«Ständig unter Strom»

Andrea Sawatzki über Stress beim Familienfest, Entspannung und ihre Bundschuh-Romane

Andrea Sawatzki
Im März 2013 veröffentlichten Sie Ihren ersten Roman. Was hat Sie motiviert, zu schreiben?

Ich habe schon immer gern geschrieben, hätte aber nie gedacht, dass ich es jemals schaffen würde, ein ganzes Buch zustande zu bringen. Bei meinem ersten Roman «Ein allzu braves Mädchen» faszinierte mich der Blick ins Innere eines Menschen, ins Verborgene, hinter die Fassade.

Die schwarzen Komödien, die auf den ersten Psychothriller folgten, sind aus meiner Leidenschaft für dieses Genre entstanden. Auch hier hat es mich besonders gereizt, das Leben einer Familie hinter verschlossenen Türen auszukundschaften.

Ist das Schreiben für Sie eine Abwechslung zum Schauspielern?

Eigentlich ist das Schreiben dem Spielen sehr ähnlich. Man überlegt sich Biografien und wie die Menschen, die man sich ausgedacht hat, in bestimmten Situationen reagieren. Nur hat man beim Schreiben die volle Verantwortung für die Entwicklung und kann sich nicht an ein Drehbuch halten.

Ihre Romane um die Familie Bundschuh bieten amüsante Einblicke in den chaotischen Alltag einer durchschnittlichen Familie. Was inspiriert Sie?

Ich möchte sichtbar machen, was hinter den Wänden der Menschen passiert. Die Bundschuhs sind nach aussen eine gutbürgerliche Durchschnittsfamilie. Wenn aber etwas Unvorhergesehenes passiert, verlieren alle die Kontrolle: Alte Kränkungen und Enttäuschungen kommen hoch, weil die Bundschuhs sich nie die Mühe gemacht haben, sich mal auszusprechen oder zu hinterfragen. Ich glaube, die Bundschuhs sind so eine Art Prototyp. Zumindest erkennen sich viele Menschen in ihnen wieder.

Im Zentrum der Romane steht Gundula Bundschuh. Wie viel Andrea Sawatzki steckt in dieser Figur?

Ich habe die Protagonistin ganz bewusst ausgesucht. Gundula ist in meinem Alter, hat Familie und immer zu wenig Zeit. Sie leidet unter etwas, das viele Frauen kennen: dem Perfektionismus.

Die wenigsten Frauen, die ich kenne, können sich mal entspannt zurücklehnen und alle fünfe gerade sein lassen. Ihnen fällt immer irgendetwas ein, das noch erledigt werden könnte. Sie fühlen sich ständig unter Strom und unvollständig. Das reibt auf. So gesehen bin ich meiner Gundula und vielen anderen Frauen auch ziemlich ähnlich, ja.

Sie schildern Familienfeste und Hochzeiten als Stresstests für die ganze Familie, vor allem aber für die Mutter und Ehefrau. Haben Sie Tipps?

Oh Gott, keine Ahnung. Sich einfach mal ausklinken und den anderen die Organisation überlassen? Ich kenne so viele Frauen, die sich immer wieder für grosse Familienfeste verantwortlich fühlen. Sie ackern bis zum Umfallen, beschweren sich aber zugleich über den Stress. Da kann ich nur sagen: Dann macht es doch nicht! Auch wenn der Familiensegen dann schiefhängt. Das wird sich schon wieder beruhigen.

Was tun Sie, um das Stresslevel in Familie und Beruf möglichst gering zu halten?

Ach, der ist niedrig. Meine drei Männer sind super und helfen, wo sie können. Und am Wochenende mache ich lange Spaziergänge mit den Hunden, arbeite im Garten oder backe. Das entspannt mich alles ungemein.

Die Bundschuh-Romane wurden allesamt verfilmt. Wie fühlt es sich an, in die selbst erdachte Figur zu schlüpfen?

Es ist seltsamerweise gar kein grosser Unterschied zu den anderen Rollen, die ich so spiele. Obwohl ich mir die Gundel ja selbst ausgedacht habe. Aber ich gebe mich bei der Arbeit immer den Regieanweisungen hin und versuche, gemeinsam mit dem Regisseur alle Nuancen meiner Figur herauszuarbeiten. Mich macht es immer total glücklich, die Kollegen beim Spielen meiner Figuren zu beobachten, weil die ihre Figuren so lieben.

Wie geht es mit Gundula Bundschuh weiter? Gibt es bereits Pläne für einen nächsten Roman?

Momentan arbeiten wir an einem Drehbuch für den fünften Film. Mal sehen, ob wir es hinbekommen, das wäre schön. Das wird dann der erste Film ohne Romanvorlage sein, weil ich mit dem Schreiben gerade nicht mehr hinterherkomme.

Vielen Dank für das Gespräch.
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