Nein, sie sind nicht wehleidig oder schwächlich, sondern tatsächlich krank: Wenn Hypochonder über körperliche Leiden klagen, steckt eine ernstzunehmende psychische Erkrankung dahinter.
Diese Patienten überbewerten das normale Ziehen und Stechen hier und da im Körper als Symptome gefährlicher Krankheiten. Das Problem für die Mediziner: Es erfordert allerhand Untersuchungen, um wirklich eine organische Ursache der Beschwerden auszuschliessen. Das Problem für den Betroffenen: Arztbesuche beruhigen nur kurzfristig. Treten Beschwerden erneut auf, lösen sie neue, möglicherweise verstärkte Ängste aus – ein Teufelskreis. Die Möglichkeit, sich online eigenständig über alle möglichen Krankheitsbilder zu informieren, steigert so manche Hypochondrie zusätzlich.
Der Dramatiker Molière hat mit seiner Komödie «Der eingebildet Kranke» dem Hypochonder ein literarisches Denkmal gesetzt und seither wird der Begriff eher spöttisch verwendet. Tatsächlich steckt dahinter allerdings ein tiefes psychisches Leiden: Hypochonder sind gefangen in einer Angst, die aus der eigenen Krankengeschichte oder der von Bekannten herrührt. Auch Stress, psychische Störungen oder eine übersteigerte Wahrnehmung der eigenen Körperlichkeit können zu Hypochondrie führen. Die Folgen sind dramatisch: Von der Krankheit geht ein enormes Stresspotenzial aus. Hypochonder neigen zudem zu Depression und Verhaltensänderungen wie Zwangsstörungen, die auf eine Schonung der eigenen Gesundheit abzielen. Oft schränken sie ihr Leben stark ein, um vermeintlichen Gefahren aus dem Weg zu gehen.
Aus der Hypochondrie führt nur eine Psychotherapie, die den Betroffenen einen normalen Umgang mit vermuteten oder tatsächlichen Beschwerden vermittelt. Denn diese zu unterscheiden, kann lebenswichtig sein, wie Molière unfreiwillig zeigte: Bei der vierten Aufführung seiner Komödie brach er tatsächlich todkrank auf der Bühne zusammen und verstarb wenige Stunden später. Das Publikum lachte und applaudierte: Man hielt seinen Tod für eine lustige Einlage.