Wenn Stress Krankheiten auslöst – und umgekehrt

Chronische Überlastung macht sich überall im Körper bemerkbar

Stress Krankheiten:Eine Person hält sich den Kopf mit beiden Händen, steht im Freien bei Sonnenuntergang, umgeben von Bäumen.

Spoiler

  • Chronischer Stress kann zu verschiedenen Krankheiten führen.
  • Stresshormone können beispielsweise die Insulinproduktion beeinträchtigen und somit das Risiko für Diabetes mellitus Typ 2 erhöhen.
  • Studien legen nahe, dass Stress auch an der Entstehung von Krebs beteiligt ist.
  • Umgekehrt kann auch eine schwere Diagnose zu Stress führen und dadurch die Symptome verstärken.
  • Gut untersuchte Stressbewältigungsstrategien sind etwa MBSR, Progressive Muskelentspannung nach Jacobson, fixe Smartphone-Zeiten oder regelmässige Mini-Pausen während der Arbeit.

Fühlt sich der Körper bedroht, setzt er verschiedene Prozesse in Gang, um sich im Notfall wehren oder flüchten zu können. Das Gehirn schüttet Stresshormone wie Adrenalin oder Cortisol aus, die dafür sorgen, dass der Blutdruck, der Blutzuckerwert und die Herzfrequenz steigen. Zudem wird das Immunsystem aktiviert. Körperfunktionen, die in einer Gefahrensituation nicht dringend notwendig oder sogar hinderlich sind, wie etwa die Verdauung, werden zurückgefahren.

Dieser sogenannte Fight-or-Flight-Modus, also die Kampf-oder-Flucht-Reaktion des Körpers auf eine Bedrohung, hilft uns, Gefahren zu erkenn und uns zu schützen. Unglücklicherweise wird der Modus auch bei Stressfaktoren eingeschaltet, die nicht lebensbedrohlich sind: unbeantwortete E-Mails, Deadlines, Stau oder Familienprobleme.
Wenn Stress nicht mehr regelmässig abgebaut wird, können die Stresshormone zu Krankheiten führen.

Kopfschmerzen

Wellenförmig auftretende Kopfschmerzen an den Schläfen, über den Augenbögen und hinter der Stirn können erste Anzeichen dafür sein, dass die Gesundheit unter zu viel Stress leidet. Diese Belastung kann sich schnell zu einer Migräne auswachsen. Wenn der Kopf nicht zur Ruhe kommt, stellt sich oft nicht einmal mehr Erholung durch gesunden Schlaf ein.

Schlafprobleme

Fehlende Erholung ist zwar keine durch Stress ausgelöste Krankheit an sich, zu wenig Schlaf hat jedoch zahlreiche negative Auswirkungen auf die Gesundheit. Eine schlechte Schlafqualität kann zu Gereiztheit und Konzentrationsproblemen führen. Schlafmangel kann ausserdem das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes erhöhen.

Forschung nötig: Stress und Krankheiten

Wie genau Stress und Krankheiten zusammenhängen, ist in vielen Fällen noch nicht abschliessend erforscht. Zudem ist es schwierig, die teilweise diffusen Symptome eindeutig mit dem Auslöser Stress in Verbindung zu bringen. Hinzu kommt, dass man sich leicht an die Belastung gewöhnen kann und seine Symptome als Normalzustand abtut. Dadurch fällt es immer schwerer, Stress als solchen zu erkennen, ihn abzubauen und Stressfaktoren zu minimieren.

Verspannungen

Bei ständiger psychischer Belastung werden die Muskeln oft unbemerkt angespannt. Daraus entwickeln sich typische Beschwerden wie Nacken- oder Rückenschmerzen. Verzichtet man aufgrund des stressigen Alltags auch noch auf Sport, können sich die Muskelverspannungen verstärken.

Magen-Darm-Beschwerden

Stress schlägt auf den Magen und den Darm. Ein Stressbauch kann sich beispielsweise in Blähungen, Durchfall, Verstopfung äussern. Dies kann so weit gehen, dass daraus ein Reizdarm-Syndrom entsteht. Andere Folgen von Stress sind Reflux-Krankheiten, Sodbrennen, Magengeschwüre oder Schleimhautentzündungen.

Übergewicht

Erhöhte Cortisolspiegel führen zu physiologischen Veränderungen, die dazu beitragen, die während der Stressreaktion verbrauchten Energiereserven des Körpers wieder aufzufüllen. Dazu gehört beispielsweise gesteigerter Appetit.

Zudem wird die Speicherung von ungenutzten Nährstoffen als Fett erhöht. Dies kann zu Übergewicht führen.

Das stresst uns

Zu den häufigsten Stressfaktoren zählen:

  • Termindruck
  • Zeitmangel
  • Doppelbelastung durch Familie und Beruf
  • Finanzielle Sorgen
  • Konflikte in der Beziehung oder unter Arbeitskollegen
  • Über- oder Unterforderung
  • Leistungsdruck

Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Die Hormone Adrenalin und Cortisol verengen die Blutgefässe und erhöhen den Puls. Wird das zum Dauerzustand, kann sich dies negativ auf Herz und Kreislauf auswirken: Herzrasen, Bluthochdruck und Herzrhythmusstörungen sind die möglichen Folgen. Auch ein Herzinfarkt oder ein Schlaganfall kann durch psychische Überlastung ausgelöst werden. Wenn die Gesundheit durch Stress angegriffen wird, kann das also unter Umständen sogar lebensbedrohliche Folgen haben.

