedene Formen von Blutverdünnern, wird Blutgerinnseln vorgebeugt, während sich gleichzeitig die Blutungsneigung erhöht.

Blutverdünner ist nicht gleich Blutverdünner: Plättchen- und Gerinnungshemmer

Je nachdem, welche Gefässe geschützt werden sollen, ob eine Herzrhythmusstörung mit erhöhter Thromboseneigung vorliegt oder eine Thromboseprophylaxe bei mechanischen Herzklappen notwendig ist, kommen verschiedene Blutverdünner zum Einsatz. 

Sind die Arterien, also jene Gefässe, die vom Herzen das Blut in den Körper befördern, eng oder verstopft, kann es leichter zu einer Verbindung der Blutplättchen, demnach zu Gerinnseln kommen. In diesem Fall werden die sogenannten Plättchenhemmer eingesetzt. «Vor allem, wenn es in den Beingefässen oder in den Herzkranzgefässen eng wird, gibt es interventionelle Möglichkeiten mit einem Ballon oder Stent (ein röhrenförmiger Maschendraht) die Gefässe offen zu halten, damit das Blut gut fliessen kann. Da es sich dabei jedoch um körperfremdes Material handelt, das eingesetzt wird, kommt es an diesen Stellen noch eher zur Gerinnung, bis der Organismus die Stellen mit körpereigenem Gewebe abgedeckt hat. Aktuell werden daher nach der Intervention zwei Präparate zur Blutverdünnung verabreicht, von denen sich eines mit der Zeit absetzen lässt», erklärt Dr. Syla. Das Ziel der Plättchenhemmer ist die Durchblutung der Beine und des Herzens zu gewährleisten. Betroffene merken nach dem Eingriff oftmals schnell einen Unterschied, weil ihnen die Beine beim Gehen nicht mehr wehtun oder Brustschmerz nicht mehr vorhanden ist.

Die zweite Gruppe der Blutverdünner bilden die Gerinnungshemmer. Diese sollen die Venen schützen, welche das Blut aus der Peripherie wieder zum Herzen bringen. Gerinnungshemmer bekommen Personen, welche an Herzrhythmusstörungen mit Thromboseneigung leiden, Menschen mit einer Venenthrombose, ältere Patientinnen und Patienten mit Bettlägerigkeit und Personen, die aufgrund genetischer Faktoren gefährdet sind. Zudem werden sie bei relativ jungen Personen mit einem mechanischen Herzklappenersatz gegeben.

«Die Bewegung spielt eine wichtige Rolle. Wenn man sich bewegt, drücken die Muskeln durch die weichen Venen das Blut zum Herzen, zusätzlich zu den Venenklappen. Ist man aber nicht aktiv, fliesst das Blut langsamer und es kommt viel leichter zu Blutgerinnseln. Diese können sich lösen, werden zur Lungenarterie geschwemmt und können eine Lungenembolie auslösen. Oder bei Menschen mit einem Loch im Herzen, das ist weltweit und in der Schweiz jeder vierte, können sie über die linke Herzseite nach oben ins Gehirn wandern und einen Schlaganfall verursachen», erläutert der Kardiologe. Wird solch ein Loch im Herzen vor dem 60. Lebensjahr nach einem Schlaganfall entdeckt, kann es verschlossen werden. In höherem Alter werden bei diesen Fällen Gerinnungshemmer langfristig verabreicht.

Worauf sollte bei der Einnahme geachtet werden?

Vor allem bei sehr aktiven Personen mit einer grösseren Verletzungsgefahr, beispielsweise durch den Beruf oder Leistungssport, ist ein kompetenter Umgang mit Blutverdünnern wichtig. Denn wer Plättchen- oder Gerinnungshemmer einnimmt, blutet länger, auch bei vermeintlich kleinen Verletzungen. «Man sollte möglichst aufpassen, sich nicht zu verletzen. In der Regel hören Blutungen schon auf, es dauert jedoch deutlich länger als ohne die Einnahme solcher Präparate. Und wenn sich eine Blutung nicht innerhalb von 15 Minuten stoppen lässt, sollte man in die Klinik fahren. Eine weiter blutende Wunde kann sonst zu einem zu hohen Blutverlust und damit einer Anämie führen», rät der Experte. 

Darüber hinaus ist die regelmässige Einnahme entscheidend, um den Spiegel im Blut aufrechtzuerhalten. Setzt man bei Herzrhythmusstörungen die Gerinnungshemmer einfach ab, können sich im Vorhof des Herzens Gerinnsel bilden, die sich irgendwann mobil machen, zur Kopfarterien wandern und einen Schlaganfall auslösen. «Wird nur eine Einnahme vergessen, muss man sich noch nicht sorgen, denn ein gewisser Spiegel bleibt im Blut. Nur sollte nicht mehrere Tage ausgesetzt werden.»

Neben den Blutverdünnern muss ein Bluthochdruck gut eingestellt sein. Durch die Blutverdünner kann es leichter zu Blutungen im Gehirn kommen, insbesondere wenn sie überdosiert werden. Ist nun bei älteren Patienten der Blutdruck sehr hoch, kann es viel leichter zur Hirnblutung kommen. 

Meistens zeigen sich jedoch eher Nasenbluten oder Darmblutungen. Passiert das häufiger, kann man bei Betroffenen die entsprechenden Gefässe in der Nase veröden», erläutert Dr. Syla. «Im Darm muss der Gastroenterologe die Quelle finden und ebenfalls behandeln.»

Ein gesunder Lebensstil mit einer ausgewogenen Ernährung und ausreichend Bewegung ist gut für den Blutdruck und senkt das Risiko.

«Die häufigsten Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Probleme oder Unwohlsein sowie Hautjucken, Schwindel oder Kopfschmerzen, die sich oftmals mit einem Präparatswechsel beheben lassen. 

Behandelnde Ärzte sollten immer über die Einnahme der Blutverdünner informiert werden, auch der Zahnarzt. Dadurch sind sie auf stärkere Blutungen vorbereitet. «Bei geplanten Operationen wird der Blutverdünner einen bis mehrere Tage vorher abgesetzt, um einen grösseren Blutverlust während des Eingriffs zu verhindern. Dies sollte in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen, dem Kardiologen oder Angiologen. Für Notfälle stehen ausserdem Blutprodukte wie ein Prothrombinkonzentrat sowie Antidote, welche die Wirkung der Gerinnungshemmer binnen zehn Minuten aufheben können, zur Verfügung.»

Wichtige Fragen unbedingt stellen

Wer Blutverdünner oder andere Medikamente verschrieben bekommt, darf und soll alle offenen Fragen stellen. Nur keine Scheu, wenn etwas unklar ist. Patienten haben Anspruch auf verständliche Informationen und Nachhaken ist erwünscht. Die meisten Ärzte erklären es gern nochmals oder haben übersichtliche Broschüren zur Hand. Entstehen bis zum nächsten Kontrolltermin weitere Fragen, hilft es, diese aufzuschreiben und zum Gespräch mitzubringen. 

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