Spoiler
- Das Glaukom zeigt sich in einer unwiederbringlichen Schädigung der Augen.
- Ein erhöhter Augeninnendruck oder eine mangelnde Durchblutung des Auges sind häufig die Ursache für eine Erkrankung der Sehnerven.
- Grüner Star zeigt seine Symptome erst spät. Durch eine regelmässige Überprüfung des Augeninnendrucks können die Wahrscheinlichkeit einer Früherkennung erhöht und der Verlauf verlangsamt werden.
«Das Gefährlichste am Grünen Star ist, dass die Betroffenen ihn im Alltag nicht erkennen», erklärt Professor Dr. Christoph Kniestedt, Ophthalmologe am Talacker Augen Zentrum Zürich (TAZZ). «Anschliessend kann sich das Gesichtsfeld in relativ kurzer Zeit dauerhaft einschränken. Dieses verminderte Sehvermögen hat gravierende Auswirkungen auf das gesamte Leben des Patienten, von dem unmöglich gewordenen Autofahren bis hin zur Berufswahl: Er wird nicht zuletzt auch aus seinem sozialen Umfeld herausgerissen.»
Der Grüne Star, welcher fachsprachlich als Glaukom bekannt ist, ist eine Erkrankung des Auges. Zu Beginn bleibt die Augenschädigung unbemerkt, doch die Krankheit schreitet immer weiter fort. Erst wenn der Sehnerv bereits geschädigt und das Sehvermögen beeinträchtig ist, tritt der Grüner Star mit seinen Symptome deutlich in Erscheinung. Zu unterscheiden ist der Grüne Star vom Grauen Star, der durch die Trübung der Augenlinse auffällt, die dann oft zu einer Sehverschlechterung führt, was durch eine Operation reversibel ist.
Grüner Star: Welches Symptom ist namensgebend?
Man denkt an einen Singvogel mit grünen Federn. Doch weder hat der Star grüne Federn, noch hat er etwas mit der Augenkrankheit zu tun. «Star» kommt vom Wort «starren» und bezieht sich dabei auf das Starren der durch die Augenschädigung erblindeten Personen. Die grüne Farbe zeigt sich in einem leicht grünlichen Schimmer der Pupille, wenn die Erkrankung bereits weit fortgeschritten ist. Jetzt macht der Name plötzlich Sinn, oder?
Der Grüne Star hat verschiedene Ursachen
Die häufigste Form des Grünen Stars ist das primäre Offenwinkelglaukom. Es wird durch einen erhöhten Augeninnendruck verursacht. Prof. Kniestedt führt das Phänomen weiter aus: «Normalerweise fliesst das Kammerwasser, das den Sehapparat versorgt, durch die Pupille von der hinteren in die vordere Augenkammer. Ist dies nicht in ausreichendem Masse der Fall, kommt es zu einer Art Rückstau und einem erhöhten Druck im Auge. Dies belastet den Sehnerven. Die Nervenzellen gehen zugrunde und können nicht wiederhergestellt werden.»
«Zu mehr als 80 Prozent ist das Glaukom auf einen gesteigerten Augeninnendruck zurückzuführen. Je höher dieser ist, desto schneller wird der Sehnerv angegriffen», erläutert Prof. Kniestedt. Zugleich weist der Experte darauf hin, dass «ein erhöhter Augeninnendruck vom Auge auch ganz gut toleriert werden kann, er führt nicht zwangsläufig zu einem Glaukom. Aber nur der Augenarzt kann den Übergang zu einem Glaukom feststellen».
Andere Formen des Grünen Stars entstehen nicht durch anhaltend hohen Augeninnendruck. Bei einem sogenannten Normal- oder Niederdruckglaukom liegt der Augeninnendruck beispielsweise im Normbereich, dennoch kommt es zu einer Schädigung des Sehnervs. Die Ursache liegt häufig in Durchblutungsstörungen, wie sie bei kardialen oder vaskulären Erkrankungen auftreten. Diese Arten des Grünen Stars werden oft von einem Symptom begleitet: Migräne. Sie kann ein erster Hinweis auf die Erkrankung sein. Die meisten MigränepatientInnen leiden aber glücklicherweise nicht an einem Grünen Star.
