Strahlentherapie bei Krebs: Wirkung und Einsatzmöglichkeiten

Arten, Ablauf und Nebenwirkungen

Strahlentherapie Krebs: Das Bild zeigt eine Person, die im Krankenhausbett liegt und eine Infusion am Arm angeschlossen hat. Der Fokus liegt auf der Hand mit dem IV-Zugang. Die Szene vermittelt den Eindruck von medizinischer Versorgung und einer möglicherweise längeren Behandlung.

Spoiler

  • Die Strahlentherapie wird bei Krebs eingesetzt, um Tumore zu zerstören oder sie am Wachstum zu hindern. Darüber hinaus kann eine Bestrahlung Schmerzen, die beispielsweise häufig bei Knochenmetastasen auftreten, lindern.
  • Verschiedene Strahlentherapiearten, wie die Teletherapie (externe Strahlen) und die Brachytherapie (interne Bestrahlung), ermöglichen eine gezielte Behandlung des Tumors unter Schonung des umliegenden Gewebes.
  • Nebenwirkungen wie Müdigkeit, Hautreizungen oder Übelkeit können mit Medikamenten oder komplementärmedizinischen Mitteln behandelt werden. Wichtig ist, dass alle Nebenwirkungen und Veränderungen mit dem Behandlungsteam besprochen werden. Dieses sollte auch über die Einnahme oder den Einsatz von komplementärmedizinischen Methoden Bescheid wissen.

Die Strahlentherapie kann bei Krebs sowohl allein als auch in Kombination mit anderen Verfahren wie einer Operation, Chemotherapie oder Immuntherapie angewendet werden. Je nach Art des Tumors und wie fortgeschritten dieser ist, hat die Strahlentherapie das Ziel, die Patientin oder den Patienten vollständig zu heilen oder das Wachstum des Tumors und seiner Ableger zu kontrollieren und damit die Überlebensrate zu erhöhen. «In palliativen Fällen, das heisst in Situationen, in denen eine Heilung nicht mehr möglich ist, können wir die Symptome mittels Bestrahlung lindern», führt Prof. Zwahlen aus. 

Wann eine Strahlentherapie bei Krebs in Frage kommt

Ob eine Strahlentherapie für eine Patientin oder einen Patienten das Richtige ist, wird bei einer Tumorkonferenz – auch Tumorboard genannt – von Spezialistinnen und Spezialisten verschiedener Fachdisziplinen besprochen. Dabei wird der bestmögliche Therapieplan festgelegt. «Die Empfehlung der wirksamsten und verträglichsten Behandlungsmethode steht für uns immer im Vordergrund», sagt Dr. Wetzler.

Entscheidend für die Wahl der Therapie ist das Stadium der Erkrankung: Das Vorgehen wird davon beeinflusst, ob der Krebs noch lokal begrenzt ist oder bereits gestreut hat, also Ableger, sogenannte Metastasen, vorhanden sind. «Bei Fernmetastasen empfiehlt sich zunächst eine Systemtherapie, sei es eine Chemotherapie, eine Immuntherapie oder eine Kombination aus beidem», erklärt die Medizinerin. «Eine Strahlentherapie kommt bei Fernmetastasen dann in Frage, wenn Ableger in den Knochen starke Schmerzen bereiten, eine erhöhte Gefahr von Knochenbrüchen besteht oder Metastasen in den Wirbelkörpern das Rückenmark einzuengen drohen.»

Eine wichtige Rolle spielt der allgemeine Gesundheitszustand der Patientin oder des Patienten. «Menschen mit anderen Erkrankungen wie Herz-Kreislauf- oder Lungenkrankheiten vertragen Chemotherapien oder chirurgische Eingriffe in der Regel weniger gut, sodass alternative Behandlungen wie eine abgeschwächte Chemotherapie in Kombination mit einer lokalen Strahlentherapie zum Einsatz kommen», ergänzt Prof. Zwahlen. «Letztlich muss die Entscheidung für oder gegen eine Behandlung immer im Einvernehmen mit der Patientin oder dem Patienten getroffen werden», betonen die beiden Mediziner.

