Der Wecker klingelt, schnell ein Frühstück für die Familie zaubern, die Kinder für die Schule parat machen, dann selbst los zum Job und unterwegs bereits die ersten Mails checken. In diesem Affentempo startet für viele der Tag – und geht genauso weiter. Effizient und ungebremst. So entsteht schnell alltäglicher Stress. Wer mit Meditation beginnt, stoppt seinen normalen Tagesablauf. Er schafft sich einen Raum der Ruhe, zu dem die Flut der äusseren Eindrücke keinen Zutritt hat.
Positive Effekte der Meditation
Der Geist wird ruhiger, der Atem tiefer und das vegetative Nervensystem schaltet um auf Erholung und Regeneration. Parasympathikus oder auch Ruhe-Nerv wird der Teil des Nervensystems genannt, der verantwortlich ist für die vielen positiven Wirkungen der Meditation auf den Organismus. Und auch dafür, dass wir uns anschliessend so ruhig und klar fühlen.
Doch wie geht Meditieren? Einfach sitzen und still sein ist die wohl einfachste Erklärung dieser jahrhundertealten Technik. Doch das klingt für die meisten leichter, als es ist. Stefan Geisse ist Meditationslehrer. In Schweizer Klöstern bringt er Interessierten in Seminaren die Techniken der Achtsamkeit, Konzentration und Meditation bei. Diese fünf Schritte empfiehlt er Einsteigern:
1. Schaffe dir für die Meditation einen ruhigen Ort
«So banal es klingt: Wer meditiert, braucht einen Ort, an dem er nicht gestört wird. Weder vom Partner noch von den Kindern. Schalte dein Handy auf Flugmodus. Viele richten sich eine kleine Meditationsecke ein. Du sollst dich wohl fühlen! Manche mögen Kerzen, Blumen, schöne Kissen, andere wiederum bevorzugen eine nüchterne Umgebung. Eine solche Oase der Ruhe macht es leichter, Meditationen in den Alltag einzubauen. Wenn jedes Mal erst ein Ort gesucht und eingerichtet werden muss, ist die Hürde viel grösser, das Meditieren zur Gewohnheit werden zu lassen.»
2. Meditiere regelmässig, selbst wenn es nur kurz ist
«Die Wirkung der Meditation wird mit der Zeit und durch das Üben kraftvoller. Ideal ist, sie zum täglichen Ritual zu machen. Oft beginnen Menschen sehr motiviert und stecken sich grosse Ziele. Nach einiger Zeit stellen sie fest, dass diese nicht realistisch sind. Frustriert wird der ganze gute Vorsatz an den Nagel gehängt. Anfangs reichen deshalb zehn Minuten – lieber weniger und dafür regelmässig. Eine praktische Hilfe sind Meditations-Apps wie zum Beispiel Samsara Lite. Der gewünschte Zeitraum wird eingestellt und beginnt und endet mit einem Gong.»
3. Mach es dir bequem – aber nicht zu sehr
«Kleide dich warm und bequem: Wer stillsitzt, kühlt schnell aus. Ich persönlich mag es gerade in den Wintermonaten, mich beim Meditieren in eine Decke zu kuscheln. Viele haben einen Schal über den Schultern oder dicke Socken an. Dann finde eine bequeme Sitzposition. Die Wirbelsäule sollte aufrecht sein, die Hände locker im Schoss liegen. Ob das am Boden oder auf einem Stuhl ist, ist egal. Wer am Boden meditiert, kann sein Becken durch ein Kissen oder eine gefaltete Decke erhöhen, um aufrechter zu sitzen. Und: Ein paar Lockerungs- und Dehnübungen vor der Meditation helfen, anschliessend still, stabil und trotzdem entspannt zu sitzen.»
4. Gedanken bei der Meditation ziehen lassen
«Kaum sitzt du still und hast die Augen geschlossen, schon gehen die Gedanken auf Achterbahnfahrt? Das ist anfangs völlig normal und für viele die grösste Herausforderung bei der Meditation. Denn jetzt ist Akzeptanz und Gelassenheit gefragt.
Beobachte, was deinen Geist beschäftigt, ohne es zu bewerten: Nimm deine Gedanken wahr und dann lass sie los. Vielen hilft dabei die Technik der Visualisierung: Vor deinem inneren Auge kannst du deine Gedanken zum Beispiel auf eine Wolke setzen und weiterziehen lassen.»
5. Leichter Einstieg mit Meditationsobjekt
«Suche dir ein Meditationsobjekt, an dem du dich ‘festhalten’ kannst. Gut funktioniert die Atmung. Sie dient beim Meditieren als Hilfsmittel, um den unruhigen Geist zu stabilisieren und sich zu beruhigen. Unser Geist wühlt unablässig in der Vergangenheit und in der Zukunft. Wer auf die Atmung achtet, bleibt in der Gegenwart.
Auch ein inneres Bild kann helfen, den Geist auf etwas zu fokussieren: So kannst du dir etwa vorstellen, am Meer zu sitzen. Mit jeder Ausatmung beobachtest du, wie eine Welle zu dir heranrollt, mit jeder Einatmung zieht sich das Wasser zum Meer zurück. Toller Nebeneffekt: Die inneren Bilder wirken auf unsere Biochemie. Selbst wenn draussen Schneeflocken fallen, fühlen wir uns nach der Meditation ein bisschen, als hätten wir am Strand gesessen. Viele visualisieren auch einen Gegenstand wie eine Kerze oder einen Baum, um ihren Geist an etwas festzumachen und vorm Herumschweifen zu bewahren.»
Spuren im Gehirn: Fakten aus der Wissenschaft
- Über die Regulierung des vegetativen Nervensystems beeinflusst Meditation den Blutdruck, das Immunsystem und die Zellerneuerung positiv.
- Durch Meditation funktioniert unser Gedächtnis besser, die emotionale Stimmung wird stabiler und positiver, Aufmerksamkeit, Konzentration und kognitive Leistung werden stärker, so die Forschungsergebnisse der University School of Medicine in Winston-Salem.
- Meditation erleichtert es, Herr seiner Gefühle zu werden, vor allem der schwierigen wie Ärger oder Zorn, ergaben Studien der Yale University in New Haven.