Home, sweet home?

Homeoffice wird immer beliebter. Worauf es ankommt

Frau arbeitet

Spoiler

  • Nahezu jeder vierte Erwerbstätige in der Schweiz arbeitet wenigstens gelegentlich im Homeoffice.
  • Die räumliche Nähe von Beruf und Privatleben erfordert eine klare Arbeitsstruktur, die den individuellen Bedürfnissen und den beruflichen Anforderungen entsprechen muss.
  • Die digitale Heimarbeit eröffnet Arbeitgebern neue personelle Perspektiven, entlässt sie aber nicht aus der Verantwortung für die Angestellten.

Immer mehr Menschen arbeiten zumindest zeitweilig von zu Hause aus: 2001 waren noch weniger als zehn Prozent der Erwerbstätigen wenigstens einmal im Monat im Homeoffice. Inzwischen nutzt fast jeder Vierte (konkret 23,8 Prozent) die Möglichkeit, in unterschiedlicher Regelmässigkeit daheim zu arbeiten. Die Voraussetzung für die neue Form der Heimarbeit wurde mit der Digitalisierung geschaffen, wodurch Arbeitnehmer auch von ausserhalb mit den Kollegen im Büro in Kontakt treten und auf elektronische Unterlagen zugreifen können.

Inzwischen gilt Homeoffice für die Arbeitgeber als beliebtes Goodie, für Arbeitnehmer als wertvoller Mehrwert. Doch welche Vorteile hat das Arbeiten daheim – und welche Nachteile? Und worauf ist zu achten, damit es für Arbeitgeber und -nehmer gleichermassen attraktiv bleibt?

Homeoffice: leistungsstark im Pyjama?

Die Arbeit von zu Hause aus bringt auf den ersten Blick zahlreiche Vorteile mit sich:

  • Die Arbeit kann ortsungebunden und oft auch zeitlich flexibel erledigt werden. Frühaufsteher und Nachteulen können so besser mit ihrem Biorhythmus arbeiten.
  • Da sich die Arbeitswege erübrigen, wird Zeit eingespart, die anderweitig genutzt werden kann. Der Stress der Rushhour fällt ebenfalls weg.
  • Die Work-Life-Balance lässt sich besser gestalten, weil Privattermine einfacher eingeplant und flexibler kompensiert werden können. Das ist auch für Arbeitgeber von Vorteil: Durch Homeoffice kann er auch Mitarbeiter gewinnen, die durch Kinder oder pflegebedürftige Angehörige stark eingebunden sind oder wegen eines langen Arbeitswegs nicht jeden Tag ins Büro kommen könnten.

All diese Vorteile haben allerdings auch ihre Schattenseiten. So kann die Arbeit daheim mangels sozialer Kontakte schnell in die Vereinsamung führen. Entspricht die heimische Arbeitsplatzgestaltung nicht den ergonomischen Anforderungen, können sich gesundheitliche Beschwerden wie Rückenschmerzen, Augenbeschwerden, Kopfschmerzen und Konzentrationsschwäche einstellen. Ein gewisses Risiko stellt auch die Work-Life-Balance dar: In den eigenen vier Wänden locken zahlreiche Ablenkungen – und sei es das Ausräumen des Geschirrspülers oder der Schwatz mit dem Nachbarn am Briefkasten. Umgedreht verleitet die ständige Verfügbarkeit der Bürotechnik dazu, auch nach Feierabend noch einmal Mails zu checken oder Dokumente zu bearbeiten. Hier ist ein hohes Mass an Selbstdisziplin gefordert, um leistungsstark und belastbar zu bleiben, ohne dass die Freizeit zu kurz kommt.

Faktencheck: keine Option für jedermann

Was für den Arbeitsgeber interessant ist: Laut einer Untersuchung unter 16’000 Angestellten des chinesischen Reiseunternehmens Ctrip aus dem Jahr 2013 ist die Produktivität von Mitarbeitern im Homeoffice um 13 Prozent höher. Eine Studie der Vereinten Nationen zeigt aber auch, dass digitale Heimarbeiter vermehrt zu Stress und Schlafproblemen neigen, weil sie tendenziell mehr Überstunden leisten und sich schwer damit tun, wirklich Feierabend zu machen.

So bleibt Homeoffice ein Arbeitsmodell, das nicht für jeden geeignet ist: Zum einen sind die Möglichkeiten, von daheim aus zu arbeiten, in einigen Berufsbranchen begrenzt – überall da, wo der direkte Kundenkontakt im Vordergrund steht, wo mit grossen Maschinen gearbeitet oder generell produziert wird. Im Baugewerbe, in der Gastronomie und im Gesundheitswesen gehen Angestellte eher selten ins Homeoffice. Anders im Dienstleistungssektor: Kommunikations- und Versicherungsunternehmen, aber auch pädagogische Einrichtungen bieten überdurchschnittlich häufig Homeoffice an.

