Die Zeus-Tochter Euphrosyne gab der Pflanze ihren Namen. Die Grazie galt in der Antike als Sinnbild des Frohsinns. Freudig stimmt noch heute nicht nur der Anblick der tatsächlich in ihrer Blüte grazil anmutenden Euphrasia, auch die ihr zugeschriebenen Heilkräfte dürften Frohsinn verbreiten: Nicht umsonst ist das auf Wiesen und am Waldrand stehende Grün im deutschen Sprachraum als Augentrost bekannt und wurde über die ganze nördliche Hemisphäre hinweg – ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet – mit preisenden Beinamen wie Augendank, Augendienst oder Lichttagkraut bedacht.
Rätselhaftes Kraut
Doch mit dem scheinbar seit jeher verwendeten Wundermittel gegen leichte Beschwerden an Auge, Nase, Haut und im Verdauungsapparat ist es zumindest zeitlich nicht weit her. „Euphrasia ist bei uns keine übliche traditionelle Heilpflanze“, erklärt Prof. Dr. med. Reinhard Saller, emeritierter Direktor des Instituts für Naturheilkunde am UniversitätsSpital Zürich. „Entsprechend spärlich ist auch die Überlieferung zu Behandlungsmethoden in früheren Zeiten.“
Doch auch die moderne Erforschung des Augentrosts ist bislang noch nicht zu voller Blüte gelangt, auch wenn sich inzwischen ein deutlicher Trend abzeichnet: „Früher wurde Euphrasia ausschliesslich als Träger von verschiedenen Wirkstoffen betrachtet“, fasst der Experte zusammen. „Inzwischen wird die Pflanze als komplexes Vielstoffgemisch erfasst. Es interessiert das gesamte Wirkungsspektrum.“
Vielseitig verwendbar
Doch wie kann Euphrasia angewandt werden? Aus den während der Blütezeit gesammelten und getrockneten oberirdischen Teilen werden Tees und Tinkturen, Tropfen und Augenwässer hergestellt, die therapeutisch bei trockenen Augen, Lidrandentzündungen und Gerstenkörnern ihre Anwendung finden. Doch Prof. Dr. Saller warnt: „Mit der Selbstherstellung wäre ich am Auge vorsichtig.“ Denn schnell sind Tee oder Wässerchen verunreinigt und fördern so die Augenreizung oder -entzündung statt sie zu lindern. „Hier empfehlen sich die Präparate aus der Apotheke, die den allgemeinen medizinischen Qualitätsstandards entsprechen.“ Wird dieser Hinweis beachtet, steht der Heilung nichts mehr im Weg: „Nebenwirkungen“, so der Naturheilkundler, „sind nur relativ wenige bekannt.“