Keratokonus, das geheimnisvolle Leiden

Keratokonus schädigt die Augen irreversibel, kann aber ausgebremst werden

Spoiler

  • Keratokonus beschreibt eine krankhafte Hornhautwölbung, die vorrangig bei Kindern und Jugendlichen auftritt.
  • Erbliche Faktoren sind als Ursache und Augenreiben als Verstärker bekannt.
  • Die Therapie erfolgt durch Verstärkung des Bindegewebes in der Hornhaut mithilfe von UV-Strahlung.

Beim Keratokonus handelt es sich um ein äusserst schwerwiegendes Augenleiden: Die Hornhaut des Auges verformt sich kegelförmig, wobei sie immer stärker ausdünnt. Betroffen sind in erster Linie Kinder und Jugendliche, bei denen der sich ausprägende Keratokonus zu einer gravierenden Sehschwäche führt, die sich aufgrund der irregulären Hornhautverkrümmung nur bedingt mit einer Sehhilfe ausgleichen lässt.

Keratokonus: drei Risikogruppen

Die Ursachen des Keratokonus sind bis heute unbekannt, doch werden genetische Einflussfaktoren vermutet, da er familiär gehäuft vorkommt. Und auch mit einigen Erbkrankheiten des Bindegewebes, besonders oft aber mit Trisomie 21, geht Keratokonus einher: Ist im Schnitt einer von 1’500 Schweizern von dieser Erkrankung betroffen, so tritt sie bei etwa jeder zwanzigsten Person mit dem Down-Syndrom auf.

Prof. Dr. Dr. Farhad Hafezi, Direktor des ELZA Institute in Dietikon, macht daneben eine dritte Risikogruppe aus: «Patienten, die heftig am Auge reiben. Diese biomechanische Beanspruchung kann einen vorhandenen schwachen Keratokonus massiv verschlechtern.»

Um die Zusammenhänge von vermehrtem Augenreiben und Keratokonus genauer zu erforschen, führt Prof. Hafezi derzeit eine grosse Studie an saudi-arabischen Schulkindern durch. «Im Nahen und Mittleren Osten liegt die Häufigkeit von Keratokonus bei 1:500.» Seine Vermutung: «Der Keratokonus tritt hier wahrscheinlich häufiger auf, weil – bedingt durch das trockene, staubige Klima – viel mehr Menschen heftige Augenreiber sind.»

Neue Behandlungsmethode

Seit Jahren schon leistet Hafezi, der Professuren in Augenheilkunde an der Medizinischen Fakultät der Universität Genf und der University of Southern California in Los Angeles hält, wertvolle Pionierarbeit in Sachen Keratokonus. Massgeblich waren er und sein Team an der Entwicklung einer Behandlungsmethode beteiligt, die heute international anerkannt ist und Anwendung findet: dem Cross-Linking (CXL).

«Bei der Behandlung von Keratokonus muss grundsätzlich zwischen einem ersten Schritt, der Stabilisierung der Erkrankung, und einem zweiten Schritt, der visuellen Rehabilitation, unterschieden werden», erklärt Prof. Hafezi. «Die Stabilisierung wird durch das Cross-Linking der Hornhaut erreicht.»

Keratokonus ausbremsen, Sehfehler ausgleichen

Im Kern zielt die CXL-Technologie darauf ab, mittels UV-Strahlung und Vitamin B2 die Anzahl der Vernetzungen im Bindegewebe der Hornhaut zu erhöhen. Dadurch versteift sich diese, sodass eine weitere Verformung unterbunden wird. Die Erfolgschancen dieser Behandlungsmethode liegen bei über 95 Prozent, die Wirkung stellt sich bereits kurz nach dem Eingriff ein.

Nachdem so die Deformation der Hornhaut gestoppt wurde, kann der durch Keratokonus eingetretene Sehfehler oft mit einer individuell angepassten Speziallinse ausgeglichen werden. Ist die Hornhaut allerdings durch die bisherige Verformung hierfür zu uneben oder wird die Linse vom Patienten nicht vertragen, bietet sich die Glättung der Hornhaut durch eine spezielle Excimer-Laserbehandlung (wellenfrontgeführte PRK) an. Anschliessend genügt eine Brille zur Korrektur des Sehfehlers.

Auch bei der Entwicklung dieser speziellen PRK ist Prof. Hafezi vorangegangen, und so überrascht es nicht, dass ihn die Leser der bedeutenden Zeitschrift The Ophthalmologist im Jahr 2014 unter die 100 einflussreichsten Persönlichkeiten der globalen Augenheilkunde wählten. Eine wahrlich verdiente Würdigung!

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