Die Herausforderung: arbeiten nebst Kinderbetreuung

Zum anderen entscheiden einige soziale Faktoren darüber, ob Homeoffice wahrgenommen wird. So sind es eher Männer (26,9 % aller Erwerbstätigen) als Frauen (20,3 %), die von zu Hause aus arbeiten. Auch die Bildung entscheidet: Je höher qualifiziert, umso wahrscheinlicher wird eine Tätigkeit erlangt, die Heimarbeit erlaubt. Auch die familiäre Einbindung ist ein starkes Argument für Homeoffice: Immerhin 29,4 Prozent aller Erwerbstätigen mit Kindern arbeiten wenigstens gelegentlich von zu Hause aus. Auch hier sind Selbstdisziplin des Arbeitnehmers und Vertrauen des Arbeitgebers gefragt: Ist konzentriertes Arbeiten tatsächlich möglich? Kann hier eine wertvolle Fachkraft in der Firma gehalten werden, weil sie neben der Arbeit immer mal im Kinderzimmer nach dem Rechten schauen muss? Oder leidet die Arbeitsleistung, weil ein quengelndes Kind dauerbespasst werden muss?

Homeoffice: So klappt es

Das Arbeiten von zu Hause aus ist kein Schonprogramm, sondern erfordert umsichtige Planung und Selbstverantwortung. Jeder muss selbst einschätzen, ob er dazu in der Lage ist oder sein möchte.

Allerdings gibt es ein paar Tipps, wie das Homeoffice leichter fallen kann:

  • der Ort: Damit Arbeit und Freizeit klar voneinander getrennt bleiben, sollte ein fester Arbeitsplatz eingerichtet werden. Das Büro oder die Arbeitsecke müssen den gesundheitlichen Anforderungen von Büroarbeitern entsprechen. Das heisst: ausreichend Bewegungsfreiheit, höhenverstellbarer Stuhl und passende, nicht blendende Lichtquelle. Wichtig: Für die Gesundheit des Mitarbeiters ist der Arbeitgeber auch dann verantwortlich, wenn sein Angestellter daheim arbeitet.
  • die Zeit: Bei aller Flexibilität sollten feste Arbeitszeiten eingehalten werden. So wissen die Kollegen, wann man erreichbar ist, und die Selbstkontrolle fällt leichter – aber auch das Feierabend-Machen. Wenn sich doch einmal private Termine nicht verschieben lassen, kann das per Mail angekündigt oder im Teamkalender hinterlegt werden.
  • der Look: Zu Hause ist privat – darauf sind wir konditioniert. Wenn die Notwendigkeit und die soziale Kontrolle fehlen, könnte schnell mal im Jogginganzug oder Morgenmantel gearbeitet werden. Genau das signalisiert dem Unterbewusstsein aber Freizeit. Wer stattdessen auch daheim Business-Look trägt, versetzt sich erfolgreicher in Arbeitsstimmung.
  • die Daten. Homeoffice funktioniert nur, wenn der Heimarbeiter erreichbar ist und auf seine Arbeitsunterlagen zugreifen kann. Deshalb müssen Speicherorte und Kommunikationswege etabliert werden, die ein effektives Arbeiten ermöglichen. Ebenso wichtig ist der Datenschutz: Vorab muss geklärt sein, auf welche (sensiblen) Daten der Mitarbeiter von zu Hause aus zugreifen darf.
  • das Team. Damit der Mitarbeiter den Kontakt zu den Kollegen nicht verliert, sollte ein regelmässiger Austausch per Chat oder Videokonferenz eingerichtet werden. Dabei ist wichtig, dass der Smalltalk nicht zu kurz kommt. So kann kompensiert werden, was im Pausenraum oder in der Kantine verpasst wird. In regelmässigen Abständen sollte dennoch das Büro aufgesucht werden, um persönliche Kontakte zu pflegen.
  • der Ernstfall. Ein Sturz auf dem Weg zur Kaffeemaschine? Im Büro ist das ein Arbeitsunfall, daheim privates Pech. Beschädigung oder gar Diebstahl der firmeneigenen Arbeitsmittel oder Daten? Im Homeoffice haftet der Arbeitnehmer. Beim Arbeitsschutz ist wiederum der Arbeitgeber gefragt. Solche und andere Themen müssen vorab geklärt sein – von der Virensoftware auf dem Arbeitsgerät bis zum Versicherungsfall – damit der rechtliche Rahmen abgesteckt ist.
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