Studie weist Ursache für Gehirnnebel bei Long Covid nach

Gehirnnebel:Pferde, die in der frühen Morgenstunde durch den Nebel streifen, bieten ein visuelles Gleichnis für 'Gehirnnebel', ein häufiges Symptom von Long Covid, das die Klarheit des Denkens trübt.

Schuld am Gehirnnebel sei eine Störung des Blutversorgungssystems im Gehirn berichtet die Gruppe in einer kürzlich im Fachmagazin «Nature Neuroscience» veröffentlichten Studie. Durch die Infektion mit dem Virus würden die Blutgefässe durchlässiger werden und das Gehirn somit schlechter vor Giften, Krankheitserregern und anderen Substanzen schützen.

«Zum ersten Mal konnten wir zeigen, dass undichte Blutgefässe im menschlichen Gehirn zusammen mit einem hyperaktiven Immunsystem die Hauptursache für Gehirnnebel bei Long Covid sein könnten», erklärte Matthew Campbell vom Trinity College Dublin, einer der Hauptautoren der Studie.

Dem Gehirnnebel auf der Spur

Bereits 2020 begannen er und sein Team damit, Blutproben von 76 Covid-Patientinnen und -Patienten zu untersuchen, die von Gehirnnebel betroffen waren. Dabei stellte sich heraus, dass die Werte des Proteins S100-Beta erhöht waren. Dieses Protein ist unter anderem ein Hinweis auf eine gestörte Blut-Hirn-Schranke.

Was ist die Blut-Hirn-Schranke?

Bei der Blut-Hirn-Schranke handelt es sich um eine Barriere zwischen dem Blut und dem zentralen Nervensystem, dem Gehirn. Die Schranke besteht aus Zellen, die an der Gefässwand aufliegen und nur ausgewählte Stoffe ins Gehirn lassen. So schützt sie das Gehirn vor Giften oder Krankheitserregern. Andere Stoffe, wie zum Beispiel Glukose (Traubenzucker), werden durch spezielle Kanäle verstärkt ins Gehirn gebracht. 

Die Blut-Hirn-Schranke hält die Flüssigkeit im Gehirn konstant, versorgt es mit Nährstoffen und entfernt Abbauprodukte. Die Schranke wird bei Fieber, durch manche Bakteriengifte, bei einigen Hirntumoren oder bei Sauerstoffmangel durchlässiger.

Auf MRT erkennbar

Dass mit der Blut-Hirn-Schranke etwas nicht in Ordnung war, liess sich auch mittels bildgebender Verfahren zeigen. Möglich war dies dank einer speziellen Art der Magnetresonanztomografie (MRT), bei der die Fliesseigenschaften eines Kontrastmittels untersucht wurden. Es hat hat sich gezeigt, dass bei Betroffenen von Gehirnnebel mehr Kontrastmittel in das Hirngewebe ausserhalb der Blutkapillaren gelangt. Bei Personen mit Long Covid aber ohne Gehirnnebel war dies nicht der Fall.

Nicht nur für Long-Covid-Forschung relevant

Die Forschenden vermuten, dass Covid nicht die einzige Virusinfektion ist, welche das Gehirn schädigt. Bereits seit einigen Jahren deuten Studien darauf hin, dass Virusinfektionen die Auslöser für neurologische Erkrankungen wie beispielsweise Multiple Sklerose (MS) sein könnten. Die irischen Studienautoren wollen nun genauer untersuchen, welche Rolle die Blut-Hirn-Schranke dabei spielt, und erhoffen sich weitere wichtige Erkenntnisse zu postviralen neurologischen Krankheiten.

Die Studie ist nicht nur ein wichtiger Schritt für die Long-Covid-Forschung, sondern auch für die Betroffenen selbst: Sie haben nun den Beweis, dass es sich beim Gehirnnebel nicht bloss um eine Einbildung handelt.

Long Covid

Das Long-Covid-Syndrom (oder auch Post-Covid-Syndrom) kann nach einer Ansteckung mit dem SARS-CoV-2-Virus entstehen. Nicht jede Person, die sich mit Covid-19 infiziert, entwickelt auch Long Covid.

Die Symptome sind sehr unterschiedlich. Zu den häufigsten Beschwerden gehören starke Erschöpfung (Fatigue) und geringe Belastungstoleranz. Neben Gehirnnebel können auch Muskelschmerzen, Kurzatmigkeit, Schlafstörungen oder psychische Probleme wie Ängstlichkeit oder Depressionen auftreten.

Eine gezielte Therapie für an Long Covid Erkrankte gibt es bislang noch nicht. Die aktuelle Behandlungsstrategie richtet sich nach den individuellen Symptomen.

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