«Es gibt auch noch das sogenannte sekundäre Glaukom – hier gilt der Grüne Star als Folgeerscheinung», ergänzt der Experte. Die Ursachen liegen meist in einer schweren Augenverletzung, einer längerfristigen Einnahme von kortisonhaltigen Medikamenten oder einer Pigmentausschwemmung im Auge. Weiter kann dies auf eine angeborene Fehlentwicklung der Augenvorkammer hindeuten. «Hier bewegen wir uns aber, auf alle Glaukom-Patienten bezogen, prozentual im tiefen einstelligen Bereich», meint Prof. Kniestedt.
Grüner Star: Trotz später Symptome erkennen
«Um den Grünen Star zu diagnostizieren, ist eine Messung des Augeninnendrucks unumgänglich», so der Augenspezialist. Zudem wird das Auge mit der sogenannten Spaltlampe untersucht. Sie ist eines der wichtigsten Instrumente eines Ophthalmologen und besteht aus einer starken Lichtquelle und einem Mikroskop. Genauer unter die Lupe genommen werden bei der Untersuchung der Kammerwinkel, der Sehnerv sowie die Nervenfaserschicht. Ist das Glaukom erkannt, ist die Diagnose oft schwer zu überbringen, denn es bestehen keinerlei Heilungschancen. «Das zugrunde gegangene Nervengewebe muss akzeptiert werden», erklärt der Experte, «doch durch eine gezielte Druckkontrolle kann das Fortschreiten des Grünen Stars verhindert werden».
Die Kontrolle des Augendrucks erfolgt meist durch Augentropfen (Antiglaukomatosa). Sie senken die Kammerwasserproduktion und verbessern dessen Abfluss. Eine weitere Therapiemöglichkeit wäre ein Lasereingriff oder eine Operation. «Bei Operation wird der Abflusskanal im Auge weiter geöffnet und damit eine Senkung der Augeninnendrucks erzielt», erklärt Prof. Kniestedt. So werden die Symptome des Grünen Stars zwar nicht gemildert, dafür aber der Krankheitsverlauf massgeblich verlangsamt oder sogar gestoppt.
Die Diagnose: lieber früher als später
Der Grüne Star sollte möglichst früh erkannt werden. Eine rechtzeitige Diagnose ist schwierig, da der Grüne Star erst spät seine Symptome zeigt.
Der Experte rät: «Es macht auf jeden Fall Sinn, die bekannten Risikofaktoren bereits frühzeitig zu eruieren. Dazu gehören unter anderem die familiäre Vorbelastung und das Alter, denn ein Grossteil der Betroffenen ist über 40 Jahre alt.» Kniestedt erwähnt zudem eine dritte Risikogruppe: «Menschen mit dunkler Hautfarbe sind zwar nicht häufiger von Glaukom betroffen, doch nimmt er bei ihnen einen wesentlich schlimmeren Verlauf.» Zugehörigen dieser Risikogruppen empfiehlt der Augenspezialist regelmässige Kontrolluntersuchungen.
Der Alltag mit Glaukom
Fällt eine Kontrolluntersuchung negativ aus, kann das bei den betroffenen Personen zu grossen Verunsicherungen führen. «Meist steht die Angst zu Erblinden im Vordergrund, weshalb wir nach einer Diagnose ein ausführliches Beratungsgespräch führen. Wir zeigen auf, mit welchen Folgen und Auswirkungen auf den Alltag Betroffene künftig rechnen müssen und wo sie sich Hilfe holen können», erklärt Prof. Kniestedt.
Das wohl auffälligste Symptom des Grünen Stars ist die deutliche Verschlechterung der Sehleistung. Anpassungen im Alltag scheinen unumgänglich: Unfälle häufen sich, die Orientierung wird erschwert. Eine Umgestaltung der Wohnung kann helfen, wie etwa durch die Installation zusätzlicher Lichtquellen oder die Entfernung von «Stolpergegenständen».
«Wann man mit dem Autofahren aufhören sollte, ist für viele schwer einzuschätzen und ein grosser Schritt. Wichtig zu wissen: Man kann sich auch in dieser Hinsicht jederzeit einen ärztlichen Rat einholen», versichert der Experte. Zudem ist es nicht einfach, plötzlich auf die Hilfe anderer angewiesen zu sein und ein Stück Selbstständigkeit aufgeben zu müssen.
Betroffene können und sollten sich Unterstützung holen und sich mit Angehörigen oder im Freundeskreis austauschen. Dies wirkt entlastend und kann helfen, Wege zu finden, mit der Krankheit umzugehen.