«Die Seele muss eben auch ankommen»

Beatrice Egli über Leidenschaft, Ruhephasen und ihre neue Energie

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Frau Egli, in der Boulevardpresse wird immer wieder über Ihr Privatleben und Ihre Figur spekuliert. Wie gehen Sie damit um?

Am Anfang war das schon sehr verwirrend. Ich dachte: Das sind doch alles Äusserlichkeiten, darum geht es doch gar nicht. Inzwischen habe ich da mehr Abstand. Mein Fokus liegt ganz klar woanders. Zum Glück gibt es viele Menschen, die das genauso sehen. Sie wollen über das wirklich Wichtige sprechen, über das Innere. Genau das möchte ich mit meiner Musik auch.

Ihr Sieg bei DSDS 2013 hat Sie über Nacht bekannt gemacht. Wie haben Sie Ihren Durchbruch erlebt?

Ich habe mich absolut gefreut! Vieles habe ich aber auch gar nicht realisiert. Im Nachhinein war ich wie in einem Fluss, in dem ich mich treiben lassen habe. Oft konnte ich die Landschaft am Ufer gar nicht richtig sehen. Heute ist es mir viel bewusster, wo ich bin, und kann bestimmen, wo ich hinwill. Das habe ich aber auch erst während meiner Auszeit in Australien gelernt.

Wie kam es zu dieser Auszeit?

Ich bin mit meiner ganzen Leidenschaft in der Musik aufgegangen. Das war sehr intensiv, ich habe es immer mehr zu spüren bekommen. Am Ende stand ich mit 40 Grad Fieber auf der Bühne und war physisch völlig am Ende. Wenn der Körper an diesem Punkt angelangt ist, steckt wie bei so vielen Krankheiten die Seele dahinter. Ich hatte mich vergessen, hatte meine Balance verloren. In diesem Moment habe ich gemerkt: Ich brauche eine Auszeit.

Und warum ausgerechnet in Australien?

Mein Opa hat mir früher davon erzählt, das hat mich immer begeistert. Ich wusste: Da wirst du irgendwann mal hinfahren! Schon allein die Distanz ist beeindruckend. Viel weiter weg geht es ja nicht. Aber diese Distanz schafft zugleich auch Nähe zu dem, was man zurückgelassen hat.

Wie haben Sie denn die Zeit in Australien verbracht?

Die Reise fing in Brisbane an, dann ging es mit dem Wohnwagen nach Melbourne. Dort habe ich auf einer kleinen Halbinsel drei Wochen lang ganz beschaulich gelebt: einkaufen, kochen, mit den Nachbarn plaudern. Zwischendurch habe ich immer wieder Ausflüge ins Landesinnere gemacht, natürlich auch zum Uluru, wie Ayers Rock in der Sprache der Aborigines genannt wird.

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Wie hat Sie diese Auszeit verändert?

Es sind ganz viele kleine Dinge, die den Unterschied machen. Ich halte mir einen Tag in der Woche frei, achte auf Pausen und regelmässige Essenszeiten. Da werde ich manchmal auch sehr streng, weil Ausnahmen schnell zur Regel werden. Und ich möchte meine innere Balance auf keinen Fall wieder verlieren.

Ganz konnten Sie es aber doch nicht lassen: In Australien haben Sie ein Album aufgenommen.

Ja, es musste einfach aus mir raus! Mir fehlte die Musik, auch wenn ich noch nicht wieder soweit war, dass ich mich nach der Bühne sehnte. Gerade weil kein neues Album angekündigt war und es keine Erwartungen gab, spürte ich keinen Druck. Da sprudelte die Kreativität förmlich über. Wir haben das Kinderzimmer der Wohnung in Melbourne zum Studio umgebaut und schon ging es los.

Sie sind fest im Schlager verwurzelt. Wie haben Sie zu dieser Musik gefunden?

Meine Familie ist sehr schlageraffin. Ich höre Schlager, seit ich denken kann. Als ich neun Jahre alt war, habe ich zum ersten Mal Musik gemacht und bin mit einem Freund der Familie aufgetreten. Seitdem macht es mir unglaublich viel Spass, wenn alle mitsingen und einfach einen schönen Moment teilen.

