Vegan und glücklich: So klappt die fleischlose Ernährung

Laura Lombardini von der Veganen Gesellschaft Schweiz im Gespräch

Burger
Frau Lombardini, wieso essen Sie vegan?

Ich habe vor fünf Jahren angefangen, mich mit dem Thema zu beschäftigen, da ich einfach nicht glauben konnte, dass eine vegane Ernährung gesund sein kann. Heute bin ich davon überzeugt. Nach und nach trugen auch andere Faktoren, etwa der Einfluss der Nahrungsmittelindustrie auf die Umwelt, oder die Tierethik dazu bei, dass eine vegane Lebensweise zur einzigen für mich akzeptablen Option wurde.

Was macht die Vegane Gesellschaft Schweiz?

Unser Ziel ist die Förderung der veganen Lebensweise. Wir wollen nicht nur über das Warum aufklären, sondern in erster Linie praktische Tipps für den veganen Alltag geben: Welche Restaurants bieten vegane Menüs an? Wo kann man problemlos einkaufen? Was gibt es für Alternativen zu Fleisch?

Ausserdem posten wir auf unserem Blog regelmässig Rezepte und Tipps, organisieren Events und stehen mit Unternehmern aus dem Detailhandel und der Gastronomie im Austausch, um das vegane Angebot stetig auszubauen.

Wie offen sind Schweizerinnen und Schweizer gegenüber der veganen Ernährung?

Sie sind sicher offener geworden. Durch die Klimadebatte ist das Thema präsenter als früher. Vielen ist bewusst geworden, dass wir jetzt etwas ändern müssen, bevor es zu spät ist.

Unwissenheit und Vorurteile gibt es natürlich immer noch, doch gerade in grösseren Städten wie Zürich, Bern oder Basel wird Veganismus immer normaler.

Ist es in der Schweiz noch schwierig, auswärts vegan zu essen?

Das ist sehr unterschiedlich. Ich wurde auch schon in einem Restaurant auf dem Land überrascht, bei dem ich dachte, dass sie nichts mit veganem Essen anfangen können. Die Betreiber waren sehr interessiert und haben sich gefreut, etwas Veganes zu kochen. In anderen Restaurants stösst man jedoch immer noch auf Ablehnung. Wenn ein Auswärtsessen ansteht, rufe ich deshalb zur Sicherheit vorher an und frage nach, ob es vegane Gerichte gibt.

Vegan heisst nicht automatisch gesund. Was halten Sie von veganen Fertigprodukten?

Wir unterstützen die Weiterentwicklung des veganen Convenience-Food-Bereichs. Schliesslich gibt es auch unter Veganern einige, die nicht gerne kochen und lieber auf Fertigprodukte zurückgreifen. Eine grössere Auswahl an veganen Fertiggerichten räumt ausserdem mit dem Vorurteil auf, dass vegan kompliziert sein muss.

Bei Fake- oder Mockmeat, also pflanzlichen Fleischalternativen, schwingt noch eine andere Komponente mit: Die wenigsten hören auf, Fleisch zu essen, weil es ihnen nicht schmeckt. Fleisch gehört in unserer Gesellschaft irgendwie dazu. Steht aber eine pflanzliche Alternative zur Auswahl, kann man trotzdem uneingeschränkt an einem gesellschaftlichen Event wie etwa einem Grillfest teilhaben, ohne aber die Problematik hinter dem Fleischkonsum zu unterstützen.

Auch die grossen Fastfood-Ketten haben ihr veganes Angebot ausgebaut. Weshalb unterstützen Sie Unternehmen, die ethisch so fragwürdig sind?

Wir unterstützen nicht die Unternehmen an sich, sondern die Erweiterung ihres veganen Sortiments. Gerade bei der Kundschaft der Fast-Food-Ketten sind die Auswirkungen verhältnismässig grösser als bei einer bereits sensibilisierten Zielgruppe. Es wäre vollkommen unlogisch, die Entwicklung der Fast-Food-Ketten zu ignorieren oder gar zu sabotieren, da jedes zusätzliche Angebot die Aufklärung stark fördert. Das ist selbstredend in unserem Interesse.

Wie fange ich am besten an, wenn ich auf eine vegane Ernährungsweise umsteigen will?

Das kommt darauf an, wo man selber steht. Entweder startet man mit einem veganen Tag in der Woche oder verzichtet bei einer Mahlzeit pro Tag komplett auf tierische Produkte. Nach und nach kommen dann mehr vegane Tage, beziehungsweise Mahlzeiten dazu. Eine andere Möglichkeit besteht darin, für eine einzelne Produktegruppe wie etwa Milch, eine Alternative zu finden und mit der Zeit weitere Produkte zu ersetzen. Der direkteste Ansatz ist die komplette Umstellung von heute auf morgen.

Es gibt unterdessen zahlreiche Dokumentationen, Bücher oder Blogs, die über das Thema informieren. Die vegane Community ist auch auf Facebook sehr aktiv. Die Gruppe «Vegane Produkte Schweiz» führt zum Beispiel eine Liste mit allen veganen Produkten, die hier erhältlich sind. Interessierte können selbstverständlich auch an unsere Events kommen und Fragen stellen. In vielen grösseren Städten findet einmal pro Monat ein veganer Stammtisch statt, an dem man sich untereinander austauschen und vernetzen kann.

Was sind die grössten Fehler, die Neulinge machen können?

Ernährungstechnisch kann man nicht viel falsch machen. Ich empfehle aber allen, sich generell mal zu informieren, welche Nährstoffe der eigene Körper braucht. Das gilt jedoch nicht nur für Veganer. Auch Personen, die Fleisch essen, können einen Nährstoffmangel haben.

Auf längere Sicht sollten Veganer auf ihre Vitamin B12-Zufuhr achten, beispielsweise durch hochdosierte Lutschtabletten oder angereicherte Zahnpasta.

Ansonsten ist es wichtig, sich selbst keinen Druck zu machen. Essen soll Freude machen und nicht kompliziert oder stressig sein. Besser ist es, sich Zeit zu nehmen und sich langsam zu steigern. Dann ist die Umstellung auch nachhaltig.

Was halten Sie von Teilzeit-Veganern?

Wir finden es super, wenn sich jemand für Veganismus interessiert und irgendwo anfangen möchte, auch wenn er sich nur für einen veganen Tag pro Woche entscheidet. Traditionell ernähren sich Schweizer eher fleisch- und käselastig. Diese Essgewohnheiten sind so tief in uns verankert, dass ein Umdenken gar nicht so einfach ist und mitunter mehrere Jahre dauern kann. Hauptsache ist doch, dass man irgendwann anfängt, seinen Fleischkonsum zu hinterfragen.

Können sich auch Schwangere, stillende Mütter und Kinder vegan ernähren?

Sie müssen natürlich besonders auf ihren Nährstoffbedarf achten, aber das ist, wie gesagt, bei Allesessern genauso. Gewisse Vitamine, beispielsweise Folsäure, sind bei Veganern eher kein Problem, während andere wie eben Vitamin B12 zwingend zugeführt werden müssen.

Gibt es etwas, worauf man achten muss, wenn man Sport und Veganismus verbinden will?

Nein, solange man als Alltagssportlerin genügend und vielseitig isst, kommt man zu allen essentiellen Nährstoffen. Es ist ein altes Klischee, dass Protein nur in tierischen Produkten vorkommt. Für Profisportlerinnen und Profisportler gibt es mittlerweile auch viele vegane Proteinshakes, die man trinken kann, um den Muskelaufbau zu unterstützen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!
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