Herzfehler: «Heute geht es Nael gut»

Die Mutter des fünfjährigen Jungen über sein Leben mit einem «Fontanherz»

Sicher, es lief alles andere als glatt bei Familie Steiner und ihrem herzkranken Sohn Nael. Bei seinen drei Operationen gab es einige Komplikationen und neben seinem Herzfehler hat Nael eine geistige Behinderung. Aber oft sind es gerade diese Beispiele, die zeigen, dass man auch in besonders schwierige Situationen hineinwachsen kann.

Rund ein Prozent aller in einem Jahr geborenen Kinder in der Schweiz haben einen angeborenen Herzfehler. Eine sehr kleine Zahl von ihnen kommt mit nur einer funktionierenden Herzkammer zur Welt. Bei Nael ist die linke Herzkammer nicht funktionsfähig, man spricht von einem hypoplastischen Linksherzsyndrom. Die Folgen: Das Herz kann das Blut nicht mehr richtig in den Körperkreislauf pumpen, sauerstoffarmes und -reiches Blut vermischen sich, wodurch zu wenig Sauerstoff in die Organe gelangt.

Die Fehlbildung eines univentrikulären Herzes kann nicht korrigiert werden, aber Operationen zur dauerhaften Verbesserung der Kreislaufsituation sind möglich. Im ersten Lebensjahr werden zwei Operationen am Herz durchgeführt. Der dritte und letzte Schritt im Alter von zwei bis drei Jahren ist die nach dem Herzchirurgen Francois M. F. Fontan benannte Fontan-Operation. Nach diesen Eingriffen sind Lungen- und Systemkreislauf komplett getrennt und damit ist die Sauerstoffsättigung wieder in einem normalen Bereich.

Frau Steiner, wie sieht der Alltag mit Ihrem Sohn aus?

Heute ist Naels Erkrankung für uns kaum noch ein Thema. Sein Herz ist stabil und es geht ihm gut. Er nimmt täglich noch eine Vielzahl von Medikamenten. Und wir gehen schneller zum Kinderarzt, wenn er Atemwegsinfekte hat. Im Moment rückt seine geistige Behinderung mehr in den Vordergrund.

Die erste Zeit nach den Operationen war sicher schwieriger …

Zuhause musste Nael damals 24 Stunden am Tag Sauerstoff bekommen und fünfmal täglich Medikamente. Er hatte eine Magensonde und über einen Monitor überwachten wir ständig sein Herz. Wenn wir unterwegs waren, hatten wir immer einen ganzen Koffer voller medizinischer Dinge dabei.

Fühlten Sie sich auf all das vorbereitet?

Wir wussten, dass es kein leichter Weg werden würde. Aber darauf, wie es wirklich sein wird, kann man wohl nicht wirklich vorbereitet sein. Aber uns war immer klar, dass wir diesem Kind eine Chance auf sein Leben geben möchten.

Prof. Dr. Kretschmar, was ist die Ursache von Herzfehlern dieser Art?

Das ist noch nicht völlig geklärt. Vieles spielt eine Rolle, sicher auch genetische Faktoren. Doch ein Screening ist noch nicht möglich. Mit einer Ultraschalluntersuchung während der Schwangerschaft kann der Herzfehler aber häufig schon beim Fötus erkannt werden.

Hätten Sie im Voraus von all den Herausforderungen für Ihre Familie wissen wollen, Frau Steiner?

Das kann ich rückblickend kaum sagen. Wir sind froh, dass wir vom Herzfehler wussten und Nael damit medizinisch den bestmöglichen Start geben konnten. Von seinem Syndrom hätte ich lieber nicht sofort gewusst, um da langsam hineinwachsen zu können, statt während der ungewissen Zeit mit den schweren Operationen auch damit noch konfrontiert zu sein.

Wie gingen Sie anfangs mit der Erkrankung Ihres Sohnes um?

Ich habe versucht, das Leben Tag für Tag zu nehmen. Mir fiel das leichter, als Erwartungen zu haben. Schwierig war es für Naels Schwester, die zweieinhalb Jahre älter ist. Die Geschwister kommen in dieser Zeit sehr zu kurz.

Wie sieht der langfristige Verlauf für Kinder wie Nael aus?

Das Ziel ist, ihnen eine ausreichend hohe Lebensqualität zu ermöglichen, damit sie sich möglichst wie andere Kinder verhalten können. Im späteren Verlauf kann es Folgeerkrankungen wie Leberfunktionsstörungen oder Herzrhythmusstörungen geben. Im weiteren Leben sind bei den älteren Patienten (Jugendliche und junge Erwachsene) teilweise auch wieder Re-Eingriffe wie Herzkathetereingriffe oder Operationen erforderlich.

Fontanherzen Schweiz

Auf der Website des Vereins «Fontanherzen Schweiz» finden betroffene Eltern Infos, Berichte und Kontakte. Die wohl wichtigste «Message» des Vereins: Unsere Kinder sind und bleiben krank, aber wenn die ersten Jahre geschafft sind, ist für ganz viele Kinder ein gutes, glückliches Leben möglich. Mehr Infos: www.fontanherzen.ch

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