Inkontinenz und wie sie in den Griff zu kriegen ist

Bewährte Therapien und neue Methoden

Wassertropfen

Spoiler

  • Frühes Handeln stoppt die Verschlimmerung.
  • Professionelles Beckenbodentraining bringt Besserung.
  • Radfahren, Wandern, Walking: Was die Beine trainiert, kräftigt auch den Beckenboden.

Eine halbe Million Frauen und Männer leiden in der Schweiz an Inkontinenz. Prof. Eberli und sein Team forschen seit gut vierzehn Jahren auf dem Gebiet und stellen jetzt mit der Stammzellentherapie eine mögliche Lösung in Aussicht. Während sich die Blasenschwäche bei Frauen oft schleichend über Jahre entwickelt, tritt sie bei Männern meist als Folge einer OP auf. In beiden Fällen rät er, früh zu handeln, um eine Verschlimmerung aufzuhalten.

Männer und Frauen

«Frauen sind etwas häufiger betroffen. Geburten und hormonelle Veränderungen während der Menopause können die Funktion des Beckenbodens stören», so der Experte. Beim Husten oder Niesen landen zunächst ein paar Tropfen Urin in der Hose. Da sich die Inkontinenz über Jahre entwickelt, bleibt sie oft lange unbehandelt. Bei Männern ist das anders: Über 90 Prozent der Fälle entstehen nach einer OP, etwa bei Prostata- oder Blasenkrebs. «Der Mann wird hier vom Arzt mit dem Thema abgeholt. Er wird gefragt, ob es Probleme mit Inkontinenz gibt, sodass sie früh behandelt wird», erklärt Prof. Eberli.

Physio und Beinkraft

Männer beginnen schnell nach Auftreten der Symptome mit einem professionellen Beckenbodentraining. «Das wirkt super», betont der Urologe und weist darauf hin, dass bei Inkontinenz mehr Sport im Alltag guttut. «Alles, was den unteren Körper trainiert – Velo fahren, lange Spaziergänge oder Walking –, hilft auch dem Beckenboden. Völlig falsch wäre es, sich zu sagen: Ich gehe nicht mehr wandern, da könnte etwas in die Hose gehen. Gerade jetzt sollte man wandern. Jede Aktivierung des Beckens und der Beine baut den Beckenboden auf.»

Zufriedenheit nach OP

Wer häufiges oder nächtliches Wasserlassen bei sich beobachtet und eine drohende Inkontinenz fürchtet, kann beruhigt sein: Es ist kein Frühsymptom. Trotzdem sollte ein Urologe aufgesucht werden, um herauszufinden, was dahintersteckt.

Neben dem Beckenbodentraining gibt es nur wenige Medikamente, die die Blasenschwäche verbessern. Gute Ergebnisse und eine hohe Zufriedenheitsrate unter Patienten erzielen jedoch OPs: Zum einen gibt es Eingriffe, bei denen durch Bänder das Auslaufen der Blase verhindert wird. Zum anderen kann ein künstlicher Schliessmuskel eingesetzt werden. Prof. Eberli empfiehlt, bei schwerer Harninkontinenz nicht zu lange mit der OP zu warten: «Je länger gewartet wird, desto mehr Harnblasengrösse geht verloren, da der Urin hier nicht mehr zwischengelagert wird.»

Gute Aussichten

Im Rahmen eines Forschungsprojektes hat Prof. Eberli zusammen mit seinem achtköpfigen Team eine Methode entwickelt, die das Ziel hat, Inkontinenz durch Injektion von Stammzellen zu behandeln: Muskelzellen werden am Bein entnommen, im Labor vermehrt und in den geschwächten Beckenbodenmuskel injiziert. Durch anschliessende elektromagnetische Stimulation bilden sich hier neue Muskelfasern. «Der Eingriff ist minimalinvasiv und ich erwarte keine schlimmen Nebenwirkungen», so der Experte. Derzeit ist die Therapie noch in einer Testphase. «Ich möchte meinen Champagner aber erst aufmachen, wenn viele Patienten davon profitieren», so Prof. Eberli.

Wie du vorbeugen kannst

Im Alltag: Neben Sport hilft ein gesundes Gewicht, Inkontinenz vorzubeugen. Denn zu viel Gewicht macht auch der Blase Druck. Prof. Eberli empfiehlt zweimal wöchentlich schweisstreibenden Sport.

Kleine Helfer für Frauen: Batteriebetriebene Beckenbodentrainer können Frauen zum Üben motivieren und die Physiotherapie prima unterstützen. Denn das Wichtigste ist jetzt die Kontinuität und das Dranbleiben.

Yoga und Pilates: Bei beiden liegt das Augenmerk auch auf der Stärkung des Beckenbodens. Mithilfe von Atmung und Wahrnehmungsübungen wird die Funktion der Schliessmuskulatur verbessert.

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