Diabetes

Stress erhöht das Risiko für die Zuckerkrankheit Diabetes. In Stresssituationen steht dem Körper mehr Energie in Form von Zucker zur Verfügung. Damit der Zucker in die Zellen gelangt, produziert die Bauchspeicheldrüse Insulin. Sobald der Zucker die Zellen erreicht hat, sinkt der Blutzuckerspiegel. Cortisol beeinträchtigt den Zuckertransport, indem es die Wirkung von Insulin hemmt. Um diesen Zustand auszugleichen, produziert die Bauchspeicheldrüse vermehrt Insulin. Durch die erhöhte Insulin-Ausschüttung steigt das Risiko, an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken.

Zahngesundheit

Wer gestresst ist, knirscht mitunter nachts unbewusst mit den Zähnen. Dies kann zu diversen Defekten am Zahnbein und Zahnschmelz führen.  Auch Zahnfüllungen oder -implantate können dadurch Schaden nehmen.

Hautprobleme

Ob Hautkrankheiten tatsächlich durch Stress begünstigt werden können, ist noch nicht abschliessend geklärt. Es ist jedoch bekannt, dass Stress Hautausschläge auslösen und intensivieren kann, indem er Entzündungen im Körper verstärkt. Hauterkrankungen wie Psoriasis und Neurodermitis sind in stressigen Phasen schlimmer.

Infektanfälligkeit

Chronischer Stress schwächt das Immunsystem, wodurch Infektionen weniger verlässlich abgewehrt werden können und Krankheiten schlechter abklingen. Gestresste Menschen leiden deshalb häufiger an Erkältungen oder Herpes.

Autoimmunerkrankungen

Als gewichtigen Faktor für das Auftreten von Autoimmun-Krankheiten wird Stress gehandelt. Bei einer Autoimmunerkrankung greift das körpereigene Immunsystem gesundes Gewebe und Organe an. Bei vielen dieser Erkrankungen treten die ersten Schübe in besonders stressigen Phasen auf, beispielsweise bei Lupus.

Krebs

Forschende vermuten einen Zusammenhang zwischen Stress und der Entstehung einer Krebserkrankung. Dies liegt möglicherweise ebenfalls an den erhöhten Entzündungswerten.

Osteoporose

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass sich psychische Belastungen negativ auf den Knochenstoffwechsel auswirken können. Dies kann Erkrankungen wie Osteoporose oder Arthrose begünstigen.

Ohrendruck und Tinnitus

Psychische Belastung kann ebenso auf die Ohrengesundheit schlagen. Stress wird beispielsweise als Auslöser für einen Hörsturz oder Tinnitus diskutiert.

Psychische Probleme und Burnout

Zu den häufigen durch Stress bedingte Krankheiten gehören Depressionen, Angststörungen, Posttraumatische Belastungsstörungen oder Burnout. Belastende Erlebnisse und Ereignisse wie ein Trauerfall oder Konflikte in der Partnerschaft oder am Arbeitsplatz können zu Stress und Überlastung führen, der schliesslich in einer psychischen Krankheit münden kann.

Wenn Krankheiten zu Stress führen

Daneben können auch schwere oder chronische Krankheiten Stress auslösen, was wiederum die Symptome verstärkt. Ein gutes Stressmanagement – gegebenenfalls mit professioneller Unterstützung – ist deshalb Teil eines wirksamen Behandlungsplans.

Stress abbauen und Krankheiten vorbeugen

Stressfaktoren zu erkennen und chronische Belastung abzubauen ist gar nicht immer so einfach. Bewegung und Achtsamkeitstraining wie Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR) haben in Studien gute Ergebnisse bei der Stressreduktion erzielt. Für Dauer-Verspannte könnte Progressive Muskelentspannung nach Jacobson eine Möglichkeit sein. Dabei werden Muskelgruppen nacheinander stark angespannt und anschliessend losgelassen. Dadurch werden unbewusst gehaltene Anspannungen gelöst.

Wer sich durch die ständige Erreichbarkeit unter Druck fühlt, kann versuchen, im Alltag häufiger auf das Smartphone zu verzichten oder fixe Smartphone-Zeiten einzurichten. Nachrichten werden dann beispielsweise immer nur auf der Fahrt zur Arbeit beantwortet.

Im Arbeitsalltag lohnt es sich, kleine Pausen einzulegen. Dies kann ganz unbemerkt geschehen, beispielsweise indem man immer einmal tief ein- und ausatmet, wenn man eine Türklinke berührt. Oder indem man der Kaffeemaschine einfachmal bei ihrer Arbeit zuschaut, anstatt nebenbei Mails zu beantworten.

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