Hämophilie: Undichte Stellen in den Gefässen

Wenn das Blut nicht gerinnt, liegt Hämophilie vor

Wasser an Zweigen

Spoiler

  • Bei einer Hämophilie werden nicht genügend Gerinnungsfaktoren gebildet. Die Folge: Blutungen treten schneller auf und sind schwerer zu stoppen.
  • Die sogenannte Bluterkrankheit wird meist vererbt. Fast ausschliesslich sind Männer betroffen.
  • Durch moderne Therapieansätze ist ein (fast) normales Leben möglich.

Egal, ob beim Sturz vom Klettergerüst oder bei der Zahn-Operation: Werden Blutgefässe verletzt, sorgen Gerinnungsfaktoren dafür, dass sich die Wunden schnell wieder verschliessen: Verschiedene Eiweisse bilden mit den Blutplättchen Gerinnsel, die sich an der geöffneten Blutbahn festsetzen und sie abdichten. Ist die Produktion dieser Gerinnungsfaktoren gestört, liegt eine Hämophilie vor.

Männerleiden Hämophilie

Die Krankheit äussert sich in einer gesteigerten Neigung zu Blutungen, die unnatürlich lang anhalten. Unbehandelt können diese zu lebensgefährlich hohem Blutverlust sowie zu Gelenk- und Organschädigungen führen. Die sogenannte Bluterkrankheit wird meist vererbt, selten durch eine spontane Genveränderung im Laufe des Lebens erworben. Fast ausschliesslich sind Männer betroffen.

«Die Hämophilie tritt in zwei Formen auf», erklärt Prof. Dr. Manuela Albisetti Pedroni, Leitende Ärztin am Universitäts-Kinderspital Zürich. «Bei der häufigeren Hämophilie A fehlt der Gerinnungsfaktor VIII im Blut, bei der Hämophilie B der Faktor IX.» Je nach Schweregrad der Krankheit werden Gerinnungsfaktoren prophylaktisch oder bei Bedarf gespritzt. Dadurch kann das Risiko für übermässig häufige und langanhaltende Blutungen und teils lebensgefährliche Folgeschäden deutlich gesenkt werden.

Leben ohne Einschränkungen?

Ein gewisses Restrisiko bleibt allerdings: «Die vorsorgliche Einnahme von Gerinnungsfaktoren sichert Betroffene zwar gut ab, trotzdem kann manchmal zu traumatischen Blutungen kommen», weiss Prof. Albisetti Pedroni. Ein anderes Risiko sieht die Ärztin in der Entwicklung von Antikörpern auf die verabreichten Präparate, die eine alternative Therapie nötig machen. Heutzutage stehen verschiedene moderne Behandlungsoptionen für Hämophilie-Patienten zur Auswahl. «Es gibt nicht die eine Therapie für alle», erklärt Prof. Albisetti Pedroni. «Es können je nach Bedarf ganz unterschiedliche Anpassungen vorgenommen werden.»

Dabei entscheiden nicht ausschliesslich medizinische Aspekte. «Der Patient hat nicht nur Hämophilie, sondern auch ein soziales Umfeld und ganz persönliche Interessen. Die modernen Behandlungsmöglichkeiten erlauben uns, jeden Betroffenen individuell nach seinen Bedürfnissen verlässlich zu therapieren», so die Expertin. «Dadurch können Hämophile heute ein nahezu normales Leben führen.»

Unterstützung bei Hämophilie

«Menschen mit seltenen Krankheiten haben im täglichen Leben selten andere Menschen um sich, die ihre Erkrankung nachvollziehen können», erklärt Jörg Krucker, Geschäftsführer der Schweizerischen Hämophilie-Gesellschaft (SHG). Die 1965 gegründete Selbsthilfeorganisation koordiniert den Austausch zwischen Betroffenen und engagiert sich für deren Belange. Die SHG vermittelt ausserdem Kontakte zu Fachärzten in der Schweiz und im Ausland.

«Im weltweiten Vergleich gesehen, sind Betroffene in der Schweiz medizinisch gut versorgt, auch wenn es noch Verbesserungspotenzial gibt», so Krucker. «Die aktuelle Herausforderung besteht darin, über die vielen neuen Behandlungsstrategien zu informieren, damit eine individuelle Therapie möglich wird.» Hierzu setzt die SHG auf Tagungen und ein umfangreiches Informationsangebot im Print und online. Neu dabei: die Plattform asknow.ch, die sich speziell an Jugendliche richtet. «In diesem Alter sind Fragen zu Liebe, Lifestyle und Beruf aktuell», weiss Krucker. «Wir bieten den Raum, um Fragen zu stellen, und liefern Antworten.»

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