Spoiler
- Das Leaky-Gut-Syndrom ist keine eigenständige Krankheit. Es tritt in Zusammenhang mit anderen chronischen Darmerkrankungen auf.
- Einfach ausgedrückt, geht es dabei um einen durchlässigen Darm. Die Darmwand lässt mehr durch, als sie sollte. So können auch schädliche Stoffe in den Blutkreislauf gelangen. Das kann Beschwerden verursachen oder verschlimmern.
- Bisher kann das Leaky Gut nur im Rahmen von Forschungsprojekten diagnostiziert werden. Nachgewiesen ist aber, dass eine Behandlung der Grunderkrankung auch das Syndrom heilen kann.
Zum Leaky Gut kreisen viele Theorien und Tipps im Netz. Doch was steckt dahinter? «Das Leaky-Gut-Syndrom ist keine Krankheit, kein gesondertes Krankheitsbild. Es wird in Zusammenhang mit Erkrankungen wie Zöliakie, Reizdarm oder anderen chronisch entzündlichen Darmkrankheiten festgestellt», erläutert Dr. Bruno Balsiger, Facharzt für Gastroenterologie in Biel.
Sein Sohn, Dr. Lukas Balsiger, forscht auf dem Gebiet Reizdarm und weiss: «Vom Leaky-Gut-Syndrom spricht man bei einem durchlässigen Darm, also wenn die Durchlässigkeit der Darmbarriere höher ist als normal. Das heisst, gewisse Stoffe können einfacher passieren – auch solche, die nicht in den Körper gelangen sollten.» Dabei wird ein Zusammenhang mit Beschwerden im Rahmen von Grunderkrankungen vermutet.
Wie entsteht ein durchlässiger Darm?
«Wir wissen, dass bei Zöliakie, Reizdarm und chronisch entzündlichen Erkrankungen die Durchlässigkeit der Dünndarmwand erhöht ist», so Dr. Bruno Balsiger. Ob aber das Leaky-Gut-Syndrom als Folge einer Erkrankung entsteht oder die Entstehung von Krankheiten erst begünstigt, ist noch unklar. «Studien geben indirekt Hinweise darauf, dass eine fettreiche Ernährung sowie Alkohol und Emulgatoren, die häufig in verarbeiteten Lebensmitteln vorkommen, einen durchlässigen Darm verursachen können», erklärt Dr. Lukas Balsiger. Eine Therapie der Grunderkrankung kann die Durchlässigkeit der Darmbarriere normalisieren – eine Ernährungsumstellung kann in gewissen Fällen ebenfalls dazu beitragen.
Beim durchlässigen Darm ist eine wichtige Grenze verletzt
Die Darmbarriere sorgt nicht nur dafür, dass Bakterien, Viren und Schadstoffe nicht in den Körper gelangen, sondern transportiert lebensnotwendige Vitamine, Zucker, Fettsäuren, Spurenelemente, Mineralien und Aminosäuren in den Blutkreislauf. «Die Darmbarriere besteht aus verschiedenen Komponenten. Eine Schleimschicht mit speziellen Antikörpern, bedeckt eine Lage von Darmzellen – das sogenannte Epithel. Darunter liegen Immunzellen und auch Nervenzellen», erläutert Dr. Bruno Balsiger. Dieses System reguliert die Durchlässigkeit der Darmbarriere exakt. Wird es durch Krankheit oder einen ungesunden Lebensstil gestört, kann ein durchlässiger Darm wie beim Leaky-Gut-Syndrom entstehen.
Keine individuelle Diagnosemöglichkeit
«Aktuell können wir eine erhöhte Durchlässigkeit der Darmwand zwar feststellen und auch einen Zusammenhang mit anderen Erkrankungen erkennen; über ihre genaue Rolle gibt es jedoch noch nicht ausreichend Erkenntnisse», weiss Dr. Lukas Balsiger. Zurzeit lässt sich das Leaky-Gut-Syndrom nur durch sehr aufwendige Untersuchungen im Rahmen von Forschungsprojekten feststellen. «Eine individuelle Diagnose beim Haus- oder Facharzt ist also noch nicht routinemässig möglich», so der Experte. Bei anhaltenden Magen-Darm-Beschwerden sollte grundsätzlich immer ein Arzt aufgesucht werden, der feststellen kann, ob eine Erkrankung dahintersteckt, die behandelt werden muss. Die richtige Behandlung lindert Beschwerden und kann auch die Durchlässigkeit der Darmwand wieder ins Gleichgewicht bringen.
Expertentipps bei einem durchlässigen Darm
Die richtige Diagnose
Bei wiederkehrenden oder andauernden Beschwerden wie Bauchschmerzen, Blähungen, Durchfall oder Verstopfung solltest du einen Arzt aufsuchen. Dahinter kann sich ein durchlässiger Darm verbergen, wie er mit dem Leaky Gut Syndrom einhergeht. Wird die Erkrankung behandelt, kann auch die Darmbarriere wiederhergestellt werden.
Ballaststoffe auf den Teller
«Eine ballaststoffreiche Ernährung kann das Leaky Gut Syndrom positiv beeinflussen», betont Dr. Bruno Balsiger. «Möglicherweise tragen auch Bestandteile von Gemüse wie Auberginen und Rotkohl sowie Früchten wie Brombeeren, roten Trauben, zu einer Verbesserung bei.»
Eiweisse nicht vergessen
«Untersuchungen ergaben auch, dass bei einigen Gruppen von – unter anderem an Morbus Crohn erkrankten – Patienten eine Besserung der Durchlässigkeit durch Glutamin eintrat», so Dr. Lukas Balsiger. Diese Aminosäure steckt in eiweissreichen Produkten wie Milcherzeugnissen, Fisch, Fleisch und Eiern.