Verschiedene Formen der Strahlentherapie

Es gibt verschiedene Arten der Strahlentherapie. «Sie unterscheiden sich in der Art der Strahlung, der Technik und dem Einsatzgebiet», erklärt Dr. Wetzler. «Bei der sogenannten Teletherapie werden hochenergetische Röntgenstrahlen von aussen auf den Tumor gerichtet. Diese Methode ermöglicht eine genaue Dosierung der Strahlung», so die Expertin. Bei der Brachytherapie erfolgt die Bestrahlung hingegen von innen. Die Strahlenquelle wird direkt in das Tumorgewebe implantiert, zum Beispiel bei Prostata-, Brust- oder Gebärmutterhalskrebs. «Trotz der hohen Strahlendosis direkt im Tumor wird das umliegende Gewebe geschont. Allerdings ist diese Methode sehr aufwendig», betont sie.

So läuft eine Strahlentherapie-Sitzung ab

Eine Strahlentherapie-Sitzung folgt einem strukturierten Ablauf, um sicherzustellen, dass die Strahlung genau auf den Tumor gerichtet wird, während das umliegende gesunde Gewebe so weit wie möglich geschont wird. 

«Vor Beginn der Bestrahlung wird eine detaillierte Planung durchgeführt. CT- oder MRI-Aufnahmen zeigen die exakte Lage des Tumors auf. Diese Bilder helfen uns, die Strahlendosis und den genauen Strahlungswinkel zu berechnen», erklärt Prof. Zwahlen.

In einigen Fällen werden kleine Markierungen oder Tätowierungen auf der Haut angebracht, um die Position der Patientin oder des Patienten während der Bestrahlung zu kennzeichnen und eine präzise Ausrichtung während der Sitzung zu gewährleisten. «In vielen Abteilungen werden diese Markierungen mittlerweile durch eine Software ersetzt, welche die Körperoberfläche der oder des Betroffenen in ein Hologramm umwandelt. Darin wird die Patientin oder der Patient während der Bestrahlung entsprechend positioniert», so der Chefarzt.

Während der eigentlichen Bestrahlung liegt die betroffene Person auf einem speziellen Behandlungstisch. Zur genauen Positionierung werden Polster, Masken oder andere Lagerungshilfen genutzt. Das Team überprüft anschliessend die Position, um sicherzustellen, dass der Körper genau so liegt, wie es bei der Planung vorgesehen war.

Sobald mit der Therapie begonnen wird, verlässt das medizinische Personal den Raum, um sich vor der Strahlung zu schützen. Eine Kamera und ein Mikrofon gewährleisten jedoch den ständigen Kontakt mit der Patientin oder dem Patienten. Das Bestrahlungsgerät wird von aussen aktiviert, die Strahlen richten sich gezielt auf den Tumor. «Für die bestrahlte Person ist möglichweise ein Summen oder Brummen des Geräts zu hören, sie spürt in der Regel allerdings nichts», beruhigt Dr. Wetzler.

«Die Dauer der Strahlentherapie-Sitzungen hängt von der Art der Krebserkrankung, dem Behandlungsziel und der verwendeten Technik ab. Die Bestrahlung selbst dauert gewöhnlich nur wenige Minuten. Der gesamte Vorgang, einschliesslich der Vorbereitung, kann jedoch bis zu 30 Minuten in Anspruch nehmen», erläutert die Ärztin. Die Anzahl der Sitzungen kann zwischen einer und 35 liegen. «Die Therapie kann also zwischen einem Tag und etwa sieben Wochen dauern. Selbst innerhalb der gleichen Krebsart kann die Anzahl stark variieren, je nachdem welche Eigenschaften der Krebs aufweist und ob bereits Metastasen vorhanden sind», sagt Prof. Zwahlen.

