Mobbing: wie Eltern ihre Kinder schützen können

Wenn Kinder mobben oder gemobbt werden

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Spoiler

  • In der Schweiz wird jedes sechste Kind gemobbt.
  • Sich zu wehren, macht die Sache schlimmer. Der einzige Ausweg aus dem Mobbing ist, Hilfe zu holen.
  • Der Gruppenleiter muss intervenieren, nicht die Eltern.
  • Im Zweifel können Kinder sich an die Notfallnummer 147 wenden.

«Du musst lernen, dich zu wehren!» Was Eltern gut meinen, ist beim Mobbing der falsche Rat. Denn bei diesem Phänomen gelten ganz eigene Regeln. «Mobbing entsteht, sobald Gruppen vorhanden sind, vor allem Zwangsgemeinschaften wie in der Schule», sagt Christelle Schläpfer. Die ehemalige Gymnasiallehrerin hat 2010 das Beratungsangebot edufamily gegründet und ist regelmässig mit Mobbingfällen konfrontiert.

Wenn mein Kind gemobbt wird

Im Unterschied zu einem Streit geht es beim Mobbing nicht um eine Sache oder eine konkrete Situation, sondern um die Persönlichkeit des Opfers. Weil es weh tut, gedemütigt zu werden, erzählen Kinder nicht immer, was ihnen in der Schule passiert. Eltern können Mobbing erkennen, indem sie ihrem Kind gegenüber aufmerksam sind: «Manche Kinder ziehen sich zurück, bekommen Ess- oder Schlafstörungen oder ihre Leistungen werden schlechter», sagt Christelle Schläpfer.

Jetzt ist es wichtig, dass du als Mutter oder Vater dein Kind ernst nimmst, es ermutigst, über Gefühle und Wahrnehmungen zu reden. Stärke das Selbstvertrauen deines Kindes, statt ihm Vorwürfe zu machen. Biete Hilfe an: Sollen wir mit dem Lehrer oder Schulpsychologen sprechen? Beziehe dein Kind in das weitere Vorgehen ein, entscheide nicht über seinen Kopf hinweg.

Für die Lösung des Problems ist die Person zuständig, die die Gruppe leitet. Christelle Schläpfer empfiehlt: «Auf keinen Fall mit den anderen Eltern reden. Eltern reagieren sehr unterschiedlich. Wenn es für den Täter daheim Sanktionen gibt, könnte er sich rächen.» Bestenfalls wird der Lehrer die Situation lösen – und zwar innerhalb der Gruppe, denn diese ist in Mobbingfällen gemeinschaftlich verantwortlich. «Der Täter hätte längst aufgehört, wenn er die Billigung der Mittäter nicht hätte», sagt die Expertin.

Sozialkompetenz schützt Kinder davor, zum Täter zu werden

Viele Eltern denken, dass ihr Kind zum Opfer von Mobbing wird, weil es kein Selbstvertrauen hat. Dieser These wiederspricht Christelle Schläpfer vehement: «Jeder kann zum Opfer werden.» Doch nicht jedes Kind wird zum Täter: «Täter handeln oft aus Lust oder Frust, Neid und fehlender Toleranz anderen gegenüber. Sie wollen sich Macht verschaffen.» Fühlen sich Kinder zuhause abgelehnt, nicht gehört oder haben sie das Gefühl, benachteiligt zu sein, können sie zu Tätern werden.

«Eltern müssen die Sozialkompetenz ihrer Kinder stärken und sich fragen: Was leben wir vor? Wie lösen wir Konflikte?», sagt Christelle Schläpfer. Sie rät Eltern, nicht nur die Erfolgserlebnisse ihrer Kinder zu loben, denn dieses Lob ist leistungsgebunden. «Kinder brauchen bedingungslose Annahme unabhängig von ihrem Verhalten.»

Mobbing als Täter: Kinder bewahren

Mobbt dein Kind andere, informiert der Lehrer dich meist neutral über die Sachlage. Er sucht die Verantwortung nicht zu Hause, sondern in der Gruppe. Eine Lösung innerhalb der Gruppe wird das System stärken und allen Kindern helfen, das Mobbing zu überwinden. Übrigens: Werden klassische Mobbingsituationen nicht gelöst, entstehen aus ihnen später oft Cybermobbing-Attacken. «Per WhatsApp zu mobben, fällt vielen Kindern leichter, weil sie ihrem Gegenüber nicht in die Augen blicken müssen», sagt die Expertin. Mobbing in der virtuellen Welt zu lösen, ist schwieriger. Hier gilt umso dringlicher: Unbedingt bei Lehrern oder Schulpsychologen Hilfe holen!

 

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