Fehlsichtig? Kontaktlinsen helfen einfach und dezent

Die Linsen können die Brille ersetzen – wenn sie zu ihrem Träger passen

Spoiler

  • Kontaktlinsen korrigieren Sehfehler genauso gut wie Brillen, ermöglichen oft aber ein besseres räumliches Sehen.
  • Die Linse muss in Grösse, Stärke und Material den Bedürfnissen des Trägers angepasst werden. Auch der erforderliche Pflegeaufwand entscheidet.
  • Nachtlinsen beheben vorübergehend kleine Sehfehler durch Druck auf die Hornhaut.

Die Brille, so sehr sie den Alltag von Sehbeeinträchtigten auch bereichert, kann doch einige Nachteile mit sich bringen: Der eine will sich nicht an das «Nasenfahrrad» im Gesicht gewöhnen, der andere hat die ständige Suche nach der Lesehilfe satt. Wieder ein anderer möchte trotz schwacher Sehleistung nicht durch Kompottgläser schauen – oder umgekehrt mit scheinbar riesigen Froschaugen wahrgenommen werden. Und ein anderer fühlt sich mit einer Brille einfach nur alt. Kontaktlinsen stellen in all diesen Fällen eine sehr gute Alternative zur Brille dar.

Kontaktlinsen ermöglichen einen genaueren Blick

Auch aus medizinischer Sicht spricht einiges für die kleinen, gewölbten Kunststoffplättchen, wie der Kontaktlinsenspezialist Pascal Mange, Mitglied der Fachkommission für Augenoptik der Gesundheitsdirektion des Kantons Bern und externer Experte am Institut für Optometrie der Fachhochschule Nordwestschweiz in Olten, erklärt. «Die Kontaktlinse kann die Brille komplett ersetzen und in einigen Fällen, vor allem bei hoher Fehlsichtigkeit, sogar mehr als das.»

Korrektionsbrillen geben aufgrund ihres Abstands zum Auge das Gesehene je nach Art der Fehlsichtigkeit kleiner (bei Kurzsichtigkeit) oder vergrössert (bei Übersichtigkeit) wieder. «Da die Kontaktlinse direkt auf der Tränenflüssigkeit schwimmt, entstehen hier keine derartigen Abbildungsfehler», meint der Optometrist. Die Linse vermittelt so im Gegensatz zur Brille einen wirklichkeitsgetreuen Eindruck von dem gesehenen Umfeld, ermöglicht eine bessere räumliche Wahrnehmung und vor allem ein randloses Sehen.

Viele Faktoren entscheiden

Generell eignen sich Kontaktlinsen, um jede Art von Fehlsichtigkeit, also auch eine Hornhautverkrümmung oder die Alterssichtigkeit, zu korrigieren. Grösste Möglichkeiten bietet eine Mehrstärken-Linse, mit der sich Sehfehler im visuellen Nah- und Fernbereich ausgleichen lassen.

Doch nicht nur die zu korrigierende Beeinträchtigung bestimmt letztlich die Wahl der passenden Linse. «Entscheidend sind daneben viele andere Faktoren wie etwa die individuellen Bedürfnisse des Trägers, seine Erwartungen an das Produkt, der Lebensbereich, in dem die Kontaktlinse getragen werden soll, oder auch der Pflegeaufwand, der geleistet werden kann», weiss Herr Mange.

Sehleistung, Hornhaut und Tränenflüssigkeit

Den ersten, wichtigen Schritt auf dem Weg zur geeigneten Kontaktlinse bildet somit das Einführungsgespräch mit dem Kontaktlinsenanpasser und die exakte Vermessung des Auges, wobei neben der Sehleistung die Beschaffenheit von Binde- und Hornhaut, deren Geometrie sowie die Menge und Zusammensetzung der Tränenflüssigkeit ermittelt werden.

«Auge und Linse müssen perfekt zusammenpassen», erklärt Herr Mange. «Erst dann kann eine Kontaktlinse das Leben ihres Trägers auch wirklich optimal bereichern.»

Standardisierte und individuelle Kontaktlinsen

Aus diesem Grund eignen sich nicht immer die nach standardisierten Massen angefertigten Austauschsysteme, die einen Tag, zwei Wochen oder einen Monat lang getragen werden können. Das von der Norm abweichende Auge verlangt hingegen nach einer individuell angefertigten «Linse nach Mass», betont Herr Mange.

