«Es ist toll, Menschen happy zu machen»

Wendy Holdener über ihr Training, das Klima und das Glück, Fans zu haben

Wendy Holdener
Wie geht es dir nach deinem Unfall inzwischen?

Ganz gut. Die Heilung verläuft nach Plan. Weil meine Arme viel Ruhe brauchten, habe ich in den letzten Wochen intensiv die Beine trainiert. Ich habe sicherlich einen Trainingsrückstand, aber körperlich ist der auf die Arme beschränkt. Ich freue mich auf die Rennen.

Bist du vor Rennen sehr aufgeregt?

Ich bin jemand, der schon in Stress geraten kann. Aber eine gewisse Nervosität, all die Zuschauer – das hilft mir auch, um meine Bestleistung zu bringen. Wenn ich sehr nervös bin, versuche ich, alles etwas ruhiger und langsamer anzugehen. Ich mag es, wenn Zuschauer da sind und mitfiebern. Im letzten Jahr haben die mir gefehlt.

Deine Zuschauer sind eine Hilfe?

Total. Wegen Corona stand im letzten Jahr manchmal niemand am Ziel und jubelte. Das hat ein abrupten Energieabfall bei der Einfahrt ausgelöst. Ich schätze es sehr, dass viele Fans, vor allem auch Kinder, mich so unterstützen und bewundern. Für Kinder, die selbst auf den Skiern stehen, sehe ich mich als Vorbild. Es ist toll, Menschen mit meinem Sport happy zu machen.

Dein Training ist unglaublich intensiv. Was hilft dir, wenn es mal zu viel war?

Ich benutze gern pflanzliche Salben gegen Muskelschmerzen. Wärme- und Kälteanwendungen tun mir gut und dazu stretche ich viel und mache Pilates. Und gönne mir Ruhe. Bei Spieleabenden mit Freunden kann ich am allerbesten abschalten.

Was war die beste Entscheidung deiner Sportlerkarriere?

Es stand mal zur Debatte, meine Schulter operieren zu lassen, wegen Luxationsgefahr. Nach langem Überlegen habe ich mich dagegen entschieden und stattdessen die Schulter muskulär aufgebaut. Heute bin ich richtig froh darüber.

Auf Bildern sieht man dich oft mit Surfbrett.

Ja, ich liebe Wassersport. Ich bin gern in der Natur und am liebsten im Wasser. Surfen ist komplex. Das mögen wir Sportler: Man kann sich immer verbessern. Und Surfen ähnelt dem Skifahren. Wenn der Schwung gut funktioniert, ist das ein richtig cooles Gefühl.

Wenn du freie Wahl hättest, wo würdest du gern leben?

Ich weiss nicht, ob ich genug von der Welt gesehen habe, um mich entscheiden zu können. Mir kommt es darauf an, mit welchen Menschen ich zusammen bin. Da meine Familie und Freunde hier leben, ist es im Moment die Schweiz. Ansonsten gern irgendwo am Meer.

Du bist als Partnerin in ein Unternehmen eingestiegen, das Nahrungsergänzungsmittel für Athleten herstellt. Interessiert dich Ernährung?

Absolut. Ich erforsche noch, was ich zu mir nehmen soll, um mich richtig gut zu fühlen und die beste Leistung zu bringen. Zum Beispiel habe ich herausgefunden, wie wichtig es ist, viel Wasser zu trinken, dass Kamillentee mir abends hilft, herunterzufahren und eine Banane während dem Training gut ist. Als Partnerin bei Nutriathletic einzusteigen, war eine super Gelegenheit.

 Auch mit Blick auf die Zeit nach deiner Sportkarriere?

Für die Zeit gibt es vieles, was mir gefallen würden. Etwa, ein Geschäft zu eröffnen, oder ein Café, vielleicht gemeinsam mit einer Freundin. Eine andere Idee ist, junge Athleten zu betreuen und zu begleiten.

Du hast schon als Kind geplant, Profi zu werden. Wie haben deine Eltern reagiert?

Wo ich aufgewachsen bin, steht man früh auf Skiern. Ich habe zwei ältere Brüder und wollte möglichst schnell so gut fahren wie sie. Den Traum, Profi zu werden, habe ich mit sieben oder acht verkündet. Meine Eltern haben uns immer unterstützt, wo sie konnten.

Dein Bruder ist heute dein Manager. Klappt das gut?

Ja. Es ist schön, weil ich ihm absolut vertrauen kann und weiss, dass er das Beste für mich will.

Merkst du auf dem Berg etwas von der Klimaveränderung?

Beim Sommertraining bin ich ab 4.30 Uhr auf dem Gletscher. Zumindest in diesem Jahr hat es unten viel geregnet und war kalt. Auf 3500 Metern gab es da immer wieder frischen Schnee und der Gletscher ist nach meinem Gefühl etwas weniger geschmolzen. Generell habe ich das Gefühl, dass die Winter später kommen und länger bleiben.

Skisport gilt nicht gerade als umweltfreundlich. Beschäftigt dich das?

Ich achte darauf, so zu leben, dass ich nicht viel Abfall produziere, Strom spare und recycle. Ich habe einmal Werbung gemacht für erneuerbare Energien. Da bin ich sehr kritisiert worden, weil ich nicht den entsprechend nachhaltigen Beruf ausübe. Ich bin mir meiner Verantwortung sehr bewusst und versuche zu vermitteln, dass jeder einzelne persönlich etwas tun kann.

Hast du Tipps, worauf jeder achten kann, wenn er Skifahren geht?

Ein Problem für die Umwelt sind die Anfahrten in die Berge. Deshalb könnte man darauf achten, ein Auto zu füllen und nicht einzeln zu fahren. Und eher die Skigebiete in der Nähe nutzen.

Vielen Dank für das Gespräch!
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