Diagnose Lipödem – nicht bloss «dicke» Beine

Eine Fettverteilungsstörung mit schmerzhaften Symptomen

Lipödem Diagnose_Frau in Unterwäsche mit langen Haaren

Spoiler

  • Bei einem Lipödem vermehrt sich das Unterhautfettgewebe in den Gliedmassen. Die Folgen sind voluminöse Beine, Hüften, Gesäss und Arme, bei gleichbleibend schlankem Oberkörper.
  • Bevor die Diagnose Lipödem gestellt wird, quälen sich viele Frauen mit Diäten und Sport, um abzunehmen. Das funktioniert aber nur an Körperteilen, die nicht von der Fettverteilungsstörung betroffen sind. Im ungünstigsten Fall verstärkt sich dadurch sogar die disproportionale Körpersilhouette.

Die Krankheit Lipödem stellt für Betroffene sowohl eine körperliche als auch eine emotionale Herausforderung dar. Viele leben mit chronischen Schmerzen, haben Mühe, passende Kleidung zu finden, fühlen sich in ihrem Körper unwohl. Bis sie die Diagnose Lipödem erhalten, vergehen manchmal Jahre der Ungewissheit. Dabei wäre es gar nicht so schwierig, die Störung zu erkennen, betont Dermatologin Dr. Birgit Wörle, Expertin auf dem Gebiet Lipödem. Denn was ein Lipödem von Fettleibigkeit, einem Lymphödem oder anderen Erkrankungen mit ähnlichen Erscheinungsbildern unterscheidet, sind die Schmerzen. «Wenn keine Schmerzen vorliegen, ist es kein Lipödem», stellt die Ärztin klar.

War die Krankheit vor zehn Jahren in der Bevölkerung sowie bei vielen Hausärzten weitestgehend unbekannt, so hat sich in letzter Zeit einiges getan, auch durch Soziale Medien, wo Frauen auf die Problematik aufmerksam machen und sensibilisieren.

Schwere Gliedmassen, chronische Schmerzen

Die genauen Ursachen des Lipödems sind noch nicht vollständig geklärt. Es wird jedoch angenommen, dass hormonelle Veränderungen eine Rolle spielen, da das Lipödem oft während der Pubertät, der Schwangerschaft oder – seltener – der Menopause ausbricht. Zudem gibt es Hinweise auf eine genetische Disposition, da die Erkrankung in manchen Familien gehäuft auftritt. Typisch sind Druck- und Berührungsempfindlichkeit sowie immer wieder auftretende Spontanschmerzen. Im Laufe des Tages kann es zwischen den Fettzellen zu Wassereinlagerungen kommen, den sogenannten Ödemen, die auf das umliegende Gewebe drücken. Dies verursacht nach langem Sitzen oder Stehen ein Spannungsgefühl bis hin zu Berstungsschmerzen.

Die Stadien eines Lipödems

Die Erkrankung ist chronisch fortschreitend, entsprechend dem Schweregrad kann sie in verschiedene Stadien unterteilt werden. Im ersten Stadium ist die Hautoberfläche noch glatt, das Unterhautfettgewebe verdickt, aber noch weich und ohne Knoten. Das zweite Stadium zeichnet sich durch eine unebene Hautoberfläche und eine verdickte Unterhaut mit Knoten auf. Im dritten Stadium ist die Hautoberfläche sehr uneben. Die Unterhaut ist verhärtet und weist Fettwülste auf, die teilweise beim Gehen behindern. «Allerdings besteht kein Zusammenhang zwischen der Schmerzintensität und der Ausprägung des Fettgewebes. Das bedeutet, dass auch im ersten Stadium starke Schmerzen auftreten können», erklärt Dr. Wörle.

«Die psychische Belastung der Betroffenen ist in manchen Fällen jedoch fast stärker als die körperlichen Beschwerden», gibt die Dermatologin zu bedenken. «Die Frauen haben das Gefühl, schuld zu sein an ihrer Figur und Situation. Trotz Sport und einer Ernährungsumstellung nehmen sie an den Beinen und Armen nicht ab. Das frustriert.»

Diagnose Lipödem

Um die Diagnose Lipödem stellen zu können, analysiert die Ärztin oder der Arzt in einem ersten Schritt die Krankheitsgeschichte. Danach werden die betroffenen Körperteile begutachtet. Anders als bei Übergewicht konzentrieren sich die Fettansammlungen nur auf die Gliedmassen. Schliesslich wird die Haut abgetastet und ein Kneiftest durchgeführt: Handelt es sich um ein Lipödem, treten schon bei sanftem Druck Schmerzen auf.

Lipödem, Lipohypertrophie, Lymphödem: Wo liegt der Unterschied?

Ein entscheidendes Merkmal des Lipödems sind die Schmerzen. Dennoch wird, gerade in den Sozialen Medien, häufig auch der Begriff «Lipödem» verwendet, wenn es sich um seine schmerzfreie Variante handelt, die Lipohypertrophie. Das ist ebenfalls eine Fettverteilungsstörung, welche ästhetisch störend sein kann, aber keine Erkrankung ist.

Verwechselt wird das Lipödem oft auch mit dem Lymphödem: Während ersteres jedoch immer symmetrisch an beiden Gliedmassen auftritt, kann das Lymphödem auch nur auf einer Körperseite entstehen. Ursache sind beispielsweise Entzündungen, die das Lymphsystem überlasten. Es lagert sich Flüssigkeit im Gewebe ab und es kommt zu einer Schwellung. Die Störung kann nur eine kurze Zeit vorliegen, aber auch chronisch werden. Im Normalfall verspüren die Betroffenen bei Druck und Berührungen keine Schmerzen.

Viele Betroffene von Lipödem entwickeln, insbesondere wenn sie zusätzlich an Fettleibigkeit leiden, zusätzlich ein Lymphödem. Dagegen hilft eine manuelle Lymphdrainage.

Behandlungsmöglichkeiten

Die Therapie eines Lipödems richtet sich nach den Bedürfnissen der Betroffenen. Eine konsequente Gewichtskontrolle mit einer kohlenhydratreduzierten Ernährung hilft dabei, das Problem nicht weiter zu fördern. Ebenso eine Bewegungstherapie, wobei sich vor allem Wassersportarten wie Schwimmen oder Aquafit für die Patientinnen eignen. Das Tragen von Kompressionsstrumpfhosen und die Durchführung von regelmässigen manuellen Lymphdrainagen lindern die durch Wassereinlagerungen ausgelösten Schmerzen. «Viele Betroffene fühlen sich durch das tägliche Tragen von Kompressionswäsche enorm eingeschränkt. In diesen Fällen ist eine Fettabsaugung möglicherweise die bessere Therapiewahl», betont Dr. Wörle. Mithilfe der sogenannten vibrationsassistierten Liposuktion in Tumeszenz-Lokalanästhesie können bis zu 85 Prozent der Fettzellen behutsam abgetragen werden, ohne dass das Bindegewebe dabei verletzt wird. Eine Reduktion der Fettzellen führt bei vielen Frauen zu einer deutlichen Linderung der Schmerzen.

Eine eingehendere Besprechung der Behandlungsmethoden findest du hier.

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