Spoiler
- Während der Chemotherapie ist der Bedarf an lebenswichtigen Mikronährstoffen deutlich erhöht.
- Um einen Mangel vorzubeugen, empfehlen sich verschiedene Nahrungsergänzungsmittel. Deren Zusammensetzung und Dosierung sollte mit dem Arzt abgesprochen werden.
- Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln stärkt den Patienten im Bewusstsein, aktiv zur Heilung beitragen zum können.
Jede Chemotherapie ist eine grosse Belastung für den Körper und auch für die Seele von Krebspatienten. Umso wichtiger ist es, diese Therapie so gut wie möglich zu unterstützen. «Es ist klar, dass ein Patient in dieser Phase auch seine eigenen Möglichkeiten hat, die Krankheit mit zu beeinflussen», weiss Prof. Dr. Gerd Nagel. Eine wichtige Rolle spielt die richtige Ernährung bei Chemotherapie.
Von grosser Bedeutung ist die ergänzende Einnahme von sogenannten Mikronährstoffen. Dazu gehören Mineralien, Spurenelemente, Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe. Damit können Patienten einen ganz wesentlichen Teil selber dazu beitragen, die Nebenwirkungen einer Chemotherapie so gering wie möglich zu halten, bei Kräften zu bleiben und Abwehrvorgänge zu unterstützen.
Nährstoffe von elementarer Bedeutung
«Mikronährstoffe sind auch bei gesunden Menschen Basisbausteine für alle vitalen Körperprozesse», erklärtProf. Nagel. Überall sind sie beteiligt, von der Atmung bis zum Denken oder Schlafen. Die Leber braucht sie ebenso wie die Nieren. «Sie stärken zum Beispiel das Immunsystem oder den Leberstoffwechsel, was für die Entgiftung wichtig ist. Sie wirken Entzündungen, Abgeschlagenheit und Fatigue entgegen», erklärt der Onkologe.
Kein Wunder also, dass sie während einer Chemotherapie im Rahmen einer Krebstherapie so wichtig sind. «In der richtigen Dosierung können Mikronährstoffe viele Nebenwirkungen der Chemotherapie unterdrücken. Allerdings kommt es dabei auf deren genaue Auswahl, Kombination und Dosierung an», so Prof. Nagel.
Ernährung bei Chemotherapie: grosser Mehrbedarf
Bei gesunden Menschen sorgt eine gute, vollwertige Ernährung für eine ausreichende Versorgung mit allen Mikronährstoffen. Ganz anders sieht es hingegen während der Krebstherapie aus. «Während einer Chemotherapie ist der Bedarf an Mikronährstoffen massiv erhöht. Er entspricht dann etwa dem eines Leistungssportlers», erklärt Prof. Nagel. Ohne eine vermehrte Aufnahme dieser Stoffe kommt es in dieser Therapiephase also oft zu einer Unterversorgung.
Über die Ernährung allein lässt sich das Defizit kaum mehr ausgleichen, insbesondere nicht in der optimalen Kombination aller Stoffe. «Will man Mikronährstoffe genau entsprechend des Bedarfs dosieren – wie Selen oder etwa L-Carnitin – kommt man um sogenannte chemisch reine Formulierungen nicht herum», weiss Prof. Nagel.
Bei der Ernährung bei Chemotherapie kommen daher Mikronährstoffe in Form von Tabletten oder flüssigen Präparaten zum Einsatz. «Häufig bestehen die Inhaltsstoffe dieser Extrakte aus Naturstoffen, das ist praktisch gereinigte Natur», erklärt der Experte. Besonders wertvoll in der Unterstützung einer Chemotherapie sind neben Selen und L-Carnitin zum Beispiel die Vitamine D und E, Coenzym Q10 und Omega -3-Fettsäuren.
Ernährung bei Chemotherapie: Säfte oder Tabletten?
Kommt es während einer Chemotherapie zu Übelkeit oder Erbrechen, wird von manchen Experten zur Einnahme der Mikronährstoffe eher in Form von flüssigen Präparaten als Tabletten geraten. «Auch die falsche Kombination von Mikronährstoffen kann bereits bestehende Magen-Darm-Probleme verstärken. Die unterstützende Therapie mit Mikronährstoffen muss daher sehr sorgfältig die individuelle Patientensituation berücksichtigen», ergänzt Prof. Nagel.
Wirksamkeit und Sicherheit
Doch wie sehr können Patienten darauf vertrauen, dass eine begleitende Supplementierung mit Mikronährstoffen tatsächlich hilft? Prof. Nagel räumt mögliche Zweifel aus: «Das ist sehr gut untersucht. Von den sogenannten komplementären Therapien gibt es kaum etwas, was hinsichtlich der Wirksamkeit wissenschaftlich so gut abgesichert ist wie die supportive Therapie mit Mikronährstoffen. Die Daten zeigen ganz klar, dass Mikronährstoffe zusätzlich zur Tumortherapie gegeben eine wichtige Wirkung haben.»
Der Onkologe betont: «Nicht weniger wichtig ist die Frage der Sicherheit von Mikronährstoffen, speziell Antioxidanzien, wenn sie parallel zur Chemotherapie oder Strahlentherapie angewendet werden. Die manchmal gehörte Aussage, Mikronährstoffe würden die Wirksamkeit der Tumortherapie abschwächen, ist in dieser pauschalen Form völlig aus der Luft gegriffen.» Die wissenschaftliche Literatur zu den klinischen Erfahrungen zeige, dass eher das Gegenteil der Fall ist. Allerdings gebe es hier auch Ausnahmen. «Eine solche ist zum Beispiel die Gabe von einzelnen hochdosierten Antioxidanzien in Form der Monotherapie», räumt Prof. Nagel ein. «In der Praxis verwenden wir praktisch nur Mikronährstoff-Kombinationen, für die keine potenziellen Risiken beschrieben worden sind».
Auch die Psyche profitiert
Wenn Patienten durch die Einnahme von Mikronährstoffen die Chemotherapie begleiten, ist dies nicht nur wegen der chemischen Vorteile wichtig. Die Selbsthilfe hat auch positive psychische Aspekte. Mit ihr kann der Patient die stärkende Erfahrung machen, dass er aktiv an seiner Genesung mitwirken kann: «Für mich steht es ausser Zweifel, dass Krebspatienten vor allem in der Frühphase der Erkrankung wichtige und wirksame eigene Beiträge zur Krankheitsbewältigung leisten können», sagt Prof. Nagel.