Kaiserschnitt führt zu Mikrobiom-Defizit – jedoch nicht dauerhaft

Kaiserschnitt Mikrobiom: Füsse eines Neugeborenen mit beiger Hose.

Bei einer vaginalen Geburt kommen Babys in Kontakt mit dem Mikrobiom der Mutter, einer wichtigen Starthilfe für die Entwicklung des kindlichen Immunsystems. Werden Kinder jedoch per Kaiserschnitt entbunden, findet die Übertragung des Mikrobioms nicht statt. Eine Studie aus den Niederlanden konnte nun jedoch zeigen, dass das Defizit schnell wieder aufgeholt wird, und dass Mütter die Übertragung aktiv unterstützen können.

Kaiserschnitt-Kinder und Mikrobiom-Defizit

Das menschliche Mikrobiom – das heisst Bakterien, Pilze und andere Mikroorganismen, die Haut, Schleimhaut, Darm oder Lunge besiedeln – war in den letzten Jahren Untersuchungsgegenstand vieler Studien. So auch einer jüngst veröffentlichten Arbeit eines Forscherteams um Debby Bogaert von der Universität Utrecht. Die Wissenschaftler wollten herausfinden, wie sich das Mikrobiom von Kindern entwickelt, die per Kaiserschnitt geboren wurden und durch welche Körperregionen der Mutter die Besiedlung mit den Mikroben erfolgt.

Dafür untersuchten die Forscher 120 Mutter-Kind-Paare und nahmen insgesamt 2’453 Proben aus Speichel, Nasen-Rachen-Raum, Haut, Muttermilch, Vaginalsekret und Stuhl bei den Müttern sowie von Haut, Nasen-Rachen-Raum, Speichel und Stuhl bei den Neugeborenen. Die Ergebnisse zeigen, dass der anfängliche Rückstand von per Kaiserschnitt Geborenen in den Tagen nach der Entbindung schnell aufgeholt wird. Tatsächlich konnten die Forscher nach dem Ablauf der Untersuchungsperiode keinen Rückstand mehr feststellen.

Mikrobiom – was ist das?

Unter Mikrobiom verstehen Fachleute die Gesamtheit aller Mikroorgansimen wie Viren, Pilze oder Bakterien, die ein Lebewesen besiedeln. Das Mikrobiom setzt sich bei jedem Menschen individuell zusammen. Viele Mikroorgansimen besiedeln den Darm. Dort erfüllen sie wichtige Aufgaben, wie die Herstellung von Vitaminen oder die Bekämpfung von Krankheitserregern. Die Ernährung und sogar der Lebensstil haben einen Einfluss auf die Zusammensetzung des Mikrobioms. Medikamente, insbesondere Antibiotika, können die sensiblen Mikroorganismen abtöten, bei den meisten Menschen erholt sich das Mikrobiom jedoch wieder innerhalb von wenigen Wochen.

Mikrobiom aus verschiedenen Quellen

Die Forscher konnten nachweisen, dass 58,5 Prozent der Mikroben von Säuglingen von der Mutter stammten – und zwar unabhängig von der Entbindungsmethode. Allerdings hatte diese Auswirkung auf die Quelle, aus der die Mikroben stammten: Vaginal entbundene Kinder wiesen vermehrt Mikroorganismen aus dem Vaginal- und Darmsekret auf. Säuglinge, die per Kaiserschnitt das Licht der Welt erblickten, erhielten die Mikroben über die Muttermilch.

Das zeigt, dass durch Stillen die negativen Auswirkungen einer Kaiserschnittgeburt auf das Mikrobiom kompensiert werden können. Und da auch durch die Haut Mikroorganismen übertragen werden, gilt auch ausreichend Körperkontakt, also Kuscheln, als förderlich. Umso wichtiger sei es, dass Mütter, die per Kaiserschnitt entbunden haben, beim Stillen unterstützt und gefördert werden.

Kaiserschnitt und Asthma

Die Studie hat allerdings nicht untersucht, inwiefern sich die verschiedenen Arten der Besiedlung mit Mikroorganismen auf die spätere Entwicklung der Kinder auswirkt. Es gibt Hinweise, dass eine Kaiserschnittgeburt das Risiko für Asthma (hier der Link zu einer Studie) leicht erhöht. Dies wird auf die fehlenden Vaginalbakterien direkt nach der Geburt zurückgeführt. In manchen Kliniken und Geburtshäusern werden deshalb Kaiserschnitt-Babys mit einem Tuch eingerieben, das Vaginalsekret der Mutter enthält. Diese Methode ist allerdings umstritten und noch kaum erforscht.

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