Der Traum, umweltfreundlicher zu fliegen

Der Pilot André Borschberg über Entwicklungen und Visionen

Flugzeug
Was war Ihr beeindruckendster Moment bei der Erdumrundung?

Nach der Nacht die Sonne aufgehen zu sehen und zu beobachten, wie sie die Oberfläche des Fliegers aufheizt und die Batterieanzeige langsam wieder klettert: 15 Prozent, 18, 30, 66 und dann steigt sie – allein durch Sonnenstrahlen – wieder bis 100 Prozent. Und zu wissen, dass ich so wieder die nächste Nacht durchfliegen kann. Das war mein Traum und ein riesiges Geschenk, in diesem Moment den Flieger zu fliegen.

Erklären Sie kurz, wie das funktioniert?

Der Flieger ist ultraleicht und damit sehr energieeffizient. Auf seinen Flügeln befinden sich haardünne Solarzellen, die Energie durch Licht generieren und die Batterie für den Elektromotor immer wieder laden. Der Flieger könnte so ewig weiterfliegen, ganz ohne Brennstoff.

Lässt sich etwas von diesen Technologien auf kommerzielles Fliegen übertragen?

Die Batterie ist das Herzstück des Fliegers. Ihre Technologie, unser Wissen und unsere Erfahrungen geben wir an Flugzeughersteller weltweit weiter, die an nachhaltigen Möglichkeiten arbeiten. Dazu habe ich das Unternehmen H55 gegründet, in dem derzeit 50 Ingenieure zusammenarbeiten. Ende des Jahres sollen es 100 sein. Zusammen mit der Fluggesellschaft Harbour Air setzen wir bereits erste Kurzstreckenflüge mit Elektrofliegern in Kanada um. Das Fliegen zu verändern, ist schwierig und braucht Zeit. Denn Flieger müssen noch mehr als Schiffe oder Autos doppelt und dreifach auf Sicherheit geprüft sein. Jeder Fehler hätte katastrophale Folgen.

Wie sieht Ihr Blick in die Zukunft aus?

Ich denke, in zehn Jahren wird es Elektroflieger für Kurz- und Mittelstrecken geben, die Hybriden sind – mit einem Treibstoffmotor als Backup. Das ist nicht völlig sauber, aber schon mal viel besser. Es wird mehr kleine Flughäfen geben und Verbindungen wie zum Beispiel von Augsburg nach Cassis. Für Langstreckenflüge gibt es bis heute keine Lösung, die funktioniert. Wir müssen mehr an neuen Technologien forschen.

Und wer Reisen liebt und die Umwelt auch? Können einzelne etwas tun?

So geht es mir auch. Ich produziere zu viel CO2 durch meine Flüge und das Einzige, was ich direkt tun kann, ist zu überkompensieren. Ich habe mein Haus mit Solarzellen ausgestattet und will ein Stück Land kaufen, auf dem Solarzellen Energie sammeln, die ich dann abgebe. Sein Haus vernünftig zu isolieren, hilft auch. Ich bin kein Freund der Idee, wieder so zu leben wie vor 100 Jahren. Besser ist, energiesparende Technologien zu nutzen. E-Bikes statt Auto. Ein altes Auto vielleicht länger fahren als ein neues zu kaufen, dessen Produktion energieaufwändig ist. Nachhaltig hergestellte Produkte wählen. All das hat eine positive Wirkung.

Vielen Dank für das Gespräch.

In 558 Stunden um die Welt

So lange sassen die zwei Piloten abwechselnd in der winzigen Kabine des Solarfliegers, um die Erde zu umrunden. André Borschberg flog die längste und gefährlichste Etappe von Japan nach Hawaii. Fünf Tage und fünf Nächte allein über dem Pazifik. Um Sonnenenergie zu tanken, musste der Flieger tagsüber hoch über die Wolkendecke, sodass eine Sauerstoffmaske nötig war. Schlaf: Maximal 20 Minuten am Stück. Mit Meditation und Atemübungen hat Borschberg das Wachsein vorbereitet und durchgehalten. Ein 40 Kopf starkes Expertenteam in Monaco war per Satellit mit den Piloten verbunden.

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