Magenkrebs: wenn der Tumor im Magen bösartig ist

Über Diagnose, Behandlung und Heilungschancen dieser Krebserkrankung

Tumor im Magen: Ein älteres Paar in Winterjacken hält sich an den Händen.
Frau Dr. Zúñiga Ott, was genau bedeutet die Diagnose Magenkrebs und wie häufig kommt er vor?

Dabei handelt es sich um eine bösartige Tumorerkrankung im Magen, meist in dessen Schleimhaut. Aktuell verzeichnen wir in der Schweiz zirka 950 neue Fälle pro Jahr, damit macht das Magenkarzinom etwa zwei bis drei Prozent aller Krebsdiagnosen aus. Man sieht, dass die Häufigkeit in den europäischen Ländern sinkt, obwohl die Menschen immer älter werden. Das liegt vermutlich daran, dass es Kühl- und Gefrierschränke gibt, wodurch weniger gepökelte und konservierte Nahrungsmittel konsumiert werden und mehr frische und gesunde Lebensmittel. Zudem hat man früher auch mal Dinge gegessen, die nicht mehr so gut waren und die man heute eher entsorgen würde. 

Gibt es verschiedene Arten von Tumoren im Magen?

Es gibt natürlich auch gutartige Tumore, sogenannte Polypen, diese sind aber selten. Wenn wir von bösartigen Tumoren, also Magenkrebs sprechen, dann ist das in 90 bis 95 Prozent der Fälle ein sogenanntes Adenokarzinom. Dieses entsteht in der Magenschleimhaut und wächst weiter. Man unterteilt dann noch je nach Ort, wo es sich entwickelt, zum Beispiel am Übergang zwischen Speiseröhre und Magen. Darüber hinaus gibt es noch Tumore, die vom Bindegewebe oder von lymphatischen Zellen ausgehen, diese sind aber deutlich seltener.

Welche Risikofaktoren gibt es?

Alles, was eine chronische Entzündung verursacht, sei es durch eine Magenschleimhautentzündung oder Bakterien, sorgt dafür, dass sich die Zellen entdifferenzieren und begünstigt so den Krebs. Entdifferenzierung bedeutet, dass sich die Zellen rückentwickeln zu weniger spezialisierten Zellen, sie verlieren somit ihre Bestimmung und ihre Funktion und werden teilungsfähiger. Ein gutes Beispiel für einen Bakterienstamm, der das Risiko erhöht, ist der Helicobacter pylori, der eine chronische Entzündung zur Folge hat. Auch eine dauerhaft erhöhte Magensäure begünstigt Entzündungen.

Daneben steigt das Risiko für einen Tumor im Magen mit dem Alter, da die Reparaturmechanismen im Körper nicht mehr so gut funktionieren. Männer erkranken im Durchschnitt etwas jünger an Magenkrebs als Frauen. Generell sind Männer häufiger betroffen. Das mittlere Erkrankungsalter liegt bei 71 Jahren bei Männern und 76 Jahren bei Frauen.

Es gibt genetische Erkrankungen, die mit einem erhöhten Risiko assoziiert sind. Dazu gehören das Lynch-Syndrom, das Li-Fraumeni-Syndrom, das hereditäre diffuse Magenkarzinom (HDGC), das juvenile Polyposissyndrom und das Peutz-Jeghers-Syndrom.

Der Lebensstil hat ebenfalls erheblichen Einfluss. Bei der Ernährung spielen insbesondere gepökelte und konservierte Nahrungsmittel eine grosse Rolle, gerade wenn sie in grösseren Mengen konsumiert werden. Viel Salz, wenig Obst und Gemüse und Alkohol sind schlecht für die Magenschleimhaut und begünstigen Entzündungen. Das betrifft auch das Rauchen, denn der Rauch wird nicht nur inhaliert, sondern auch geschluckt.

Durch Operationen kann sich das Risiko für Tumore im Magen ebenfalls erhöhen. Bei Magenverkleinerungen und anderen Magenoperationen ändert sich der pH-Wert und es kann zu einem erhöhten Rückfluss von Verdauungssäften aus der Bauchspeicheldrüse und Gallenflüssigkeit in den Restmagen kommen.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei der Entstehung von einem Tumor im Magen?

Isst man zu viel Salz, ist das nicht gut für den Magen und der hohe Salzkonsum macht es auch Bakterien wie dem Helicobacter pylori leichter. Zudem sind geräucherte Waren in grosser Menge nicht gut, denn diese enthalten krebserregende Stoffe und bleiben aufgrund der Schwerverdaulichkeit relativ lange im Magen. In Gepökeltem sind ausserdem schädliche Nitrite, welche zu krebserregenden Nitrosaminen umgewandelt werden. Demgegenüber wirken viel Obst, Gemüse und generell Ballaststoffe aktiv entgegen und reduzieren das Risiko. Doch selbst wenn man nur sehr ausgewogen und salzarm isst, gibt es natürlich niemals eine Garantie. 

Welche Anzeichen weisen auf Magenkrebs hin?

Das ist genau die Schwierigkeit bei Magenkrebs – er macht gar keine Symptome oder nur sehr wenige wie leichtes Aufstossen, schnellere Sättigung, Völlegefühl, Appetitlosigkeit, sodass man lange Zeit nichts bemerkt. Meistens wird er deshalb auch erst gefunden, wenn es fast zu spät ist. Kommt es zu schwerwiegenderen Symptomen wie Gewichtsverlust, ist die Erkrankung schon recht fortgeschritten. Bei den meisten Symptomen würde man erst einmal an eine viel häufiger auftretende Gastritis denken und die behandeln und wenn dann keine Besserung eintritt, eine Magenspiegelung machen, um (vielleicht) ein Magengeschwür auszuschliessen. Auch in der Hausarztpraxis geht man aufgrund der Häufigkeit erst einmal von harmlosen Auslösern aus, das ist das Gemeine an dieser Erkrankung.

