Spoiler
- Die Hauptursachen für Zahnverlust sind auch heute noch Karies und Parodontitis.
- Man unterscheidet zwei Varianten des Zahnersatzes: den festsitzenden und den abnehmbaren.
- Vor der Wahl des Zahnersatzes ist eine gründliche Untersuchung wichtig, um den Zahnhalteapparat und den Mundraum auf eventuelle Entzündungen oder Karies zu überprüfen.
- Welche Variante in Frage kommt, hängt von Erkrankungen sowie den Wünschen und Bedürfnissen der Patientin oder des Patienten ab.
- Die Kosten für den Zahnersatz werden in der Regel nicht von der Grundversicherung übernommen. Es gibt allerdings Ausnahmen.
«Wir unterscheiden grundsätzlich zwischen einem festsitzenden und einem abnehmbaren Zahnersatz. Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile, und die Wahl hängt oft von den individuellen Bedürfnissen und den finanziellen Möglichkeiten ab», so Prof. Zitzmann.
Ein festsitzender Zahnersatz ist eine dauerhaft zementierte Rekonstruktion. Das heisst, dass er fest an den Zähnen oder an Implantaten im Kiefer verankert wird und nicht einfach so entfernt werden kann. Zu den festsitzenden Varianten gehören:
- Veneers: Dabei handelt es sich um dünne Keramikschalen, die zur Farb- und Formanpassung eingesetzt werden.
- Keramikfüllungen (Inlays) oder Teilkronen: Sie dienen als Ersatz für fehlende Zahnhartsubstanz.
- Kronen: Sie stellen die Form und Stabilität von Zähnen wieder her, die viel von ihrer Zahnhartsubstanz verloren haben.
- Brücken: Ein Zahn oder mehrere fehlende Zähne werden durch eine Brücke ersetzt. Diese ist auf den angrenzenden Zähnen oder Zahnimplantaten verankert.
- Adhäsivrekonstruktionen: Ein keramisches oder ein mit Keramik beschichtetes Metallgerüst wird an einen gesunden Zahn geklebt, um einen fehlenden Nachbarzahn zu ersetzen.
«Mit zunehmender Anzahl fehlender Zähne wird der Einsatz von einem festsitzenden Zahnersatz aufwendiger und teurer, da häufig Implantate verwendet werden müssen, die im Kieferknochen fixiert sind», so die Expertin. Ist nicht ausreichend Knochen vorhanden, muss dieser zuerst chirurgisch aufgebaut werden.
Als günstigere Alternativen haben sich abnehmbare Zahnersatz-Varianten etabliert, die sich an den noch vorhandenen Zähnen verankern. «Dabei werden gegossene Klammern, sogenannte Modellgussprothesen, oder verdeckte Halteelemente wie beispielsweise Adhäsivattachments, Wurzelstiftkappen oder Teleskope eingesetzt. Ausserdem gibt es Zahnersatz-Implantate mit einer Druckknopfverankerung», zählt Prof. Zitzmann auf.
Neben dem Ersatz von fehlenden Zähnen kann die abnehmbare Therapieoption zusätzlich Gewebsdefekte kompensieren, die etwa durch einen Unfall entstanden sind.
«Fehlen alle Zähne in einem Kiefer, setzen wir eine Totalprothese ein. Diese liegt mit einer grossflächigen rosafarbenen Kunststoffbasis auf der Schleimhaut auf. Auch bei dieser Variante kann das Implantat durch die Druckknopftechnik eine Verankerung der Prothese bieten», beschreibt die Professorin.
Ausführliche Vorabklärungen
«Um individuell auf die Patientin oder den Patienten zugeschnittene Lösungen zu finden, bedarf es zunächst einer gründlichen Untersuchung. Dabei werden bestehende Beschwerden und Krankheiten sowie Erwartungen und Wünsche der Betroffenen, aber auch und der finanzielle Rahmen besprochen», so die Klinikvorsteherin. Zusätzlich wird der Status der Zähne, des Zahnhalteapparates und der Zahnnerven überprüft. «Wenn Entzündungen vorliegen, müssen diese zuerst behandelt werden. Anschliessend untersuchen wir die Zähne erneut. Wir möchten sicherstellen, dass wir den Zahnersatz auf einem soliden Fundament verankern und dass die Zähne, die miteinbezogen werden, auch auf lange Sicht gesund bleiben», erklärt Prof. Zitzmann.
Diese Vorbehandlungen können Monate in Anspruch nehmen, vor allem wenn der Knochen chirurgisch vorbereitet werden muss, um ein Implantat einsetzen zu können. «Für Zahnmedizinerinnen und Zahnmediziner besteht ein hohes Mass an Verantwortung bei der Vorbehandlung und bei der Einschätzung der Zahngesundheit. Ein einwöchiger Kurzaufenthalt im Ausland reicht nicht, um diese vielschichtigen Aspekte zu berücksichtigen. Oft werden dabei Zähne entfernt, die man mit der entsprechenden Vorbehandlung hätte erhalten können», gibt die Expertin zu bedenken.
Wie kommt es zum Zahnverlust?
Die Hauptursachen für Zahnverlust sind Karies und Parodontitis, eine entzündliche Erkrankung des Zahnhalteapparates. «Durch gute Mundhygiene, regelmässige Kontrollen und professionelle Zahnreinigungen können diese Krankheiten verhindert, beziehungsweise frühzeitig behandelt werden. Bei der Prävention von Karies kommt zudem der regelmässigen Fluoridierung eine wesentliche Bedeutung zu», führt Prof. Zitzmann aus.
