Reizdarm: Ursachen, Behandlung und Vorsorge

Reizdarm – Die unsichtbare Krankheit

Reizdarm_Frau sitzt auf Klo

Spoiler

  • Reizdarm kann viele Ursachen haben. Stress und Unverträglichkeit gegen bestimmte Lebensmittel gehören dazu.
  • Obwohl er sich schwer diagnostizieren lässt, muss Reizdarm medizinisch abgeklärt werden, um anderen Darmerkrankungen auszuschliessen.
  • Oft hilft es, Stress zu reduzieren oder die Ernährung umzustellen. Je nach Beschwerde kann medikamentös behandelt werden.

In der Schweiz trifft es einen von zehn Erwachsenen, meist Frauen: Reizdarm. Bauchkrämpfe, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung oder beides im Wechsel sabotieren die Lebensqualität. Toilettengänge sind so unregelmässig wie unvorhersehbar. Typisch ist, dass das schlechte Gefühl im Bauch durch die Darmentleerung meist nachlässt.

Reizdarm: schwer abzugrenzen

«Die Diagnose Reizdarm entsteht, wenn bestimmte Symptome in bestimmten Zeiträumen auftreten», so Dr. Daniel Pohl. «Es ist wichtig auszuschliessen, dass keine Erkrankungen wie Morbus Crohn, Zöliakie oder sogar Darmkrebs dahinterstecken.»

«Frauen sollten zudem beim Gynäkologen einen vaginalen Ultraschall durchführen lassen», rät der Experte. Denn die Symptome des Reizdarms ähneln denen von Eierstockkrebs. Die Krankheit Reizdarm ist durch die üblichen Untersuchungen wie Blut-, Stuhltest oder Darmspiegelung nicht fassbar. Körperlich scheint alles in Ordnung, und doch ist die Funktion des Darms gestört.

Ungefähr doppelt so viele Frauen wie Männer sind betroffen. «Die meisten Frauen sind knapp 30 Jahre alt. Mit dem Alter nehmen die Beschwerden ab», so Dr. Pohl. Liegen die Schmerzen eher im oberen Bauch, gepaart mit Übelkeit oder Völlegefühl, spricht man von einer funktionellen Dyspepsie – dem Reizmagen.

Unterschiedliche Ursachen

«Man kennt verschiedene Ursachen», erklärt Dr. Pohl. Reizdarm kann etwa die Folge eines Magen-Darm-Infektes sein. Auch genetische Faktoren, Angst oder Depression können die Störung begünstigen. «Eine wichtige Problematik ist die Übererregbarkeit des viszeralen Nervensystems.» Dieses so genannte Bauchhirn ist ein komplexes, eigenes Nervensystem des Magen-Darm-Traktes.

Bei Reizdarm sind die Nerven der Darmwände überaktiv. «Es gibt sichere Daten, dass Entspannungstechniken helfen – das kann Achtsamkeitstraining sein, Hypnose oder Psychotherapie», sagt Dr. Pohl.

Erfolgreiche Therapie von Reizdarm

Als erste Schritte eignen sich folgende drei Anpassungen:

  • Stress abbauen: etwa durch Yoga oder Meditation
  • Bewegung: regelmässig, jedoch kein Extremsport
  • Ernährung: beobachten, welche Lebensmittel Beschwerden auslösen, z. B. Milchprodukte, Zwiebeln oder Linsen. Generell hilft: Kaffee, Alkohol, Fett, Blähendes und die Grösse der Mahlzeit reduzieren

Was bei Reizdarm hilft, ist individuell. Es gilt, sich auf die Suche zu machen nach Auslösern. Dr. Pohl testet bei Patienten zunächst, ob Nahrungsmittel eine Rolle spielen. Ist das der Fall, hilft oft die sogenannte FODMAP-Diät. Mithilfe einer FODMAP-Ernährungsberatung kann die Diät individuell optimal gestaltet werden.

Ein erster Schritt für alle, die an Reizdarm leiden, ist ein Quellmittel wie Flohsamen oder Sterculia einzunehmen, um den Stuhl zu regulieren. «Weiterhin setzt man Medikamente je nach Beschwerden ein», so Dr. Pohl. Gegen Bauchkrämpfe helfen etwa Spasmolytika. Ein Gallensäurebinder hilft, wenn Durchfall im Vordergrund steht, Medikamente gegen Verstopfung, wenn hier das Hauptproblem liegt. Um die Überempfindlichkeit der Darmnerven zu beruhigen, kommen Antidepressiva in niedriger Dosis zum Einsatz.

Früher wurde Reizdarm oft als «eingebildete Krankheit» abgetan. Zu Unrecht, weiss man heute: «Dem Patienten zu sagen, ‹Sie haben nichts› ist schlichtweg falsch», betont Dr. Pohl.

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