Verschiedene Therapien in Kombination

Um die Wirksamkeit der Behandlung zu maximieren, die Tumorlast zu reduzieren und die Überlebenschancen zu verbessern, wird die Strahlentherapie häufig mit anderen Behandlungsmethoden kombiniert. «Die Kombination hängt von der Art der Krebserkrankung, dem Krankheitsstadium und dem allgemeinen Gesundheitszustand ab», erklärt Dr. Wetzler.

So wird zum Beispiel vor einer Operation bestrahlt, um den Tumor zu verkleinern und den chirurgischen Eingriff zu erleichtern. Mit einer Bestrahlung nach einer Operation versucht man, verbliebene Krebszellen abzutöten und dadurch einen Rückfall zu verhindern.

Die Strahlentherapie kann zudem mit einer Chemotherapie kombiniert werden. Eine vorherige Chemotherapie verkleinert den Tumor, sodass das Bestrahlungsfeld anschliessend kleiner ist und die Nachbarorgane besser geschont werden können. «Oft werden diese beiden Behandlungen gleichzeitig durchgeführt, um ein besseres Ansprechen des Tumors auf die Therapie zu erreichen», sagt Prof. Zwahlen.

Nachsorge nach Therapieabschluss

Regelmässige Kontrolluntersuchungen sind wichtig, um sicherzustellen, dass die Behandlung effektiv war, und um mögliche Nebenwirkungen, Rückfälle oder neue Krebserkrankungen frühzeitig zu erkennen. Die Kontrollen finden in der Regel zunächst alle drei bis sechs Monate nach Abschluss der Strahlentherapie statt. Mit der Zeit werden die Intervalle verlängert.

Eine Krebsbehandlung ist für die Betroffenen körperlich und psychisch sehr belastend. Umso zentraler ist die Erholung nach der Therapie. «Ich empfehle, auf seinen Körper zu hören, und das zu tun, was einem guttut und Freude bereitet», sagt Dr. Wetzler. Vor allem das Gewicht sollte im Auge behalten werden: Patientinnen und Patienten sollten versuchen, ihr Gewicht zu halten, respektive nach der Behandlung wieder auf ihr Ausgangsgewicht zu kommen. Denn sowohl die Grunderkrankung als auch die Behandlung können kräftezehrend sein. «Dabei ist zu beachten, dass die Wirksamkeit der sogenannten Krebsdiät bisher nicht nachgewiesen werden konnte. Grundsätzlich sollte in dieser Zeit keine Diät gemacht werden, da der Körper alle Kraft benötigt, um den Krebs zu bekämpfen und um sich wieder zu erholen», betont die Ärztin.

Eine grosse Stütze in dieser Zeit ist ein gutes soziales Netzwerk. «Meiner Erfahrung nach vertragen Patientinnen und Patienten mit einem starken sozialen Netzwerk die Behandlung nicht nur besser, sondern erholen sich auch schneller davon», führt Dr. Wetzler aus. Wenn die seelische Belastung durch die Nebenwirkungen und die Angst vor der Erkrankung die Patientin oder den Patienten zu überwältigen drohen, kann eine psycho-onkologische Begleitung in Anspruch genommen werden. Es kann vorkommen, dass die psychische Belastung erst nach Abschluss der Behandlung sichtbar wird, da die Betroffenen während der Therapie die Situation nicht ausreichend geistig und emotional verarbeiten konnten.

Heilungschancen

Dank neuer Technologien haben sich die Erfolgsaussichten der Strahlentherapie bei Krebs stetig verbessert. Auch bei den systemischen Therapien sind deutliche Fortschritte zu verzeichnen: Durch die Erforschung und Entwicklung zielgerichteter Chemotherapeutika oder der Immuntherapie treten häufig weniger Nebenwirkungen auf.

«Eine wichtige Rolle spielen zudem die verbesserten Vorsorge- und Früherkennungsuntersuchungen, die es ermöglichen, Krebs in einem früheren Stadium zu diagnostizieren», sagt Prof. Zwahlen.