Die Wahl der richtigen Zahnersatzlösung
Da es in den meisten Fällen immer mehr als nur eine Behandlungsoption gibt, wird die Patientin oder der Patient aktiv in die Wahl des Zahnersatzes miteinbezogen. «Zu einem Erstgespräch gehört die Aufzählung der Therapiemöglichkeiten mit Vor- und Nachteilen, den Risiken und einer ungefähren Einschätzung des Langzeiterfolges. «Wichtig ist zu verstehen, dass bei komplexen Fällen nicht von Anfang an klar ist, welche Variante schlussendlich gewählt wird», gibt Prof. Zitzmann zu bedenken. Um zu testen, was sich gut anfühlt und was nicht, wird häufig ein provisorischer Zahnersatz eingesetzt.
«Gerade bei jüngeren Patientinnen und Patienten müssen wir irgendwann eine Neuversorgung durchführen. Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, sich bei der Erstversorgung für eine wenig invasive Therapieoption zu entscheiden, die eine spätere Zweitversorgung nicht verunmöglicht. Zudem hat der Zahnerhalt den höchsten Stellenwert! Es lohnt sich deshalb, in den Erhalt der eigenen Zähne zu investieren», rät die Klinikvorsteherin.
Zahnersatz: von der Anpassung bis zum Einsetzen
Der Weg zum perfekten Zahnersatz kann je nach Komplexität der Rekonstruktion variieren. Insbesondere bei festsitzendem Zahnersatz kann es mehrere Einproben und Anpassungen geben, um sicherzustellen, dass Form und Farbe optimal passen: «Der anspruchsvollste Zahnersatz für die Zahntechnikerin oder den Zahntechniker ist die Frontzahnkrone, die genau auf den symmetrischen Nachbarzahn abgestimmt werden muss. Da braucht es schon mal mehrere Einproben», weiss die Expertin. Besonders bei Veneers ist ein Probetragen nicht möglich, da die dünnen Keramikschalen durch Zement stabilisiert werden müssen. Patient und Behandlerin müssen sich also vor dem Einsetzen ganz sicher sein», so Prof. Zitzmann.
Bei abnehmbarem Zahnersatz kann es durch die zum Teil sehr aufwendigen Anfertigungsschritte zu Wartezeiten und mehreren Terminen kommen.
Bei Nachkontrollen werden schliesslich Störfaktoren justiert: Bei Prothesen mit grossflächiger Kunststoffauflage treten anfangs häufig Druckstellen an den Schleimhäuten oder Störkontakte beim Kauen auf. Sind diese Probleme beseitigt, sollten Sprechen und Kauen nach einer kurzen Eingewöhnungsphase wie gewohnt funktionieren. Treten diese später wieder auf, sollte die Zahnarztpraxis informiert werden. Möglicherweise ist es dann Zeit für eine Unterfütterung, Anpassung oder einen neuen Zahnersatz.
Pflege von Zahnersatz
Ein Zahnersatz, ob festsitzend oder abnehmbar, benötigt eine gründliche Pflege, um lange funktionsfähig zu bleiben. Bei festsitzendem Zahnersatz kommen die gleichen Hilfsmittel zur Anwendung wie bei den eigenen Zähnen, also Zahnbürste, Zahnseide und Interdentalbürstchen. Zusätzlich kann zur Reinigung der ersetzten Zähne, insbesondere den Zwischengliedern von Brücken, eine spezielle Zahnseide angewendet werden. Dabei handelt es sich um Super-Floss mit einem verstärkten Ende zum Einfädeln. Herausnehmbarer Zahnersatz sollte mindestens einmal täglich mit einer speziellen Prothesenzahnbürste gereinigt werden. Anstatt Zahnpasta wird alkalifreie Seife, zum Beispiel Spülmittel verwendet. Falls der Zahnersatz nachts nicht getragen wird, sollte er trocken gelagert werden.
Kosten und Versicherung
In der Schweiz sind Zahnbehandlungen und somit auch Zahnersatz-Lösungen in der Regel nicht durch die Grundversicherung gedeckt. «Ausnahmen gibt es nur, wenn ein direkter Zusammenhang zwischen Zahnerkrankungen und Allgemeinerkrankungen besteht», erklärt Prof. Zitzmann. Bei anerkannten Geburtsgebrechen besteht bis zum 20. Lebensjahr Anspruch auf Leistungen aus der Eidgenössischen Invalidenversicherung (IV). Nach dem 20. Lebensjahr kann ein Antrag auf Kostenübernahme an die Krankenversicherung gestellt werden, sofern die Behandlung medizinisch gerechtfertigt ist. Durch die Krankenversicherung sind hingegen Unfallfolgen bei Kindern und Jugendlichen sowie bei nichtberufstätigen Personen gedeckt. Berufstätige Personen sind durch die Unfalldeckung des Arbeitgebers versichert.
«Die Krankenversicherung rechnet die Kosten der zahnärztlichen Behandlung an die jährliche Franchise der versicherten Person an und belastet einen Selbstbehalt von zehn Prozent der die Franchise übersteigenden Kosten bis maximal 700 Schweizer Franken (bei Kindern bis zum 18. Lebensjahr maximal 350 Schweizer Franken) pro Jahr. Diese Kostenbeteiligung der Versicherungsnehmer kommt auch bei einer Kostenübernahme von Fällen mit IV-Verfügung nach dem 20. Lebensjahr zur Anwendung», fügt die Zahnmedizinerin hinzu.
Bei Patientinnen und Patienten in wirtschaftlich prekären Situationen besteht die Möglichkeit der Kostenübernahme von Zahnbehandlungen durch Fürsorgebehörden wie die AHV- oder IV-Ergänzungsleistungen oder durch Institutionen und Stiftungen wie etwa Pro Senectute. Prof. Zitzmann empfiehlt bei Unklarheiten einen Kostenvoranschlag und gegebenenfalls eine Zweitmeinung einzuholen.