Neben der Tragedauer lassen sich Kontaktlinsen nach ihrer Grösse, ihrer Flächenform und nach ihrem Material unterscheiden. Während formstabile Linsen eine feste, doch flexible Form haben, an die sich das Auge anfangs erst gewöhnen muss, bestehen weiche Linsen zu einem grossen Teil aus Flüssigkeit und sind deshalb sehr elastisch und deshalb spontan besonders gut verträglich. Allerdings bedürfen sie auch eines grösseren Pflegeaufwands: «Weiche Linsen funktionieren ein bisschen wie Schwämme, die Tränenflüssigkeit, aber auch die darin enthaltenen Keime in sich aufnehmen können», erklärt Herr Mange.

Kontaktlinsen benötigen unterschiedlich intensive Pflege

Hier gilt es, nicht nur wie auch bei formstabilen Linsen die Ablagerungen, sondern auch die Einlagerungen nach jedem Tragen zu entfernen, um die optische Qualität der Kontaktlinse zu erhaltenund die gesundheitliche Sicherheit zu gewährleisten. Nur Eintageslinsen, die am Ende des Tages entsorgt werden, bedürfen überhaupt keiner Pflege.

Die erfolgreiche Verwendung von Kontaktlinsen ist somit abhängig von einer qualifizierten Anpassung des geeigneten Produkts und der konsequenten Durchführung der nötigen Pflege – aber auch von einer regelmässigen Routinekontrolle von Auge und Linse. «Wenn es keine Zwischenfälle gibt, sollte der Kontaktlinsenspezialist frühestens nach sechs Monaten, spätestens nach einem Jahr aufgesucht werden», rät Herr Mange.

Dauertragelinsen für mehr Flexibilität

Neben den Tag für Tag zu tragenden und zu reinigenden Linsen haben sich längst einige spezielle Kontaktlinsen etabliert, die diesem klassischen Konzept der Handhabung zuwiderlaufen. So kann die sogenannte Dauertragelinse bis zu 30 Tage lang rund um die Uhr getragen werden, denn da sie besonders sauerstoffdurchlässig ist, besteht keinerlei Gefahr, dass das Auge mit Sauerstoff unterversorgt werden könnte.

Für Träger, die beispielsweise unregelmässige Arbeitszeiten haben, sich als Einsatzkräfte auf Abruf bereithalten müssen oder schlichtweg beim abendlichen Lesen im Bett nicht zur Brille wechseln wollen, kann die Dauertragelinse eine verlässliche Alternative zu herkömmlichen Linsenmodellen darstellen. Die Anpassung eines solchen Linsensystems erfordert allerdings eine noch präzisere Vorgehensweise und eine engmaschigere Kontrolle als die herkömmlichen Systeme.

Kontaktlinsen für die Nacht

Nach einem vollkommen anderen Prinzip funktioniert die Nachtlinse, die, wie ihr Name bereits verrät, nachts getragen wird und durch sanften Druck die Hornhaut um bis zu 30 Mikrometer abflacht, sodass eine leichte bis mittelgradige Kurzsichtigkeit oder eine schwach ausgeprägte Hornhautverkrümmung ausgeglichen werden kann – zumindest (oder auch: immerhin) für ein, zwei Tage, denn dann macht sich die Fehlsichtigkeit allmählich wieder bemerkbar, auch wenn die Hornhaut erst nach etwa zehn bis vierzehn Tagen wieder ihre ursprüngliche Form angenommen hat.

Für Kinder und Jugendliche empfehlen sich Kontaktlinsen zum Myopie-Management. Diese speziellen  Linsen eignen sich, um eine schnell ansteigende Kurzsichtigkeit frühzeitig abzubremsen.

Kosmetische Linsen

Im Gegensatz zu Nacht- und Dauertragelinsen haben sich kosmetische Kontaktlinsen kaum im Alltag bewährt. Zwar lassen sich mit diesen farbig unterlegten Linsen optische Highlight à la Christina Aguilera oder Lady Gaga erzielen.

och können diese Kontaktlinsen die Sehleistung beeinträchtigen – und wer will zwar cool wie David Bowie aussehen, aber wie ein Blindfisch durch die Landschaft stolpern? Herr Mange bestätigt: «Diese Kontaktlinsen sind sehr wenig gefragt.»

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