Wundermittel CBD? Was es kann – und was nicht

Cannabis liegt im Trend

Cannabis

Spoiler

  • CBD ist – wie THC – in der Cannabispflanze enthalten.
  • Als Medikament kann es nur im Einzelfall verschrieben werden.
  • Freiverkäufliche CBD-Tropfen werden nicht als Medikamente betrachtet, sondern als «Novel Food».

Medizinischer Cannabis hat eine breite therapeutische Wirkung, weshalb er gerne bei chronischen Schmerzen verschrieben wird. In ihrer Sprechstunde hat Dr. Rehli durchzogene Erfahrungen mit dem Einsatz von CBD-Präparaten gemacht: «Die Reaktionen meiner Patienten sind sehr unterschiedlich. Bei einigen werden die Schmerzen durch CBD-Tropfen zwar nicht direkt gelindert, aber der Schlaf verbessert, was sich wiederum auf die Stimmung auswirkt. Andere Patienten können hingegen überhaupt keine Reaktion feststellen.» Sie rät, es einfach einmal auszuprobieren.

CBD für Körper und Psyche

Neben chronischen Schmerzpatienten können auch Menschen mit Schlafproblemen, Fibromyalgie oder psychischen Erkrankungen wie Angstzuständen einen Versuch mit CBD-Medikamenten wagen. «Dort, wo sich ein physisches Leiden auf die Psyche auswirkt oder die Psyche umgekehrt die körperliche Verfassung beeinträchtigt, sehe ich Chancen für eine Therapie mit CBD», so die Ärztin. «Zur Behandlung einer klinischen Depression gibt es beispielsweise wenig Medikamente, die man ohne Probleme länger als 20 Jahre einnehmen kann. Eine Psychotherapie sagt nicht jedem zu. CBD kann den Betroffenen dabei helfen, wieder ins Gleichgewicht zu kommen. Es ist ein stabilisierendes und gut verträgliches Medikament, das über eine längere Zeit eingenommen werden kann.»

Auch gegen Schlafstörungen hat sich Cannabis als Alternative erwiesen, da bei herkömmlichen Medikamenten eine Abhängigkeit droht – nicht so bei CBD.

Nebenwirkungen

Obwohl die Verträglichkeit von CBD sehr gross ist, sollten die Nebenwirkungen nicht unterschätzt werden. «Einige Patienten klagen bereits nach drei bis vier Tropfen über Schwindel oder Gleichgewichtsstörungen», so Dr. Rehli.

«Wird CBD gleichzeitig zu einem Blutverdünner eingenommen, können sich die Effekte gegenseitig verstärken oder abschwächen», warnt die Expertin. Der behandelnde Arzt sollte deshalb immer über die Einnahme von anderen Medikamenten informiert werden.

Eine Analyse der WHO hat ausserdem gezeigt, dass die Abgabe von CBD nicht zu Abhängigkeitsproblemen, Missbrauch oder einem Schwarzmarkt geführt haben, so wie dies bei anderen Medikamenten – etwa Morphium – der Fall ist.

Medikament oder Lifestyle-Produkt?

Medizinisches CBD ist als Standardmedikament nur für zwei seltene Formen von Epilepsie bei Kindern zugelassen. In begründeten Einzelfällen kann ein Arzt jedoch auch anderen Patienten eine Verschreibung für eine Marginalrezeptur aus der Apotheke ausstellen.

«Freiverkäufliche CBD-Tropfen werden hingegen nicht als Arzneimittel aufgeführt, sondern unter dem Label «Novel Food» vertrieben», sagt die Expertin. «Zwar ist der Wirkstoff im vom Arzt ausgestellten Medikament und den Tröpfchen vom Hanfladen gleich, die freiverkäuflichen Produkte unterstehen jedoch nicht gleichrangigen Kontrollen. Der Konsument kann aufgrund der Verpackung nicht feststellen, ob die Tropfen auch noch Farb- oder Füllstoffe enthalten oder unsauber sind. Ich bin deshalb sehr dafür, dass die freiverkäuflichen CBD-Produkte strenger kontrolliert werden und einen Qualitätsstandard erfüllen sollten», so Dr. Rehli.

Die Chance der Phytotherapie

«Pflanzliche Alternativen zu herkömmlichen Medikamenten wirken zwar langsamer, haben dafür aber auch meistens keine so grossen Nebenwirkungen», sagt die Ärztin. Sie glaubt, dass sich viele Zivilisationskrankheiten mit Pflanzenmedizin – der sogenannten Phytotherapie – behandeln lassen.

«Wenn der Patient nicht auf das pflanzliche Mittel anschlägt, kann immer noch ein stärkeres Mittel verabreicht werden. Damit das Heilen mit Phytotherapie aber funktioniert, braucht es dafür ausgebildetes Gesundheitspersonal und Patienten, die sich darauf einlassen, dass die Behandlung länger dauern wird und sie einen aktiven Teil selber dazu beitragen müssen.»

Was ist CBD?

In der Cannabispflanze finden sich über 120 sogenannte Cannabinoide. Die bekanntesten sind das psychotrope THC und CBD, das im Gegensatz keine berauschende Wirkung erzeugt.

Während in der Natur die beiden Stoffe in einem relativ ausgewogenen Verhältnis auftreten, ist es für die medizinische Forschung möglich, Pflanzen zu züchten, die mehr CBD als THC enthalten.

Studien kommen zu unterschiedlichen Bewertungen von CBD-Präparaten. Dies liegt auch daran, dass mit verschiedenen Dosen oder Zusammensetzungen gearbeitet wurde, weshalb die Ergebnisse kaum vergleichbar sind.

«Ein Grund, weshalb Arzneimittel auf Cannabisbasis bei vielen Patienten verschiedene Effekte und Reaktionen hervorrufen können, ist, dass die Cannabisrezeptoren an denen die Cannabinoide wie Legostücke andocken können, an den verschiedensten Orten im Körper vorkommen – im Gehirn, aber auch im Verdauungstrakt, den Blutgefässen und den Organoberflächen. Dadurch erklären sich die verschiedenen Effekte, die zu beobachten sind», so Dr. Rehli. Von den unterschiedlichen Rezeptoren aus beeinflussen die Cannabinoide beispielsweise das Schmerzempfinden, den Schlaf und die Anspannung der Muskeln. Und: Der Körper produziert sogar ein eigenes Cannabinoid – das sogenannte Anandamid. Dieses spielt eine wichtige Rolle in der Regulierung von Schmerz, Schlafverhalten aber auch von Appetit und ähnelt in seiner molekularen Struktur THC und CBD.

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