Auf dem Gnadenhof: «Alles kann anders sein»

Ein Gnadenhof zeigt, wie die Zukunft aussehen könnte

Kind mit Enten
Georg, wie kam es, dass ihr einen Gnadenhof gegründet habt?

Die Idee zu einem Gnadenhof kam uns im Studium. Als Sarah Philosophie und ich Umweltwissenschaften studierte, merkten wir: Es wird viel geredet und wenig gehandelt. Wir sind in einen inneren Konflikt geraten. Für die Fleisch- und Milchproduktion zum Beispiel leiden Tiere grundlos und die Folgen der heute üblichen Produktion sind eine Katastrophe für die Umwelt. Darüber redet man im Studium viel und zeigt sich betroffen. Bei der Wahl des Mittagsmenus handeln viele so, als ob es die ganzen Diskussionen gar nicht gäbe und bestellen wieder Bratwurst mit Zwiebelsosse.

Wieso ist das so?

Viele sind innerlich separiert von der Natur und merken gar nicht mehr, dass ihr Handeln Folgen hat, die sie so eigentlich gar nicht gutheissen. Fühlende Lebewesen wie Sachen zu behandeln, ist etwas, das niemand in Ordnung findet. Es wird aber trotzdem toleriert und mit den Konsumentscheiden täglich eingefordert. Ich bin überzeugt: Wir haben nicht nur eine Umweltkrise, sondern auch eine Ethikkrise.

Und wie kann ein Gnadenhof dies ändern?

Aus der Hirnforschung weiss man, dass sich neue Synapsen und neues Denken besonders durch Erlebnisse formen. Mehr als durch Flyer und Facts. Unsere Besucher fühlen und sehen, wie es beispielsweise ist, mit einer Ziege zu spielen. Wie es ein Schwein geniesst, gestreichelt zu werden. Das berührt viele direkt in ihrem Herzen und hinterlässt eine bleibende Wirkung.

Wir bekommen oft Rückmeldungen von Menschen, die sich nach dem Besuch bei uns für eine friedlichere und ökologischere Lebensführung entschieden haben.

Um die 90 Tiere – Hunde, Hühner, Schweine, Kaninchen, Pferde – haben bei euch Zuflucht gefunden: Könnt ihr noch weitere Tiere aufnehmen?

Das kommt auf das Tier an. Ein Huhn ist leichter aufzunehmen als ein Pferd. Leider müssen wir täglich Absagen erteilen. Aber wir haben inzwischen ein Netzwerk und können viele Tiere retten, indem wir sie vermitteln.

An einen anderen Gnadenhof hier in der Schweiz?

Es gibt hierzulande immer mehr Höfe, die auf Lebenshof umstellen. Sie verkaufen nicht mehr nur Milch und Fleisch, sondern mehr Gemüse. Es gehört zu unserer Mission, ihnen bei der Umstellung zu helfen.

Was ist euer Ziel?

Wir möchten nicht moralisieren, aber zeigen, wie schön es sein kann, in Frieden mit Tier, Natur und Ressourcen zu leben. Wir möchten Menschen motivieren, sich für diese Zukunft zu engagieren. In dieser Zukunft werden Tiere nicht mehr einfach für unsere Zwecke instrumentalisiert, sondern haben eigene Rechte, die es zu respektieren gilt. Wir brauchen mehr Orte, die nachhaltig funktionieren, und an diesen Orten können Menschen erleben, dass das geht.

Inzwischen unterstützt ihr weitere Schweizer Höfe.

Ja. Es ist unsere Vision, dass jede Gemeinde einen Gnadenhof oder mehrere mit Bildungsauftrag bekommt. Wir wissen, dass wir nicht die Millionen Tiere retten können, die gerettet werden müssten, arbeiten aber daran, die Millionen Herzen zu erreichen, die uns helfen, wieder Frieden zu schaffen.

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Den Gnadenhof und die Tiere kannst du auf einem der Hoftage kennenlernen. Es finden zudem regelmässig Ethik-Kurse für Schulklassen statt: www.hof-narr.ch.

Facebook
Email
Twitter
LinkedIn