Zahnpasta mit Fluorid: gesund oder gefährlich?

So geht Kariesschutz ohne Gesundheitsgefahr

Zahnpasta_Fluorid

Spoiler

  • Fluorid schadet dem Körper nur in Überdosen.
  • Kinderzähne brauchen nur wenig, aber dafür spezielle Zahnpasta.
  • Fluoridaufnahme durch Zahnpasta und Speisesalz ist empfehlenswert.
  • Vermehrte Fluoridzufuhr sollte nur nach ärztlicher Absprache erfolgen.

Steckt der Teufel nicht im Detail, sondern in der Zahnpastatube? Aktuelle Marketingkampagnen jedenfalls bringen Verbraucher ins Grübeln. Denn neuerdings werben Hersteller für Zahnpasta ohne Fluorid. Da fluoridieren ganze Länder ihr Trinkwasser, Kinder nehmen jahrelang brav ihre Fluoridtabletten – alles falsch?

Fluorid: alles eine Frage der Dosis

Professor Dr. Sebastian Paris klärt auf: «Fluorid ist ein Salz, das in der Natur überall vorkommt. Vor circa 100 Jahren stellte man fest, dass Menschen in Gegenden mit besonders fluoridhaltigem Trinkwasser nur wenig Karies hatten.» Dafür aber oft weisse Flecken auf den Zähnen: «Ein Zeichen für Fluorose, sie entsteht bei einer übermässigen Aufnahme von Fluorid.»

Das tägliche Zähneputzen mit fluoridhaltiger Zahncreme aber birgt keine Gefahr: «Dazu ist das Fluorid in Zahnpasta zu gering dosiert.» Eine tägliche Aufnahme von 0,05 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht gilt als unbedenklich, das heisst eine 60-Kilo schwere Person steckt drei mg Fluorid täglich locker weg. Und ist damit meilenweit entfernt von einer anderen Folge von zu viel Fluorid, der sogenannten Knochenfluorose. Die ist nämlich erst möglich, wenn ein Mensch täglich etwa 19 bis 25 mg Fluorid aufnimmt, und das über einen Zeitraum von etwa 10 Jahren.

Entspannt euch

Entwarnung also, und noch mehr als das: «Fluorid hat wesentlich dazu beigetragen, dass Karies bei Kindern und Jugendlichen in den letzten 30 Jahren stark zurückgegangen ist», berichtet Prof. Paris.

Aber was macht Fluorid mit den Zähnen? «Es lagert sich in den Zahnschmelz und das Dentin ein und bewirkt dadurch, dass die Zahnmineralien weniger anfällig gegen Kariessäuren sind. Fluoridzahnpasta schützt also vor Karies und stärkt die Zahnsubstanz, vor allem auch bei Kindern. Es sollten nur ein paar Grundregeln beachtet werden.»

Erbse, Reiskorn, Kinderzähne

Die wichtigste Regel bei Kindern: Kinderzahnpasta verwenden. «Ab dem ersten Milchzahn sollten Eltern ihren Kindern zweimal täglich mit einer fluoridhaltigen Kinderzahnpaste die Zähne putzen», rät Prof. Paris. «Je nachdem, wie viel Fluorid enthalten ist, reicht wenig Zahnpasta. Bei 500 ppm – das heisst parts per million – ist das etwa eine erbsengrosse Menge, bei 1000 ppm so viel wie ein Reiskorn. Ab dem zweiten Geburtstag sollten Kinder zweimal täglich mit Zahnpasta mit 1000 ppm Fluorid putzen und ab dem sechsten Geburtstag dann mit Zahnpasta mit etwa 1500 ppm Fluorid.»

Und was ist mit Fluorid-Tabletten? «In manchen Fällen ist das sinnvoll, man sollte das aber mit dem Zahn- oder mit dem Kinderarzt absprechen. Wichtig ist, dass Kinder die Tabletten lutschen und nicht sofort schlucken.»

Zahnpasta mit Fluorid muss sein

Fluorid als Teufel in Tuben abzuwerten, davon hält Prof. Paris nichts: «Manche Hersteller spielen bewusst mit der Verunsicherung der Patienten beim Thema Fluoride. So enthalten einige Zahnpasten kein Fluorid, weil dieses bereits in der Tube mit anderen Bestandteilen, wie beispielsweise Hydroxylapatit reagieren würde und daher unwirksam wäre. Die Hersteller verkaufen die Fluoridfreiheit als etwas Besonderes und stellen ihre fluoridfreien Zahnpasten als ähnlich wirksam, wie Fluoridzahnpasta dar. Hierfür fehlt jedoch der Nachweis in klinischen Studien, sodass fast alle Experten diese Marketingstrategie äusserst kritisch bewerten.»

Auch fluoridhaltiges Mundwasser allein kann’s aus seiner Sicht nicht sein: «Ein wirksamer Schutz gegen Karies braucht auf jeden Fall die mechanische Reinigung mit Zahnpasta und Zahnbürste.» Und wann ist eine Fluoridierung beim Zahnarzt angesagt? «Sie ist besonders in Risikosituationen oder bei Risikopatienten empfehlenswert, etwa wenn ein älterer oder kranker Patient sich nicht selbst die Zähne putzen kann.» Ansonsten gilt: «Zweimal täglich die Zähne mit einer fluoridhaltigen Zahnpasta putzen und fluoridhaltiges Speisesalz verwenden.»

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