Nierentransplantation: Ablauf und Aussichten für Empfänger

Alles, was du als Empfänger einer Spenderniere wissen solltest

Nierentransplantation Ablauf: zugefrorener, nierenförmiger See in den Bergen

Spoiler

  • Ist die eigene Nierenfunktion nicht mehr ausreichend, empfiehlt sich oft eine Transplantation.
  • Die Nierentransplantation folgt einem festen Ablauf, der eine umfassende Voruntersuchung, die Operation selbst und eine lebenslange Nachsorge umfasst, um zu gewährleisten, dass sowohl der Empfänger als auch die transplantierte Niere möglichst lange von der Transplantation profitieren.
  • Gibt es keine Komplikationen und führen Empfänger einen gesunden Lebensstil, sind danach eine höhere Lebensqualität und eine längere Lebenserwartung zu erwarten.

Vor der Nierentransplantation

«Eine Nierentransplantation wird dann notwendig, wenn die eigene Nierenfunktion nicht mehr ausreicht, um das Blut im Körper genügend zu reinigen. Ist die Funktionseinschränkung der Nieren bereits fortgeschritten, lässt sich die Zeit bis zur Transplantation mit einer Dialyse überbrücken, jedoch sollte die Zeit an der Dialyse möglichst kurzgehalten werden», erklärt Dr. Binet. Nicht jeder Betroffene einer Nierenfunktionseinschränkung kann eine Transplantation erhalten, wenn beispielsweise Begleiterkrankungen die Operation zu gefährlich machen, grundsätzlich gegen eine Transplantation sprechen oder Immunsuppressiva sich darauf negativ auswirken würden.

Wird die Transplantation empfohlen und wäre sie trotz des Krankheitszustands möglich, geht es zunächst darum, einen geeigneten Spender zu finden. «Wir fragen immer, ob es potenzielle Spender gibt, also ob jemand aus dem Umfeld signalisiert, dass er dazu bereit wäre. Gibt es da eine Person, muss geklärt werden, ob diese weiss, worauf sie sich einlässt. Es braucht medizinische und psychologische Klarheit zur Eignung», weiss die Expertin. Wenn die Bereitschaft vorhanden ist und die medizinische Lage des Spenders geeignet, wird geprüft, ob eine direkte Spende möglich ist. Da spielt die Immunologie eine grosse Rolle: Wenn der Empfänger beispielsweise in seinem Blut Antikörper gegen bestimmte Gewebemerkmale aufweist, wird besonders versucht, stattdessen einen Spender zu finden, der selbst diese spezifischen Gewebemerkmale nicht trägt, damit das Abstossungsrisiko und die Menge an Immunsuppression reduziert werden können. Wenn die Konstellation es zulässt, kommt es manchmal zu einer Überkreuz-Nieren-Lebendspende oder auch «indirekten Spende»: Es werden mehrere inkompatible Spender-Empfänger-Paare getestet, sodass Nieren von Lebendspendern über Kreuz an passende Empfänger zugeteilt werden können.

Zum festen Ablauf der Nierentransplantation gehören nicht nur zahlreiche medizinische Voruntersuchungen zur Bestimmung der Transplantationsfähigkeit des Patienten, sondern ausserdem psychologische Einschätzungen. «Empfänger müssen ausführlich darüber informiert werden, wie es nach dem Eingriff weitergeht. Man ist danach nicht einfach wieder gesund, auch wenn mit einer Befreiung von der Dialyse und einer guten Nierenfunktion zu rechnen ist. Es werden viele Kontrollen, viele Medikamente, eventuell mit Nebenwirkungen, notwendig sein – darauf muss man eingestellt sein und die weiteren Massnahmen zuverlässig umsetzen können.»

Nierentransplantation: Ablauf der Operation

Nachdem Lebendspender und Empfänger also auf Herz und Nieren – im wahrsten Sinne des Wortes – und ganzheitlich geprüft worden sind, wird ein Tag für die Operation festgelegt, damit sich die Teams gut vorbereiten können, um die geplante elektive OP durchzuführen. Beide werden bereits am Tag vor dem Eingriff aufgenommen und nochmals durchgecheckt. Am grossen Tag geht der Spender zuerst in den Operationssaal, wo man eine Niere entnimmt, während parallel der Empfänger schon vorbereitet wird. Stammt die Niere von einem verstorbenen Spender, erfolgt die Operationsplanung notfallmässig, sobald ein Angebot für einen bestimmten Empfänger angenommen wurde. 

Bei der Nierentransplantation bleiben die eigenen Nieren des Empfängers im Körper, nur in manchen Situationen ist es notwendig eine oder beide Nieren zu entfernen. Die neue Niere wird dann im Beckenbereich eingesetzt, wo sie gut geschützt ist und direkt in der Nähe der Blase und Beckengefässe liegt. Wurden die Gefässe zur Blutversorgung und der Harnleiter verbunden, kann sie ihre Arbeit aufnehmen. Die gesamte Operation dauert zwei bis drei Stunden.