Die ewige Frage: Andrea Berg oder Helene Fischer?

Ich mag beide sehr – Ihre Musik lässt sich nicht vergleichen, dafür ist sie zu verschieden. Überhaupt ist Schlager total vielseitig. Sehr beeindruckt hat mich immer Vicky Leandros. Mary Roos ist heute eine wichtige Person in meinem Alltag, mit ihr kann ich mich über die Musik, aber auch das Leben ganz allgemein austauschen. Ihr Lied «Aufrecht geh’n» bedeutet mir sehr viel. Die Tiefsinnigkeit habe ich erst später erkannt.

Wie unterscheidet sich Ihr aktuelles Album «Natürlich!» von den vorherigen Alben?

Es zeigt eine andere Facette von mir und ist vielleicht noch näher an mir und meinen Gefühlen dran. Musikalisch ist es etwas gewagt. Da gibt es Rhythmen und Instrumente wie etwa das Didgeridoo, die so noch nie im Schlager verwendet wurden.

Sie sind nicht nur als Sängerin, sondern auch als Moderatorin, Schauspielerin und Synchronsprecherin aktiv und auf Jahre ausgebucht. Woher nehmen Sie die Energie für Ihren vollen Terminkalender?

Es ist es sehr beruhigend zu wissen, dass ich so lange beschäftigt bin. Das ist ja nicht selbstverständlich in unserer schnelllebigen Zeit. Es erfordert aber auch eine Menge Ausdauer, über lange Strecken belastbar zu bleiben. Wie alle Menschen habe ich auch Tage, die mehr als andere an den Kräften zehren. Deshalb sind mir Momente der Besinnung, Ruhepausen und Sport sehr wichtig. Ich bin dann in der Natur, wandere gern oder fahre Rad.

Wie anstrengend sind Konzerte für Sie?

Überhaupt nicht! Auftritte geben mir mehr, als sie mir abverlangen. Aber das Reisen ist anstrengend. An manchen Tagen bin ich in vier Städten. Da erwische ich mich auch mal dabei, dass ich mich frage: Wo bin ich gerade überhaupt? Die Seele muss eben auch ankommen.

Eine andere Herausforderung ist der Schlaf.

Wie meinen Sie das?

Das ist ein Problem, mit dem sich viele Kollegen abmühen: Unterwegs kommt der Schlaf oft zu kurz, weil die Nächte durch die Reisen kurz sind. Das lässt sich leider nicht immer gut planen. Ich habe da eigentlich Glück. Ich bin wie ein kleiner Koala: Ich kann immer und überall schlafen. Aber die kleinen Nickerchen geben mir nicht zurück, was nachts fehlt.

Hier und da wäre zwar eine Stunde mehr drin, aber auf Tour sind wir im Team wie eine eingeschworene musikalische Familie. Da reisen wir alle gemeinsam an und natürlich bin ich auch beim Soundcheck dabei. Also bekomme ich genauso viel – oder wenig – Schlaf wie das ganze Team.

Ihre Karriere ist ungebrochen erfolgreich. Worauf sind Sie besonders stolz?

Es gibt viele schöne Momente, aber am meisten bedeutet mir, dass ich es geschafft habe, wieder aufzustehen, als ich am Tiefpunkt war.

 Und wie geht es weiter?

Das Leben bleibt ein Abenteuer – und ich bin bereit für neue Herausforderungen. Ich wünsche mir nur eins: dass ich noch lange das machen kann, was mich glücklich macht.

In Ihrer aktuellen Single «Terra Australia» singen Sie: «Irgendwann bleib ich für immer da.» Werden Sie auswandern?

Das kann passieren! Australien ist einfach wunderbar. Vielleicht werde ich noch einmal später für längere Zeit oder im Herbst meines Lebens dorthin reisen. Jetzt im Moment sicher nicht, aber für die Zukunft ist das nicht ausgeschlossen.

Vielen Dank für das Gespräch.
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