Krebs

«Ich sehe den Krebs als ein technisches Problem»

Brustkrebs beim Mann – ein Betroffener berichtet

Tau und Wasser

«Plötzlich war da ein Knoten in meiner linken Brust, der sehr schnell grösser wurde», erzählt Stefan. Innerhalb von nur drei Wochen ist die Verhärtung auf ganze vier Zentimeter angewachsen. Da wusste er, dass etwas nicht in Ordnung war.

«Anstatt mich bei meinem Hausarzt zu melden, kontaktierte ich direkt einen gynäkologischen Facharzt. Dieser hatte schon vor ein paar Jahren meine Gynäkomastie – eine Vergrösserung der männlichen Brustdrüse – behandelt». Der Gynäkologe fällte dann die Diagnose: HER2-positiven Brustkrebs.

Positive Gedanken erhöhen die Heilungschance

«Natürlich war die Diagnose Brustkrebs für mich und meine Familie erstmal ein Schock», erinnert sich Stefan. «Doch ich sehe meine Erkrankung als ein technisches Problem, das lösbar ist. Ich habe mir deshalb auch nicht die Frage gestellt: ‘Wieso ich?`. Stattdessen habe ich sofort mit der Behandlung begonnen und den Kopf nie hängen gelassen. Schliesslich erhöhen sich die Heilungschancen enorm, wenn man positiv denkt.»

Der Auslöser für seinen Brustkrebs konnte indes nicht eindeutig geklärt werden. Zwar sind in Stefans Familie Krebserkrankungen keine Seltenheit. Ein Test hat allerdings ergeben, dass sein Brustkrebs nicht genetisch bedingt war. Das ist eine gute Nachricht für seine zwei Nichten: Sie besitzen kein erhöhtes Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken.

Brustkrebs gilt generell als Frauenleiden. Aus Angst, nicht für einen ‘richtigen Mann’ gehalten zu werden, tun sich deshalb viele Betroffene mit der Diagnose schwer. Doch Stefans Umfeld hat nie mit Unverständnis oder gar Belustigung auf seine Krankheit reagiert. «Auch wenn nur sehr wenige wissen, dass Brustkrebs auch bei Männern auftreten kann, sollten Betroffene offen über ihre Erkrankung sprechen und schon gar nicht versuchen, sie zu verheimlichen», rät Stefan.

Brustkrebs beim Mann: oft zu spät erkannt

Dass Stefan so schnell handelte und sich sofort bei einem Facharzt erkundigte, war sein Glück. Denn gerade bei Männern ist Brustkrebs tückisch: Oftmals wird er aus Unkenntnis zu spät entdeckt. Eine erfolgreiche Behandlung ist dadurch schwierig.

Nicht so bei Stefan. Bereits wenige Tage nach der Diagnose wurde er operiert. Dabei entfernte ihm der Arzt ein 16 mal 17 Zentimeter grosses Gewebestück mitsamt der Brustwarze. Da keine Metastasen gefunden wurden, hoffte Stefan, dass er auf eine Chemotherapie verzichten könnte. «Das Risiko, dass sich weitere Krebszellen im Körper befinden, war jedoch zu hoch, sodass ich mich nach Absprache mit meinen Ärzten für eine kombinierte Chemo- und Antikörper-Therapie entschied.»

Chemotherapie in Höchstgeschwindigkeit

Die Chemotherapie brachte er in nur fünf Monaten hinter sich. «Ich wollte im Sommer 2018 beim Le Mans Classic, einem Autorennen mit historischen Fahrzeugen, teilnehmen. Bis dahin wollte ich den ‘harten Teil’ der Chemotherapie abgeschlossen haben.»

Die Therapie verlangte seinem Körper jedoch einiges ab. Das Medikament gegen die für Chemotherapie typischen Schwindel- und Übelkeitsanfälle hat er sehr schlecht vertragen. «Zu Beginn der Chemo habe ich stark an migräneartigen Kopfschmerzen gelitten», erinnert sich Stefan. «Es dauerte ein paar Wochen, bis ein Arzt herausgefunden hat, dass ich einen Wirkstoff im Mittel gegen Übelkeit nicht vertrage.» Neben Haarausfall litt Stefan auch an Kribbeln und Taubheitsgefühl in den Extremitäten, die durch Nervenschäden infolge der Chemotherapie ausgelöst wurden.

Doch Stefan hat sich erfolgreich durch die harten Monate der Chemotherapie gekämpft: Tatsächlich gelang es ihm, rechtzeitig für sein Rennen im Juli bereit zu sein und erfolgreich – sogar mit zwei Fahrzeugen – daran teilzunehmen. Die Therapie wurde mit Antikörper-Injektionen bis Ende März 2019 fortgesetzt. Regelmässige Nachfolgeuntersuchungen – Ultraschall sowie Tumormarker im Blut – konnten keine weiteren Erkrankungssymptome zeigen. Stefan wird dennoch in den nächsten fünf Jahren ein Antihormon-Präparat einnehmen. Die Chancen für eine vollständige Heilung stehen gut.

*Name von der Redaktion geändert.

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