Eine Schwangerschaft verändert das Gehirn der Mutter

Gehirn Schwangerschaft_Paar hält Babbybauch

Schon lange ist bekannt, dass sich der Körper werdender Mütter während der Schwangerschaft auf die kommenden Lebensumstellungen vorbereitet. Beispielsweise setzt die Milchproduktion bereits vor der Geburt ein.  Auch das Verhalten ist betroffen: Weibchen verschiedener Spezies zeigen ein erhöhtes Interesse am Nestbau und eine gesteigerte Wachsamkeit bis hin zur erhöhten Aggressivität.

Laut einer Studie, die unlängst in der Fachzeitschrift «Sciene» veröffentlicht wurde, beeinflussen Schwangerschaftshormone ein kleines Areal im Gehirn von trächtigen Mäusen so stark, dass es zu einer teilweise permanenten Neuverdrahtung von Neuronen kommt. 

Doch nicht nur Mäuse sollen von diesem Umbau betroffen sein: Die Forschenden gehen davon aus, dass eine Schwangerschaft auch das Gehirn einer menschlichen Mutter verändert.

Schwangerschaft und das Gehirn der Mutter: eine bleibende Verbindung

Verantwortlich für die Verhaltensänderung sind nach den Erkenntnissen der Studie die Hormone Östrogen und Progesteron. Sie wirken während der Schwangerschaft auf ein kleines Areal von Nervenzellen im Gehirn, bekannt als Area praeoptica medialis oder MPOA.

Aus früheren Studien weiss man, dass der MPOA einen bedeutenden Einfluss auf die Elternschaft hat. Wird diese Zellgruppe hormonell stimuliert, löst sie sogar elterliches Verhalten bei Tieren aus, die keinen Nachwuchs haben oder erwarten.

Östrogen drosselt die Aktivität der mütterlichen Neuronen und macht sie empfindlicher. Progesteron dagegen fördert die Kommunikation zwischen den Neuronen an neuen Punkten. Diese Neuzuordnung der neuronalen Verbindungen bewirkt, dass Mütter sensibler und selektiver auf ihren Nachwuchs reagieren.

Die Studienautoren veränderten die MPOA-Neuronen der Mäuse so, dass sie gegenüber Hormonen unempfindlich wurden. Und tatsächlich zeigten diese Mäuse weder während der Schwangerschaft noch nach der Geburt mütterliches Verhalten.

Kritische Phase in der späten Schwangerschaft

Die Forschenden vermuten, dass die Veränderungen im Gehirn der Mutter hauptsächlich während der späten Schwangerschaft auftreten. Die Schwangerschaftshormone bewirken eine Neuordnung der Prioritäten, wobei das Überleben des Nachwuchses für die Muttermaus an oberster Stelle steht. 

Lange nahm man an, dass mütterliches Verhalten durch eine Hormonausschüttung während der Geburt eingeleitet wird. Diese These wurde allerdings inzwischen widerlegt. Denn auch Ratten, die per Kaiserschnitt entbunden haben oder jungfräuliche Mäuse, die mit Schwangerschaftshormonen behandelt wurden, zeigten mütterliches Verhalten. Für die entsprechenden Verhaltensänderungen ist demnach keine natürliche Geburt oder Kontakt mit Jungtieren notwendig.

Bei Mäusen, die im Schnitt 19 bis 20 Tage trächtig sind, nahm der Umbauprozess schrittweise im Laufe der Schwangerschaft zu und erreichte an Tag 18 seinen Höhepunkt. Die Dauer der Veränderungen im Gehirn kann variieren. Manche Effekte halten bis mindestens einen Monat nach der Geburt an. Andere Umbauten sind offenbar permanent. 

Und der Mensch?

Die Forschenden gehen davon aus, dass sich die Studienergebnisse auch auf das menschliche Gehirn übertragen lassen. Eine natürliche Unempfindlichkeit von MPOA-Neuronen gegenüber Östrogen und Progesteron könnte möglicherweise erklären, warum es manchen Müttern schwerfällt, sich in ihre neue Rolle einzufinden. Um diese Hypothese zu bestätigen, ist jedoch weitere Forschung erforderlich.

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