Nino Schurter – bergauf bis zur Weltspitze

Der Mountainbiker über Leistung, Entwicklung und die Zukunft des Bikens

Nino Schurter
Nino, welchen Stellenwert hat das Thema Gesundheit ganz generell für dich?

Im Profisport ist Gesundheit das absolut wichtigste, schon allein deshalb ist sie enorm wichtig in meinem Leben. Gesundheit hat aber ganz generell einen grossen Einfluss. Wenn man sich gut darum kümmert und darauf achtet, ermöglicht einem das in vielen Situationen ein schönes und unbeschwertes Leben.

Was treibt dich immer noch an, an deiner Leistung zu arbeiten? Bist du noch nie an den Punkt gekommen, an dem du dir sagst: Jetzt reicht’s?

Ich habe immer noch extrem viel Freude am Biken und daran, mich mit anderen auf einem hohen Niveau zu messen. Natürlich habe ich auch ab und zu Momente, in denen ich nicht super motiviert bin. Das gehört dazu und ist ganz normal. Und trotzdem macht es mir noch viel zu viel Spass auf dem Bike zu sitzen und an mir zu arbeiten, als dass ich aufhören würde. Ich habe auch das Gefühl, dass ich das Potenzial habe, mit meiner Konkurrenz mithalten zu können und Rennen zu gewinnen. Das ist kein unwesentlicher Faktor im Spitzensport, wenn das fehlt, fehlt auch der Antrieb. Bei mir ist der noch da, ich mache nicht bei einem Rennen mit, um auf dem zehnten Platz zu landen, also mache ich auf jeden Fall weiter.

Wie hast du dich in den letzten Jahren verändert? Sportlich wie auch persönlich? Was kannst du heute besser?

Es hat Zeiten gegeben, in denen der Sport das allerwichtigste in meinem Leben war, auf allen Ebenen. Inzwischen habe ich meine eigene Familie, meine Frau und meine Tochter. Mit ihnen ist ein wahnsinnig wichtiger Teil in meinem Leben dazu gekommen, der mich und auch meine Prioritäten über die Jahre verändert hat. Biken ist mir sehr wichtig, aber es gibt eben auch noch anderes. Ich bin in den letzten Jahren auch sehr viel ruhiger geworden. Oft stand ich unter hohem Druck, den ich mir zum einen sicher selbst gemacht habe. Zum anderen kam er auch von aussen. Dadurch, dass ich aber schon viel in meinem Sport erreichen konnte, ist dieser Erwartungsdruck kleiner geworden. Vor allem seit Olympia bin ich deshalb sehr viel ruhiger geworden.

Du fährst professionell Cross-Country, in deiner Freizeit aber viel Enduro, was macht dir mehr Spass?

Mir macht Velofahren einfach sehr viel Spass! Da spielt es für mich fast keine Rolle, ob es Cross-Country, Enduro, Downhill oder Rennvelo ist. Ich finde auch, dass man das gar nicht immer so genau kategorisieren kann und muss. Wenn ich auf einer Strecke merke, dass mir doch mehr nach etwas anderem ist, warum sollte ich das dann nicht einfach machen? Nur weil es anders heisst? Ich fahre zum Beispiel auch sehr gerne bergauf und nutze kaum Bergbahnen. Wir leben in der Schweiz in einer Landschaft, die so viel Abwechslung bietet, da bringt es doch am meisten Spass, alle Möglichkeiten auszunutzen.

Welche Wünsche hast du ans Bike-Land Schweiz?

So viele Menschen fürs Biken zu begeistern, wie es geht! Ganz besonders fände ich es toll, noch mehr Möglichkeiten für Kinder zu schaffen, ihnen den Spass an der Bewegung und der frischen Luft zu vermitteln. Und ein ganz grundsätzlicher Punkt, an dem wir arbeiten müssen, ist einer Meinung nach, der respektvolle Umgang auf den Trails. Oft werden die Strecken von Wanderern und Bikern gemeinsam genutzt, da sollte man auch gegenseitig aufeinander achten und dafür sorgen, dass sich jeder in seiner eigenen Disziplin wohl und sicher fühlt. Am Ende wollen wir dasselbe: Freude in der Natur und mit der Bewegung haben.

Welche grossen Veränderungen und Trends wird der Bike-Sport in den nächsten fünf Jahren sehen?

Der Sport ist in den letzten Jahren schwer am Boomen, es werden sicher noch mehr Leute auf die Trails kommen. Das liegt zum einen daran, dass mehr Aufmerksamkeit auf dem Sport liegt und die Infrastruktur entsprechend geschaffen wird, aber auch an der technischen Entwicklung. Es gibt mehr und mehr Bikes, die für jedermann geeignet sind. Man wird zukünftig noch häufiger E-Bikes sehen. Die Technik hat sich verbessert, die Bikes sind leichter geworden und ihre Reichweite grösser. Das kann auch dazu führen, dass Bergbahnen weniger von Bikern genutzt werden. Das wird sicherlich spürbar sein in den nächsten Jahren. Ich finde diese Entwicklung toll. Es ist schön, wenn es immer wieder Neues gibt, Entwicklung kann eine Sportart nur voranbringen!

Vielen Dank für das Gespräch!

Frühstarter Nino

Nino Schurter wuchs in einem kleinen Bündner Bergdorf auf und verbrachte bereits als Kind und Jugendlicher seine Freizeit auf zwei Rädern in der Natur. Damals war er gemeinsam mit seinem Vater und seinen Geschwistern unterwegs. Heute lebt er mit seiner Frau in Chur und bringt seiner Tochter das Biken bei. Mit der gleichen Perfektion wie er sein Bike bewegt, macht Nino sich übrigens auch seinen Kaffee.

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