Gibt es Vorsorgeuntersuchungen, die man ab einem bestimmten Alter wahrnehmen sollte?

Es gibt keine Massnahmen zur Früherkennung für die normale Bevölkerung, wenn Magenkrebs nicht in der Familie vorkommt oder aus anderen Gründen das Risiko hoch ist. Im Gegensatz zur Darmspiegelung für die Darmkrebsvorsorge werden keine standardmässigen Magenspiegelungen gemacht, weil die Wahrscheinlichkeit für einen kanzerösen Tumor im Magen so viel niedriger ist. Daher werden Magenspiegelungen erst angeordnet, wenn Beschwerden wie Gastritis-Symptome vorliegen, die trotz Behandlung nicht weggehen.

Wie wird ein Tumor im Magen behandelt und wie sind die Heilungschancen?

Wird durch Zufall ein Tumor im Magen noch früh gefunden, kann man ihn in einer Operation entfernen. Meist wird das mit einer Chemotherapie ergänzt, dann ist der Magenkrebs in einem frühen Stadium eventuell noch heilbar. Eine Strahlentherapie macht man nur ganz selten, da sie mit zu vielen Beschwerden im Verdauungstrakt einhergeht. Je früher er entdeckt wird, desto grösser sind die Heilungschancen: 70 bis 80 Prozent der Patientinnen und Patienten überleben die fünf Jahre danach und dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie es überstanden haben. 

Die Heilungschancen kann man nicht direkt verbessern, aber wie bei jedem Krebs empfehlen wir, während der Behandlung eine Mangelernährung zu vermeiden und sich weiterhin ausreichend zu bewegen. Es kommt immer auch auf den Zustand vor der Krebserkrankung an, denn ist die Patientin oder der Patient sehr fit, können viel mehr Therapieoptionen ausgeschöpft werden.

Je grösser der Tumor ist, wenn man ihn findet, desto wahrscheinlicher ist es, dass man schnell daran verstirbt, da dieser Krebs so aggressiv ist. Bei grösseren Tumoren ist die Überlebenschance bei 30 Prozent nach fünf Jahren, hat der Magenkrebs bereits gestreut und auch andere Organe befallen, sind es unter fünf bis sieben Prozent. Im Falle von Metastasen wird man nicht mehr operieren, sondern setzt auf eine palliative Therapie. Das bedeutet, dass man Chemotherapien und gegebenenfalls Immuntherapien oder andere neuere Therapien anwendet, um die Tumore zurückzudrängen beziehungsweise das weitere Wachstum zu hemmen. Das wird den Krebs nicht heilen, aber es verringert die tumorbedingten Beschwerden und verbessert die Lebensqualität. Man wird jedoch daran sterben. 

Wie beeinflusst die Behandlung das Leben der Betroffenen, besonders in Bezug auf Ernährung und Verdauung?

Muss bei der Operation zur Tumorentfernung ein Stück des Magens entfernt werden, merken die Menschen das. Es ist nicht nur eine Wunde, die einfach abheilt, der Restmagen ist viel kleiner nach der Operation. Betroffene können nur noch kleinere Mengen auf einmal essen. Eine häufigere Nahrungsaufnahme ist sehr wichtig, oft werden hochkalorische Zusatzdrinks oder eine Sonde benötigt. Mangelernährung ist ein ganz, ganz grosses Risiko. Gerade am Anfang bringen Patientinnen und Patienten fast nichts runter, weil der Magen so klein ist. Dieser dehnt sich jedoch auch wieder aus und sie lernen, damit umzugehen. Zudem beobachten wir ähnliche Beschwerden wie man sie von Magenbypässen kennt: Beim Dumping-Syndrom wird das Essen nicht richtig vorverdaut und wandert zu schnell in den Darm weiter. Dadurch wird den Leuten übel und schwindelig. Es kommt ausserdem gehäuft zu Verdauungsproblemen wie Durchfall. Kommt dann zur weiteren Behandlung noch eine Chemotherapie dazu, bringt diese erst recht alles im Verdauungstrakt durcheinander.

Gibt es eine Möglichkeit, einem Tumor im Magen aktiv vorzubeugen?

Man sollte sich nach den normalen Lifestyle-Regeln richten, die das allgemeine Krebsrisiko senken mit ausgewogener Ernährung und Bewegung. Bei der Ernährung sollte man viel Obst und Gemüse essen, denn darin sind viele Antioxidantien wie Vitamin C, Vitamin E und Beta-Carotin enthalten. Salz, Geräuchertes sowie Gepökeltes sind nur in möglichst kleinen Mengen zu verzehren. Es geht nicht darum, komplett auf gepökeltes oder geräuchertes Essen zu verzichten, sondern darauf zu achten, die Menge zu begrenzen. Das Ziel ist es, ein bewusstes Mass einzuhalten, ohne sich komplett einzuschränken. Alkohol sollte nur selten getrunken werden, auf Rauchen besser ganz verzichten. Darüber hinaus macht es Sinn bei anhaltenden Beschwerden einen Helicobacter pylori zu suchen und gegebenenfalls zu behandeln und dann sorgfältig zu kontrollieren, ob er wirklich weg ist.

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