Das Genre des Kriminalfilms erfreut sich seit jeher bei Fernsehzuschauern jedweden Alters allergrösster Beliebtheit. Auch Arztserien finden sich in Quoten-Ranglisten weltweit auf den oberen Plätzen. Populäre Charaktere werden mit uns zusammen älter (z. B. Meredith Grey), andere werden aus dem Drehbuch herausgeschrieben und für attraktiven Nachwuchs ist durch nachrückende Jahrgänge von Assistenzärzten auch gesorgt.
Was also lag näher, als beide Genres miteinander zu verweben – so geschehen in der Erfolgsserie «Dr. House».
House vs. Clooney
Die Figur des Gregory Dr. House (gespielt von Hugh Laurie) ist von Beginn an als ein echter Widerling angelegt – ganz anders als sein Kollege Dr. Doug Ross (George Clooney) in «Emergency Room». Das Prinzip des Antihelden funktioniert zum einen aufgrund des Respektes vor seinem unglaublichen medizinischen Wissen und seinen herausragenden diagnostischen Fähigkeiten, zum anderen aufgrund seines körperlichen Gebrechens. Im Rahmen eines Arterienverschlusses im rechten Bein mussten dem Protagonisten Teile der Oberschenkelmuskulatur entfernt werden, sodass er stark hinkt und einen Gehstock benötigt. Sein zunehmender Schmerzmittelmissbrauch wird in zahlreichen Folgen thematisiert, House verdrängt und leugnet allerdings lange seine Medikamentenabhängigkeit.
Genie und Wahnsinn
Kurz zum Konzept der Serie: Auftritt Patient. Erste Symptome der Erkrankung führen diesen in die Notaufnahme des fiktiven Princeton-Plainsboro Teaching Hospitals, wo sich das Krankheitsbild zunächst verschlechtert. Auftritt Dr. House. Dieser benimmt sich gewohnt und erwartungsgemäss rüpelhaft, nicht nur gegenüber der kranken Person, sondern auch gegenüber deren Angehörigen, seiner Vorgesetzten und den jüngeren Kollegen. Nur sein unkündbarer Anstellungsvertrag bewahrt ihn vor der ansonsten unumgänglichen Entlassung. Die scheinbar fehlende Empathie von House steht irgendwie im Widerspruch zu seinen hohen Moralvorstellungen. Doch es geht ihm keineswegs nur um die Lösung des medizinischen Rätsels zur Befriedigung seiner selbst. Ende gut, alles gut.
Haus und Zuhause
Laut David Shore, dem Erfinder der TV-Serie, hat sich dieser beim Entwurf der Person des Dr. House von Sherlock Holmes inspirieren lassen. Bereits der Name House (auf deutsch ‘Haus’) wurde in Anlehnung an Holmes (das ‘l’ ist im Englischen stumm und ‘Homes’ ist der Plural von ‘Zuhause’) gewählt. Dr. House wohnt in der Serie in der Baker Street 221b, welches auch die Anschrift von Sherlock Holmes und Dr. Watson ist. Beide Protagonisten sind ausgewiesene Experten auf ihrem Spezialgebiet und werden auf Fälle angesetzt, an denen andere scheitern. Beide haben eine fantastische Beobachtungsgabe und Spürsinn, sind drogenabhängig und haben nur einen wirklichen Freund (Dr. Wilson bzw. Dr. Watson). House hinkt, eine Anspielung auf das kriegsverletzungsbedingte Humpeln von Watson. Die Liste der Querverbindungen liesse sich beliebig fortsetzen.
Seltene Erkrankungen im Fokus
Schwer beeindruckt haben mich seinerzeit die aufregenden Kamerafahrten durch den menschlichen Körper. Heute würde diese Bildtechnik bei meinen Kindern allenfalls ein müdes Gähnen hervorrufen.
Man mag der Serie auch zuschreiben, dass sie das Bewusstsein für die sogenannten Seltenen Erkrankungen geweckt hat, die momentan aufgrund der horrenden Preise für Medikamente zu deren Behandlung in aller Munde sind.
House forever
Die Serie besteht aus acht Staffeln mit insgesamt 177 Folgen. Der Pilot wurde im deutschen Fernsehen am 9. Mai 2006 ausgestrahlt, die letzte Episode am 4. Dezember 2012. Wer «Dr. House» kennenlernen oder wiedersehen möchte und kein Bezahlfernseh-Abo gelöst hat, kann ihn aktuell TV25 (in der Schweiz) bzw. auf Super-RTL (in Deutschland) beim Lebenretten antreffen.
Die fachliche Qualität der Serie ist unbestritten. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich sogar darüber gelesen, dass an amerikanischen Hochschulen Vorlesungen zu Diagnosetechnik von Dr. House und über die präsentierten exotischen Krankheitsbilder gehalten werden.
Dr. House: Was willst du mehr?