Kinder mit Legasthenie fördern und unterstützen

Tipps bei einer Lese-Rechtschreibstörung

Buchstaben
Frau Graemiger, was sind erste Anzeichen einer Legasthenie?

Erste Anzeichen einer Legasthenie können bereits im Kindergartenalter beobachtet werden: etwa Schwierigkeiten beim Auswendiglernen von Liedern und Sprüchen oder dem Finden von Reimwörtern. Manche betroffenen Kinder können Reihenfolgen nur schwer einhalten. Der Prozess des Erlernens von Lesen und Schreiben ist sehr komplex und erfordert ein koordiniertes Zusammenspiel von verschiedenen Fähigkeiten. Daher können in verschiedenen Bereichen Probleme entstehen. Das Kind kann Mühe haben, ähnliche Buchstabenformen zu unterscheiden oder die Buchstaben den gesprochenen Lauten zuzuordnen.

Durch die erschwerte Entzifferung wird das Lesen fehlerhaft und langsam. Dadurch kann keine Geschichte entstehen und das Lesen macht keinen Spass. Das holprige Lesen und die vielen Fehler lassen das Kind an seinen Fähigkeiten zweifeln. Dies, obwohl ganz im Gegenteil die Diagnose Legasthenie eine mindestens durchschnittliche Intelligenz voraussetzt.

Daheim können Streitereien um die Hausaufgaben entstehen. Eventuell geht das Kind nicht mehr gern zur Schule. Bauch- oder Kopfschmerzen können ein Zeichen sein, dass etwas nicht stimmt.

Wie können Kinder mit Legasthenie gefördert werden?

Für die individuelle Förderung sind schulische Heilpädagogen zuständig. Um eine Legasthenie von anderen Lernstörung zu unterscheiden, wird die Diagnose in der Regel von Schulpsychologen erstellt. Logopäden können diagnostisch, vor allem aber therapeutisch eingesetzt werden. Die Förderung findet einzeln oder in Kleingruppen statt.

Eher ungeeignet sind Fördergruppen, die aus Kindern mit ganz unterschiedlichen Bedürfnissen zusammengesetzt sind. Kinder mit einer Legasthenie haben Anrecht auf einen Nachteilsausgleich, der gewährt, dass die legastheniebedingten Defizite angemessen berücksichtigt werden. Die Massnahmen werden den entsprechenden Bedürfnissen angepasst. Zum Beispiel wird bei Prüfungen mehr Zeit gewährt, die Rechtschreibung wird weniger stark gewichtet und Hilfsmittel sind erlaubt.

Wie können Eltern das Lesenlernen unterstützen?

Es hilft, jeden erdenklichen Lese- und Schreibanlass zu nutzen: Postkarten aus dem Urlaub, Briefe und E-Mails an Freunde. Bei elektronischen Texten kann das Lesen erleichtert werden – Hintergrundfarbe ändern, Buchstaben vergrössern oder Zeilenabstand anpassen. Das automatische Korrekturprogramm unterstützt beim Schreiben.

Hörbücher sind nicht nur unterhaltsam, sondern erweitern auch den Wortschatz. Und schliesslich sollten die vom Lehrer oder vom Logopäden empfohlenen Übungen regelmässig gemachten werden. Dabei gilt: besser täglich kurz als selten stundenlang üben.

Vielen Dank für das Gespräch.
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