Nebenwirkungen einer Strahlentherapie

Die Strahlentherapie bei Krebs kann sowohl kurz- als auch langfristige Nebenwirkungen haben, abhängig von dem behandelten Bereich und der individuellen Reaktion der Patientin oder des Patienten. «Kurzfristige Nebenwirkungen zeigen sich meist während der Behandlung oder bis zu zwei Wochen danach und sind oft vorübergehend. Häufig kommt es zu erhöhter Müdigkeit», sagt Dr. Wetzler. Je nach Lokalisation des Tumors kann es zudem zu Hautrötungen, lokalen Schmerzen, Übelkeit und Erbrechen, Durchfall oder vermehrtem Harndrang kommen. Werden die Kopfhaut, das Gesicht oder andere behaarte Bereiche bestrahlt, kann Haarausfall die Folge sein.

Langfristige Nebenwirkungen können hingegen Wochen bis Monate nach der Behandlung auftreten. In manchen Fällen sogar erst nach Jahren. «Die Nebenwirkungen hängen stark von der behandelten Region und der Strahlendosis ab. Möglich sind chronische Hautveränderungen, bei denen die Haut dauerhaft dunkler wird oder eine andere Textur annimmt, Narben oder Organfunktionsstörungen», führt Dr. Wetzler aus. Bei einer Ganzhirnbestrahlung kann es ausserdem zu Gedächtnisproblemen kommen.

«Es ist wichtig, dass Patientinnen und Patienten alle Nebenwirkungen, die sie erfahren, ihrem Behandlungsteam mitteilen, damit geeignete Massnahmen zur Linderung getroffen werden können. Wir als Ihre behandelnden Ärztinnen und Ärzte sind Ihre Mitstreiter im Kampf gegen den Krebs, als solche stehen wir bei Fragen und Problemen stets an Ihrer Seite», erinnert Prof. Zwahlen.

Nebenwirkungen behandeln

Gegen viele der Nebenwirkungen, die im Rahmen einer Strahlentherapie bei Krebs auftreten können, gibt es medikamentöse Lösungen. Patientinnen und Patienten können ihrerseits einiges dazu beitragen, um die Beschwerden zu lindern. Gegen Müdigkeit hilft zum Beispiel leichte Bewegung – am besten draussen an der frischen Luft. Hautreaktionen können mit Salben, aber auch mit kühlenden Linsensäckchen behandelt werden. Beruhigend und gleichzeitig feuchtigkeitsspendend wirkt reines Aloe-Vera-Gel.

Bei Übelkeit und Erbrechen schaffen komplementärmedizinische Mittel, wie beispielsweise Kamillentee, Abhilfe. Dr. Wetzler betont allerdings, dass auch komplementärmedizinische Arzneien zu Wechselwirkungen mit den Krebsmedikamenten führen können, weshalb die Einnahme vorab immer mit dem Behandlungsteam besprochen werden sollte.

Unterstützung finden

«Unser Behandlungsteam unterstützt die Patientinnen und Patienten sowie deren Angehörige bestmöglich. Wenn Unterstützung für die Pflege zu Hause oder eine Haushaltshilfe benötigt wird, kann die behandelnde Ärztin oder der behandelnde Arzt eine entsprechende Verordnung ausstellen», sagt Prof. Zwahlen. Ist der Transport zur Behandlung für die Angehörigen nicht möglich und die Patientin oder der Patient selbst nicht in der Lage zu fahren, kann beispielsweise der Fahrdienst des Roten Kreuzes in Anspruch genommen werden. Neben der medizinischen Versorgung stehen bei Bedarf auch Fachpersonen aus der Psycho-Onkologie, der Seelsorge, der Sozialberatung sowie der Ernährungsberatung zur Verfügung. Darüber hinaus bietet die Krebsliga wertvolle Informationen, Unterstützungsangebote und eine Vielzahl von Kursen für Betroffene.

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