Ernährung und Schwangerschaft

Das Wichtigste im Überblick

Frau mit Schwangerschaftstest
Dr. Quack Lötscher, oft hört man, dass Schwangere für zwei essen müssen. Ist das wirklich so?

Nein. Das ist ein Mythos. Eine übermässige Nahrungsaufnahme während der Schwangerschaft kann zu einer unerwünschten Gewichtszunahme führen und sowohl für die werdende Mutter als auch für das Baby ungünstig sein. Während des ersten Trimesters benötigt der Körper einer schwangeren Frau keine zusätzlichen Kalorien. Im zweiten Trimester werden etwa 250 Kalorien mehr pro Tag empfohlen, im dritten Trimester sind es etwa 500 Kalorien pro Tag. Diese zusätzliche Kalorienempfehlung gilt vor allem, wenn die werdende Mutter weiterhin ausreichend sportlich aktiv bleibt. Gerne kann aber die Qualität der Ernährung während der Schwangerschaft «verdoppelt» werden. Sprich, in dieser Zeit sollte besonders gut auf die Qualität der Ernährung geachtet werden.

Viele meinen immer noch, dass ein Gläschen Wein während der Schwangerschaft unbedenklich ist. Stimmt das?

Der Alkohol, den eine schwangere Frau konsumiert, erreicht auch das ungeborene Kind. In welcher Dosierung der Alkohol beim Baby ankommt, ist unklar und kann nicht bestimmt werden. Werdende Mütter tragen die Verantwortung für die Gesundheit und das Wohlbefinden ihres ungeborenen Kindes. Daraus abgeleitet wird von Alkohol in der Schwangerschaft abgeraten.

Und wie steht es um Kaffee?

Kaffee wird aktuell unterschiedlich beurteilt: Bisher wurden bis 200 mg Koffein pro Tag als unbedenklich eingestuft. Das entspricht zirka zwei Tassen Kaffee. Da aber verschiedene Süssgetränke mittlerweile auch Koffein beinhalten, ist eine höhere Dosis schneller erreicht. Zudem baut der Körper der Schwangeren Koffein langsamer ab als derjenige von Nicht-Schwangeren. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, ist mit einer Tasse Kaffee pro Tag auf der sicheren Seite.

Häufig wird dazu geraten, den Eisenbedarf während der Schwangerschaft durch rotes Fleisch zu decken. Das stimmt aber so nicht wirklich. Können Sie das etwas weiter erläutern?

Es wird empfohlen, dass alle Schwangeren auf Eisenmangel und Blutarmut getestet werden. Der Körper der Frau braucht im Verlauf der Schwangerschaft zusätzliches Eisen, das stimmt. Mit einer ausgewogenen Ernährung während der Schwangerschaft kann dieser Mehrbedarf auch gedeckt werden. Viele Frauen haben aber während der Schwangerschaft wenig oder keine Lust auf Fleisch. Dann ist eine Ergänzung mit pflanzlichen Eisenquellen oder Supplementen sinnvoll.

Apropos Supplemente. Welche sollte man während der Schwangerschaft in Betracht ziehen?

Nahrungsergänzungsmittel sind bei Schwangeren sehr verbreitet und in vielen Fällen auch sinnvoll. Als Basis würde ich aber immer zuerst eine ausgewogene Ernährung gemäss der Lebensmittelpyramide empfehlen. Wenn dann noch Lücken bestehen, können nach Rücksprache beim Arzt Nahrungsergänzungsmittel zum Einsatz kommen.

Und was würden Sie Veganerinnen raten?

Idealerweise melden sich Veganerinnen, die schwanger werden wollen, bei ihrer Gynäkologin und besprechen die nötigen Supplemente bereits vor der Schwangerschaft. Mit einer guten ärztlichen Begleitung und Beratung durch eine erfahrene Ernährungsfachperson  kann eine Frau sich auch in der Schwangerschaft und Stillzeit vegan ernähren.

Gibt es bestimmte Lebensmittel oder Nahrungsmittelgruppen, die während der Schwangerschaft vermieden werden sollten?

Es ist ratsam, während der Schwangerschaft auf Wildfleisch von Tieren, die mit Bleikugeln geschossen wurden, zu verzichten, da es möglicherweise Bleispuren enthalten kann. Zudem gibt es weitere Lebensmittel, bei denen besondere Vorsicht geboten ist: Zum Beispiel sollte Fleisch gut durchgebraten werden, um das Risiko einer Toxoplasmose zu minimieren. Rohmilchprodukte sollten ausreichend erhitzt oder vermieden werden. Abgepackter Schnittsalat sollte gründlich gewaschen werden, und bei Fischprodukten sollte man auf die Frische achten.

Aber wird Fisch wegen des möglichen Quecksilbergehalts nicht als gefährlich für das Baby eingestuft?

Richtig. In der Schwangerschaft sollte auf Fisch, der mit Quecksilber belastet sein könnte, verzichtet werden, weil er zu Entwicklungsstörungen führen könnte. Folgende Fischarten können jedoch gut verzehrt werden: Forelle, Rotbarsch, Felchen, Sardinen und weisser Heilbutt.

Was können Sie Schwangeren raten, die besonders unter Übelkeit leiden und ihren Appetit verlieren?

Gewürze wie Ingwer können während der Schwangerschaft sehr hilfreich sein, sei es in Tablettenform oder als Tee. Zusätzlich sollten Schwangere darauf achten, ausreichend Flüssigkeit zu sich zu nehmen, idealerweise etwa 1,5-2 Liter pro Tag, da Dehydrierung Übelkeit verstärken kann. Ausserdem sollten ungesüsste Getränke getrunken werden, ob mit oder ohne Kohlensäure, kommt nicht darauf an. Die Getränke sollten über den Tag verteilt in kleinen Mengen getrunken werden. Und sonst gibt es verschiedene Medikamente, die Übelkeit und Erbrechen während der Schwangerschaft lindern können.

Und bei Sodbrennen oder Verstopfung? Beides ist ja auch sehr verbreitet bei Schwangeren.

Bei Sodbrennen kann es helfen, kleinere Mahlzeiten über den Tag zu verteilen und generell auf frittierte Nahrungsmittel zu verzichten. Besonders für diejenigen, die nachts unter Sodbrennen leiden, kann es hilfreich sein, mit leicht erhöhtem Oberkörper zu schlafen, zum Beispiel durch das Platzieren von zwei bis drei Kissen unter dem Kopf.

Da der Darm von Schwangeren langsamer arbeitet, tritt Verstopfung häufiger auf. Eine ballaststoffreiche Ernährung während der Schwangerschaft, bestehend aus Gemüse, Salat und Samen in Kombination mit ausreichend Wasser, kann während der Schwangerschaft helfen, die Verstopfung zu lindern. Zudem kann regelmässige körperliche Aktivität, wie zum Beispiel 30 Minuten zügiges Gehen täglich, die Verdauung unterstützen.

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