Generika in der Schweiz

Akzeptanz, Fördermassnahmen und Umweltaspekte im Fokus

Generika in der Schweiz
Herr Schalch, wie würden Sie die aktuelle Akzeptanz von Generika in der Schweiz bewerten?

Mir ist es besonders wichtig, von Anfang an zwischen klassischen Generika und Biosimilars zu differenzieren. Während Generika chemisch-synthetische Medikamente darstellen , sind Biosimilars sogenannte Biopharmazeutika, also biotechnologisch hergestellte Arzneimittel, die unter Einsatz lebender Zellen produziert werden. Meiner Ansicht nach ist die Akzeptanz für Generika in der Schweiz recht hoch. Die Sensibilisierung für Kosteneinsparungen ist aufgrund der Pandemie und steigender Krankenversicherungsprämien gestiegen, was zu einem grösseren Verständnis und einer höheren Akzeptanz für Generika geführt hat. Die Menschen sind kostenbewusster und überlegen, wie sie zum Gesundheitswesen beitragen können. Bei Biosimilars sieht die Situation leider noch etwas anders aus. Skepsis ist bei vielen nach wie vor vorhanden, sowohl bei den Patienten als auch bei den Ärzten. Dies liegt daran, dass Biosimilars aufgrund der Arbeit mit lebenden Organismen niemals zu 100 Prozent identisch sein können. Die Swissmedic und das Bundesamt für Gesundheit (BAG) haben neu am 1. Januar 2024 bestätigt, dass Biosimilars völlig austauschbar mit dem Original sind. Deshalb hoffen wir also auch auf einen baldigen positiven Wandel in Richtung grösserer Akzeptanz.

Gibt es sonst noch Massnahmen, die ergriffen werden, um den Kauf von Generika in der Schweiz zu stärken? 

Ja, das BAG hat beschlossen ab dem 1. Januar 2024 die Eigenbeteiligung für Originalpräparate zu verdoppeln. Ab sofort bedeutet die Entscheidung für das teurere Originalprodukt trotz verfügbarer preisgünstigerer Generika eine Erhöhung des Selbstbehalts von 20 auf 40 Prozent.

Und welche Rolle spielen Ärzte und Apotheker bei diesen Massnahmen?

Seit Anfang 2024 sind Ärztinnen und Ärzte dazu verpflichtet, bei der Abgabe von Medikamenten aktiv über verfügbare Generika aufzuklären. Die medizinische Fachperson muss die Patientin oder den Patienten also aktiv darauf hinweisen, dass es eine kostengünstigere Alternative gibt, und diese im Idealfall auch empfehlen. In Bezug auf Biosimilars braucht es, wie bereits erwähnt, noch etwas Zeit, aber meiner Meinung nach befinden wir uns auch in diesem Bereich auf einem vielversprechenden Weg.

Wie erschwert die momentane Versorgungsproblematik genau die Förderung von Generika?

Das Dilemma liegt darin, dass insbesondere bei älteren und sehr kostengünstigen Generika Versorgungsengpässe auftreten. Die eigentliche Ursache dafür liegt im globalen Preisdruck auf Generika. Die Industrie hat darauf reagiert, indem sie entweder solche Medikamente nicht mehr anbietet, weil sie nicht länger rentabel sind, oder indem sie die Kosten auf extreme Weise optimieren. Einfach ausgedrückt: Die Produktion solcher Generika wurde in Billigstländer wie China und Indien verlagert. Ausserdem ist es zu einer umfassenden Konsolidierung gekommen, so dass heute eine Mehrheit der günstigen Medikament nur noch von einer Handvoll Hersteller produziert werden. Infolgedessen kann von einer nachhaltigen Versorgung leider nicht mehr die Rede sein. Es genügt beispielsweise eine Pandemie oder eine drastische Zunahme der Nachfrage nach einem bestimmten Arzneimittel, und schon sind diese Medikamente nicht mehr verfügbar. Als Verband setzen wir uns nun ein, in Zusammenarbeit mit dem Bundesamt für Gesundheit und dem Eidgenössische Departement des Innern (EDI) den Trend zu immer niedrigeren Preisen zu stoppen und wenn möglich einen minimalen Preis für ein Medikament zu finden unter welchen der Preis nicht rutschen darf. Das Ziel dieser Massnahme ist es die Problematik der Versorgungsengpässe zu mildern. Letztendlich muss eine Balance gefunden werden. Es ist schlicht und einfach nicht möglich, Generika zu fördern, wenn die Preise ständig weiter gesenkt werden und die Medikamente dann plötzlich nicht mehr verfügbar sind.

Können Sie etwas mehr auf die Produktionsverlagerung nach Asien eingehen? Welche Auswirkungen hat sie die Umwelt?

Die Auseinandersetzung mit Umweltauswirkungen und Umweltbelastung im Zusammenhang mit der weltweiten Produktion von Arzneimitteln ist sehr relevant. In der Schweiz wurden Umweltschutzauflagen für Medikamentenhersteller eingeführt. In Europa gelten ähnliche Standards. Die eigentliche Herausforderung liegt jedoch in Asien, wo die Rahmenbedingungen und Vorgaben weniger streng sind und die Produktion dadurch kostengünstiger ist. Wenn wir es schaffen würden, die Produktion nach Europa zurückzuholen, dann wäre schon vieles für die Verringerung der Umweltbelastung getan und es könnte gleichzeitig die Resilienz der Versorgungskette für lebenswichtige Arzneimittel verbessert werden. Eine Produktion in Europa für Europa. Aber dafür wird international immer noch nach Lösungen gesucht und die Schweiz tut gut daran, sich an diesen Gesprächen zu beteiligen. Es muss ein wirtschaftlicher Anreiz geschaffen werden, damit Hersteller motiviert sind, in Europa zu produzieren. Eine Idee wäre, Medikamentenherstellern ein Label zu gewähren, wenn sie nachweisen können, dass sie ausreichend Produktionskapazitäten in Europa haben und die Medikamente hier produzieren würden. Dieses Label könnte ihnen dann das Recht auf einen höheren Preis für das Medikament einräumen. Ohne solche Anreize scheint die Chance, die Produktion zurück nach Europa zu holen, aber eher gering.

Vielen Dank für das Gespräch.
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