Fredy Knie junior: «Aus Mitleid kommt niemand.»

Der Direktor vom Circus Knie im Gespräch

Circus Knie mit Pferden
Wie haben Sie die Corona-Krise bislang überstanden?

Die Pandemie hat uns schwer getroffen. Wir mussten unsere diesjährige Tournee absagen. Seitdem warten unsere 200 Mitarbeiter darauf, dass es wieder losgeht. Wir haben viel Geld verloren in dieser Zeit.

Für den Herbst ist eine verkürzte Tournee geplant.

Ja, hoffen wir, dass sie auch stattfinden kann! Der Planungsaufwand ist enorm und so können wir in diesem Jahr leider nur die Deutschschweiz besuchen.

Worauf können sich die Zuschauer freuen?

Dabei sein wird das Komikerduo Ursus & Nadeschkin, dazu gibt es eine spektakuläre Motorradshow und natürlich auch unsere Artisten auf höchstem Niveau.

Welche Tiere werden zu sehen sein?

In diesem Jahr sind unsere Pferde, Ponys und Tauben dabei.

Raubtiere und Elefanten sind schon länger nicht mehr zu sehen. Werden in naher Zukunft auch andere Tiere wegfallen?

Nein, Haustiere wird man immer zeigen können, und einige Klassiker werden wir auch gern wieder ins Programm nehmen. Im nächsten Jahr zeigen wir beispielsweise wieder unsere Kamele.

Elefanten sind vorm Aussterben bedroht und dürfen nicht mehr importiert werden. Auf sie müssen wir verzichten.

Lassen sich spannende Tiere durch andere Attraktionen ersetzen?

Ja, natürlich. Unser Programm ist voll von Attraktionen. Es ist unser Anspruch, das Publikum immer wieder neu zu begeistern und eine abwechslungsreiche Show zu bieten. Da muss man mit der Zeit gehen.

Wie hat sich der Zirkus in den letzten Jahrzehnten verändert?

Alles hat sich gewandelt. Die Technik, die Choreografie, das Licht, der Sound: Da liegen Welten zwischen beispielsweise den Neunzigern und heute.

Ist die Zirkusarbeit in der beschleunigten Gegenwart anstrengender geworden?

Zirkus war immer anstrengend, aber wenn er Spass macht, nimmt man das nicht als so anstrengend wahr.

Fredy Knie junior und Fürst Albert

Zirkusdirektor Fredy Knie junior (M.), hier mit Fürst Albert II. und Prinzessin Stéphanie von Monaco

Sie haben ein festes Winterquartier, sind aber sonst unterwegs. Wie lässt sich das mit der Familie vereinbaren?

Das funktioniert sehr gut. Wir sind ja alle zusammen unterwegs und haben sogar eine eigene Schule. Ich musste früher noch ein Internat besuchen. Ich fand es furchtbar, von meiner Familie getrennt zu sein. Das wollten wir unseren Kindern ersparen und haben kurzerhand eine mobile Schule eingerichtet.

Kennen Sie Heimweh?

Nein. Ich bin Schweizer und meistens in der Schweiz unterwegs, das ist meine Heimat. Aber ich mag jeden Ort, den wir bereisen, wie er ist. Jede Stadt hat ihre Vorteile und Nachteile.

Wie hat sich das Publikum im Laufe der vergangenen Jahrzehnte verändert?

Das Publikum ändert sich immer, es wird immer anspruchsvoller. Aber das macht unsere Arbeit nicht schwieriger. Man muss sich eben danach richten, indem man ein Gespür dafür entwickelt, was die Menschen sehen wollen, wie sie unterhalten werden wollen. Dafür muss man Fantasie haben und kreativ bleiben.

Warum sind Ihre Zirkus-Shows nicht im Fernsehen zu sehen?

Wir zeigen backstage, wie eine Show entsteht, aber die eigentliche Aufführung ganz bewusst nicht. Die Leute sollen sich nicht darauf verlassen, dass sie uns zu Weihnachten im Fernsehen erleben können, sondern auch bei schlechtem Wetter zu uns kommen. Zum einen wirken unsere Aufführungen live im Zelt ganz anders als im Fernsehen. Das ist ein ganz anderes Erleben. Zum anderen könnten wir es uns nicht leisten, auf einen Teil unseres Publikums zu verzichten.

Was ist das Geheimnis einer guten Unterhaltung?

Unsere Vorfahren haben uns einen Rat auf den Weg gegeben: «Ihr müsst korrekt sein, jede Stadt korrekt verlassen – also keine Schulden haben – und ihr müsst das Publikum ernstnehmen und nicht enttäuschen.» Diesen hohen Anspruch haben wir uns gesetzt und wir arbeiten jedes Jahr erneut daran, ihm gerecht zu werden. Das ist eine grosse Mühe, aber das ist auch gut so. Aus Mitleid kommt niemand.

Wenn Sie zurückblicken: Was vermissen Sie?

Ich bin nicht der Typ, der irgendetwas nachtrauert. Ich schaue lieber nach vorn. Den Zirkus von damals fand ich schön und der heutige gefällt mir auch.

Fällt es schwer, die neue Generation der Knie-Dynastie ans Ruder zu lassen?

Nein, gar nicht. Für mich gibt es nichts Schöneres, als zuzusehen, wie die Jüngeren unser Werk weiterführen.

Wie wird Circus Knie in Zukunft aussehen?

Er wird sich immer der Gegenwart anpassen, deshalb immer zeitgemäss sein und immer sein Publikum begeistern.

Vielen Dank für das Gespräch.
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