Lipödem-Behandlung: Das gibt es zu beachten

Schmerzen lindern, Fettzellen abtragen

Lipödem-Behandlung: Übergewichtige Frau sieht sich im Spiegel an und ist unzufrieden

Spoiler

  • Zu den konservativen Therapiemöglichkeiten gehören das Tragen von Kompressionsmiederware zusammen mit regelmässigen Lymphdrainagen.
  • Eine operative Lipödem-Behandlung ist die Liposuktion, also eine Fettabsaugung, bei der bis zu 85 Prozent der Fettzellen entfernt werden.
  • Eine kohlenhydratarme Ernährung sowie Bewegung sind ebenfalls Teil der Therapie.

Ein Lipödem ist eine schmerzhafte Fettverteilungsstörung, bei der sich vermehrt Fettzellen in den Beinen, dem Gesäss und auch an den Armen ansammeln. Die Krankheit betrifft fast ausschliesslich Frauen, wobei die voluminösen Gliedmassen die Lebensqualität der Patientinnen enorm einschränken können. Nicht nur leiden die Betroffenen an teilweise grossen Schmerzen, sie fühlen sich auch in ihrem Körper unwohl und sind frustriert, dass Bewegung und Diät nicht zum erwünschten Ergebnis führen. Denn Sport und eine gesunde Ernährung lassen die Fettpolster und Schmerzen nicht schwinden. Eine Lipödem-Behandlung setzt auf Schmerzreduktion und, im Falle einer Liposuktion, auf das Absaugen der Fettzellen.

Wenn du mehr über die Ursachen, Symptome und Stadien eines Lipödems erfahren möchtest, findest du in diesem Artikel Antworten.

Die vier Säulen der Lipödem-Behandlung

«Je nach Frau und ihrem Beschwerdebild werden verschiedene Behandlungsmöglichkeiten kombiniert. Generell stützt sich die Therapie eines Lipödems auf vier Säulen. Diese sind die konservative sowie die operative Therapie, eine Ernährungsumstellung und eine Bewegungsintensivierung», erklärt Dr. Wörle.

Konservative Therapie

Durch das konsequente Tragen von flachgestrickten Kompressionsstrümpfen und auf den Körper angepasste Miederwaren reduzieren sich die Schwellungen und Schmerzen. Entwickeln sich zusätzlich zum Lipödem Lymphödeme, also Wassereinlagerungen in den Extremitäten, helfen manuelle Lymphdrainage-Behandlungen gegen die Ödeme. Dabei wird mithilfe spezieller Massagetechniken die Eigenbewegung der Lymphgefässe angeregt, wodurch die im Gewebe abgelagerte Flüssigkeit abtransportiert wird. Durch das Tragen der Kompressionsmiederware wird der Rückfluss der Lymphe verhindert. Diese Therapie ist allerdings nur sinnvoll, wenn ein Ödem vorliegt, was nicht bei allen Betroffenen eines Lipödems, trotz des Namens, der Fall ist.

Die Krankenkasse trägt die Kosten für die konservative Behandlung. Allerdings ist die Zahl der manuellen Lymphdrainagen und der verschriebenen Kompressionskleidung pro Jahr beschränkt.

«Das Tragen von Kompressionskleidung in ausreichender Stärke und angepasstem Sitz in Kombination mit regelmässigen Lymphdrainagen begleiten die Patientin ein Leben lang. Dies führt bei manchen Frauen zu einer Einschränkung der Lebensqualität, weshalb eine operative Therapie für viele besser geeignet ist», so die Dermatologin. Zudem können weder die Kompressionstherapie noch die Lymphdrainage den Umfang der Extremitäten verringern.

