Krebs

Keine Depression bei Hodenkrebs: Psychoonkologen helfen

Die Diagnose muss auch mental bewältigt werden

Mann auf Sofa vor Fenster

Spoiler

  • Hodenkrebs kann psychisch belasten und Ängste oder Depressionen verursachen.
  • Psychoonkologen behandeln jeden vierten Hodenkrebspatienten.
  • Oft helfen schon Gespräche, medikamentöse Therapien werden nur in schweren Fällen aufgenommen.
  • Soziale Bindungen zu Verwandten und Freunden, aber auch zu Selbsthilfegruppen sind wichtig.

Aus psychologischer Sicht sei die Diagnose Hodenkrebs vergleichbar mit einer intensiven Stresssituation, meint Prof. Dr. med. Josef Jenewein, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie und psychoonkologischer Psychotherapeut. «Wenn jemand eine gute Stresstoleranz und sonst nicht viele Probleme hat, kann er die Krankheit häufig gut bewältigen.» Anders sehe es aus für jemand, der bereits mit vielen anderen Stressfaktoren –wie etwa Probleme am Arbeitsplatz oder in der Beziehung – belastet ist. Dann kann Hodenkrebs eine Depression verursachen.

Psychologische Hilfe bei individuellem Bedarf

Ob ein Hodentumorpatient eine psychoonkologische Unterstützung in Anspruch nimmt, entscheidet er selbst. «Oft hängt dies davon ab, in welchem Stadium die Krankheit und wie lebensbedrohlich sie ist», erklärt Prof. Jenewein. Psychoonkologen werden häufig dann in Anspruch genommen, wenn der Hodenkrebs schon fortgeschritten oder die Zeugungsfähigkeit – und damit die gesamte Familienplanung – infrage gestellt ist.

Hodenkrebs und Depression

Am Universitätsspital Zürich können Krebspatienten anhand eines Stressthermometers auf einer Skala von eins bis zehn bewerten, wie sehr belastet sie sich fühlen. Bei einem Wert über fünf wird zu einer psychoonkologischen Behandlung geraten. «Rund 25 Prozent der Krebspatienten melden sich an», sagt Prof. Jenewein, früherer Leitender Arzt an der Klinik für Konsiliarpsychiatrie und Psychosomatik am Universitätsspital Zürich zur Psychoonkolie.

Eine depressive Reaktion oder Ängste vor einer Operation oder der gesamten Therapie sind die häufigsten psychologischen Befunde bei Patienten mit Hodenkrebs. Die Psychologen helfen vor allem mit Gesprächen, bei denen auch Angehörige dabei sein dürfen oder sogar sollen. Manchmal sei es auch nötig, Angehörige zu unterstützen, weiss Prof. Jenewein. Psychoonkologische Dienstleistungen, auch für Angehörige, werden von der Krankenkasse übernommen.

In einigen Fällen genügt eine Gesprächstherapie nicht, um bei der Diagnose Hodenkrebs aus der Depression zu führen. «Wenn jemand sehr depressiv ist oder grosse Angst hat, setzen wir vorübergehend auch Medikamente ein – vor allem Schlafmittel oder Antidepressiva», erklärt Prof. Jenewein.

Wichtige Stützen

Der Facharzt empfiehlt, auch den Arbeitgeber offen über die Krankheit zu informieren, falls eine vertrauensvolle Beziehung besteht. Nachbarn oder Bekannte, die dem Patienten oder Angehörigen kleinere alltägliche Arbeiten abnehmen, seien ebenfalls wichtige Stützen. Selbsthilfegruppen, zum Beispiel von der Krebsliga Schweiz, begrüsst Prof. Jenewein sehr: «Der Austausch unter Betroffenen kann sehr nützlich sein, vor allem für sozial extrovertierte Menschen.»

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