Suchtprävention: Wegschauen wäre falsch

Nikotin- und Alkoholabhängigkeit am Arbeitsplatz ist verbreitet

Glas Flasche Scherben zerbrochen

Spoiler

  • Laut WHO spielt bei jedem fünften Arbeitsunfall Alkohol eine Rolle. Jährlich entsteht so ein volkswirtschaftlicher Schaden von ca. 4,2 Mrd. Franken.
  • Nicht nur Alkohol, auch Nikotin senkt die Leistungsfähigkeit am Arbeitsplatz.
  • Unternehmer können durch Alkoholverzicht am Arbeitsplatz, durch alkoholfreie Alternativen oder kostenintensiven Ausschank bei Betriebsfeiern den Konsum der Mitarbeiter beeinflussen.
Frau Lévy, spielt das Thema Alkoholmissbrauch in Betrieben eine Rolle?

Auf jeden Fall. Die Erwerbstätigen merken sicher auch, dass sie leistungsfähiger sein müssen. Zudem gibt es in vielen Branchen wie dem Baugewerbe die 0,0-Promille-Regel, da unter Alkoholeinfluss vermehrt Unfälle passieren. Umso wichtiger ist eine umfassende Suchtprävention.

Arbeitgeber haben eine Sorgfaltspflicht für das Wohlergehen ihrer Mitarbeiter. Was bedeutet das konkret?

Wenn auffällt, dass jemand häufig trinkt, schon am Mittag zu trinken beginnt oder morgens verkatert ins Büro kommt, sollte das direkt mit dem Betroffenen angesprochen werden. Aber auch Kollegen sollten mit ‹Ich-Botschaften› wie «Ich mache mir Sorgen um dich» das Gespräch suchen.

Welche Massnahmen zur Suchtprävention empfehlen Sie?

Zur Suchtprävention gehört zunächst, im Alltag keinen Alkohol anzubieten, das sendet die Botschaft aus «wer arbeitet, trinkt nicht». Gibt es auf Betriebsfesten Alkohol, sollten auch attraktive Alternativen wie etwa eine alkoholfreie Bowle zur Auswahl stehen.

Spirituosen sollten nur dann serviert werden, wenn sie kostenpflichtig sind. Natürlich braucht es auch Schulungen zu Früherkennung und Intervention für Vorgesetzte und Mitarbeitende in Bereich Human Resources.

Das hat nicht nur ethische Motive.

Natürlich. Diese Massnahmen zur Suchtprävention steigern die Produktivität, sie verbessern die Arbeitssicherheit und das Arbeitsklima.

Wie sieht Suchtprävention im Hinblick auf Nikotin aus?

Erfolgreiche Prävention ist strukturell. Für Nikotin heisst das zum Beispiel: Konsumverbot an bestimmten Orten. Beim Thema Tabak am Arbeitsplatz hat sich wirklich viel verändert. Es darf in Büros nicht mehr geraucht werden. Dadurch ist vor allem der Passivrauchschutz gestiegen. Vorher waren Nichtrauchende ungeschützt dieser Gefährdung ausgesetzt.

Wie können Unternehmen die Nikotinentwöhnung von Rauchern unterstützen?

Beim Tabak glauben ja viele, man könne einfach von allein damit aufhören. Dabei gehört er zu den Substanzen, die am süchtigsten machen. Tabak hat ein Suchtpotenzial wie Heroin. Untersuchungen zeigen, dass ein Nikotinentzug erfolgreicher und nachhaltiger ist, wenn er begleitet wird, zum Beispiel von dem Arzt oder dem Therapeuten. Es würde ja auch keiner empfehlen, den Heroinentzug allein zu machen. Betriebe könnten also zur Suchtprävention eine Rauch-Stopp-Beratung oder finanzielle Zuschüsse zu entsprechenden Programmen anbieten.

Vielen Dank für das Gespräch!
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