Operative Therapie

Das Mittel der Wahl ist die Fettabsaugung, die Liposuktion. Fett-weg-Spritzen oder die Kryolipolyse, also das isolierte «Erfrieren» der Fettzellen, erzielen bei einem Lipödem nicht die gewünschten Ergebnisse. Die Techniken und Qualitätsunterschiede von Anbietern einer Liposuktion sind sehr unterschiedlich. Dr. Wörle empfiehlt primär das Betäubungsverfahren «Tumeszenz-Lokalanästhesie (TLA)». Bei dieser Form der Betäubung wird eine Anästhesielösung in das Unterfettgewebe geleitet und das Fettzell-Lösungs-Gemisch anschliessend mithilfe vibrierender Mikrokanüle abgesaugt. Durch diese sogenannte «Vibrationsassistierte Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie» können bis zu 85 Prozent der Fettzellen entfernt werden. Anders als bei einer Vollnarkose, die gerne bei rein ästhetischen Verfahren angewendet wird, befindet sich die Patientin nur im Dämmerschlaf und ist immer in der Lage, sich zu bewegen und ihre Position aktiv so anzupassen, dass die Ärztin oder der Arzt die gewünschte Körperstelle besser erreicht.

«Durch dieses Verfahren können wir die Fettzellen weniger traumatisch entfernen. Die Schmerzen sind geringer, es bilden sich nicht so viele Blutergüsse, das Bindegewebe kann besser schrumpfen, da es nicht kaputtgegangen ist. Es kommt auch zu weniger Lymphgefässverletzungen», weiss Dr. Wörle aus Erfahrung.

Die Liposuktion führt bei vielen Frauen zu einer wesentlichen oder gar kompletten Schmerzreduktion. Nur in den wenigsten Fällen kommt es zu einem Rezidiv nach einer Liposuktion. Eine kohlenhydratarme Ernährung und viel Bewegung sind jedoch auch nach der Operation wichtig, um eine Gewichtszunahme zu verhindern.

Betroffenen rät die Dermatologin, eine Spezialistin oder einen Spezialisten zu suchen, die oder der sich nicht bloss mit ästhetischer Fettabsaugung auskennt, sondern insbesondere mit der Liposuktion beim Lipödem. «Betroffene sollten zudem die Hände von einer radikalen Entfettungsbehandlung lassen», so die Dermatologin. Bei dieser Art der Fettabsaugung werden alle Fettzellen auf traumatische Weise entfernt. Die Folge können chronische Lymphödeme, Durchblutungsstörungen und auch flächige Narben sein . Ausserdem kommt es zu grotesk mageren Extremitäten, da die Frauen fortan nur noch am Bauch zunehmen können. Dadurch entsteht erneut eine disproportionale Körperform.

Es ist möglich, dass die Krankenkasse die Kosten einer Liposuktion nach einer Kostengutsprache übernimmt.

Ernährungsumstellung

Zwar gibt es keine allgemeingültige Ernährungsweise, die sich speziell für Betroffene eignet, dennoch gehört eine kalorienreduzierte Ernährung beim Lipödem zum Behandlungsplan. «Kohlenhydrate lösen bei manchen Betroffenen noch mehr schmerzhafte Schwellungen an den Beinen aus», berichtet Dr. Wörle. Zudem sollten Frauen mit Lipödem bestmöglich auf Alkohol verzichten, da er die Durchblutung fördert und so die Beschwerden verschlimmert. Eine strikte Gewichtskontrolle kann den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Deshalb profitieren auch normalgewichtige Frauen von einer Ernährungsumstellung, um ihr Körpergewicht zu halten.

Mehr Bewegung

Besonders Bewegung im Wasser wie Schwimmen oder Aquafitness eignen sich für Lipödem-Betroffene, da im Wasser die Gelenke vom Körpergewicht entlastet und der Lymphfluss durch den Wasserdruck gefördert werden. Nicht vergessen werden, darf der enorme psychische Druck, der auf den Betroffenen lastet. Die chronischen Schmerzen, das tägliche Tragen von Kompressionsmiederware, die zeitintensiven Lymphdrainagen und das unproportionale Erscheinungsbild belasten Frauen mit Lipödem sehr. «Dazu kommt, dass Ärzte und Familie zu einer Gewichtsreduktion und mehr Sport raten, ohne aber die zugrundeliegende Erkrankung zu erkennen. Es ist deshalb kaum verwunderlich, wenn Betroffene eine Essstörung oder Depression entwickeln», so Dr. Wörle. Bei manchen Frauen mit Lipödem ist eine psychologische Behandlung zur Unterstützung deshalb sinnvoll.

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