Die Zeit danach

Ist die Transplantation vollendet, verbleiben Patienten meist für 24 Stunden auf einer Station mit intensiverer Überwachung und Betreuung. «Die Empfänger bleiben plus minus eine Woche im Spital. Danach kommen sie anfangs zweimal die Woche, dann in grösser werdenden Abständen bis zu einem Dreimonatstakt zur Kontrolle», erläutert Dr. Binet. Nach der Transplantation einer Lebendspenderniere nimmt diese sofort ihre Arbeit auf. «In der Regel ist man direkt nach der OP nicht mehr dialysepflichtig. Erhält man die Niere von einem verstorbenen Spender, kann jedoch für die Anfangszeit Dialyse notwendig sein. Die Empfänger von Lebendspendernieren werden schnell wieder fit. Da erwarten wir, dass man bereits nach drei Monaten wieder seiner Arbeit nachgehen kann. Das alles ist natürlich auch vom Fitnesszustand vor der Transplantation abhängig.»

Risiken und Komplikationen: Worauf müssen Transplantierte achten?

Selbst wenn die Nierentransplantation komplikationsfrei abgelaufen ist, kann es zu Infektionen kommen. «Infektionen gehören zu den häufigsten Komplikationen, da wir mit Medikamenten das Immunsystem unterdrücken. Neben der Abstossung kann es zu anderen Komplikationen kommen, deshalb werden die Durchblutung, der Urinabfluss und die Funktion der Niere engmaschig überwacht. Anzeichen für Abstossung bedeuten noch lange kein Scheitern, man kann diese frühzeitig erkennen und direkt behandeln, sodass die Niere nicht von heute auf morgen verloren ist. Das passiert mittlerweile nur noch selten», berichtet die Nephrologin. Neben solchen Komplikationen kann ausserdem die Grunderkrankung, welche die eigenen Nieren kaputtgemacht hat, wiederkommen. Die Immunsuppression, die es gegen die Abstossung braucht, erhöht das Risiko, bestimmte Tumoren zu entwickeln, weshalb eine regelmässige Prüfung oder Überwachung mit Behandlung im Frühstadium stark empfohlen ist.

Dr. Binet ist der stete Austausch zwischen Patienten und ihrem Transplantationsspezialisten wichtig: «Bei jeglichen Symptomen wie Durchfall, Fieber oder Infektionen sollten sich Patienten direkt melden. Sobald etwas anders ist, selbst wenn es nicht sehr bedrohlich erscheint, kann man einfach Kontakt aufnehmen.»

Das Leben mit einer transplantierten Niere

«Eine Niere zu bekommen bedeutet, dass ein Leben lang Immunsuppressiva eingenommen werden müssen, mit der Zeit werden lediglich die Dosis und die Anzahl reduziert. Das heisst, dass man leichter Infektionen wie Blasenentzündungen, Lungenentzündungen oder virale Infekte bekommt. Man ist einfach empfindlicher als andere. Hinzu kommen die Nebenwirkungen, welche recht individuell auftreten können. Viele Betroffene berichten von Magen-Darm-Beschwerden», erläutert die Expertin. Darüber hinaus ist ein recht normales Leben möglich. Sport ist nicht nur erlaubt, er wird sogar empfohlen. «In einer idealen Welt achten Empfänger auf eine nierengesunde, salzbewusste Ernährung, rauchen nicht, trinken wenig Alkohol und sind körperlich aktiv.» Dies hilft auch bei der Behandlung von Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus.

«Die Niere wird nicht immer bis ans Lebensende halten, gerade wenn Empfänger sehr jung sind. Hier zeigt sich wieder der Vorteil von Lebendspenden, die eine längere Prognose haben. Je nach weiteren Erkrankungen und Abstossungen kann die transplantierte Niere durchaus länger als 15 Jahre zuverlässig arbeiten, manche sogar über 30 Jahre, wenn Spender und Empfänger auffallend gesund und fit waren.»

Spender sein

Du siehst, wie eine Nierentransplantation bei einem reibungslosen Ablauf das Leben von Betroffenen zum Positiven verändern kann. Es ist wichtig, sich als gesunder Mensch mit dem Thema Organspende zu befassen und seine Entscheidung schriftlich festzuhalten. Möchtest du, dass im Fall deines Todes deine Organe gespendet werden, solltest du das deinen Angehörigen mitteilen und einen Spenderausweis im Portemonnaie haben.
Weitere Informationen dazu gibt es bei Swisstransplant.

Weitere Informationen zum Leben mit einer chronischen Nierenerkrankung findest du unter www.nierenstiftung.ch/broschüre und www.nieren-leiden-leise.ch.

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